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13.04.2008 Bundesliga

Bayer Dormagen steht als erster Aufsteiger fest

Durch einen 36:27-Sieg über die TSG Friesenheim machte Süd-Zweitligist Bayer Dormagen bereits am 30. Spieltag den direkten Aufstieg vorzeitig perfekt. In den beiden vergangenen Jahren verpasste Dormagen, bei dem mit Florian Wisotzki und Christoph Schindler zwei ehemalige Kieler im Team sind, die Rückkehr ins Oberhaus in den Relegationsspielen.
Zweiter in der Südstaffel ist derzeit Bundesliga-Absteiger HSG Düsseldorf. Im Norden streiten sich Stralsund und Hildesheim um den Aufstieg.

 

Der frisch gekürte Erstliga-Aufsteiger Dormagen hat Kieler Wurzeln

Friesisch herb und hanseatisch cool - nicht nur rheinisch froh
Von Frank Schneller:

Dormagen liegt genau zwischen Köln und Düsseldorf, den beiden Karneval-Hochburgen. Angesichts der Tabellensituation der ortsansässigen Handballer - der TSV Bayer dominiert die zweite Bundesliga Süd nach Belieben und ist vorzeitig erster Aufsteiger in die Bundesliga - sollte man erst recht meinen, es ginge rheinisch-fröhlich zu. Doch weit gefehlt: Bei genauer Betrachtung erkennt man, dass der Süd-Primus ziemlich norddeutsch daherkommt. Friesisch herb und hanseatisch cool tritt das Team von Trainer Kai Wandschneider auf, könnte man es angesichts der beeindruckenden Nervenstärke der zuvor zweimal knapp gescheiterten Dormagener formulieren. Zufall? Es stehen ja auch genügend "Nordlichter" im Aufgebot des rheinischen Traditionsvereins. Beim "Ex-Werksteam in spe" mag man sturmerprobte und wetterfeste Charaktere. Der TSV hat sogar Kieler Wurzeln ...

Angefangen mit dem Trainer, Kai Wandschneider - ein gebürtiger Hamburger, fühlen sich etliche Spieler aus dem Norden offenkundig wohl in der Handball-Hochburg weiter südlich. Da wäre Torhüter Matthias Reckzeh, der ursprünglich aus dem mecklenburg-vorpommerschen Waren an der Müritz stammt. Kollege Vitali Feshchanka, überragender Neuzugang im Verlauf der Saison, war vor seinem Engagement in Dormagen beim TV Grambke-Bremen also auch beim OHV Aurich in Friesland unter Vertrag.

Christoph Schindler und Florian Wisotzki haben ebenfalls eine norddeutsche Vergangenheit. Beide standen einst beim THW Kiel unter Vertrag - wichtige Lehrjahre für die zwei Rückraumspieler, die in Dormagen - einst Heimat von Viktor Szilagyi - zu Leistungsträgern wurden. Zudem war Schindler für den Kieler Zweitligisten Altenholz aktiv, während Wisotzki der HSG Tarp-Wanderup angehörte - zwei Traditionsklubs in Schleswig-Holstein.

Damit nicht genug: Allrounder Nils Meyer, einst im niedersächsischen Schüttorf aktiv, wechselte von der HSG Nordhorn an den Rhein. Nicht zu vergessen der derzeit verletzte Kjell Landsberg - ein echter Schleswig-Holsteiner, der über Ratekau, den VfL Bad Schwartau und den HSV Hamburg seinen Weg nach Dormagen fand. "Wir sind ein gutes Pflaster für Jungs aus dem Norden", sagt auch Pressesprecher Knut Kleinsorge, der 22 Jahre lang in Jever lebte und dort sein Abi baute, bevor es ihn südwärts zog.

Vor noch nicht allzu langer Zeit zählten zudem Torge Johannsen (aus Flensburg, jetzt wieder bei der SG) und der einst bei drei Topklubs im Norden spielende Adrian Wagner (Bad Schwartau, Hamburg, Kiel - jetzt Gummersbach) zum Aufgebot des TSV. "Plattdeutsch wird bei uns deswegen natürlich nicht geschnackt", sagt Trainer Wandschneider augenzwinkernd, aber dass die Mischung seines Kollektivs stimmt, mag durchaus an der Nord-Süd-Balance seines Kaders liegen. Vor allem berufliche Perspektiven, wie sie der TSV neben den sportlichen Offerten immer wieder bieten kann, sind schlagkräftige Argumente, die Waterkant mit dem Rheinufer zu vertauschen. Ex-Nationalspieler Adrian Wagner beispielsweise wechselte auch aufgrund einer Ausbildungschance nach Dormagen, nicht anders ging es einst Nils Meyer.

"Mit bloßen finanziellen Verlockungen haben wir auf dem Transfermarkt nicht gerade die besten Möglichkeiten, aber unsere Angebote sind meist Rundum-Pakete - zukunftsorientiert und nachhaltig", wie TSV-Geschäftsführer Uli Derad erklärt.

Das soll sich auch nach dem Rückzug von Hauptsponsor Bayer nicht ändern. Die Vernetzung der Dormagener, gerade hinsichtlich beruflicher Optionen für neue Spieler, sind vergleichsweise gut, die Strukturen und Konzepte des Klubs erlauben es gerade jungen Spielern, die sportliche und berufliche Karriere gleichzeitig zu verfolgen - oftmals über die Zeit der Handball-Liaison hinaus, wie Beispiel Wagner zeigt, der seine Vertragszeit in Dormagen einvernehmlich um eine Saison verkürzte und zum Nachbarn Gummersbach wechselte - ohne, dass daraus zwangsläufig Konsequenzen für seine über den TSV realisierte Ausbildung resultierten.

Vor diesem Hintergrund also ist die stark norddeutsche Prägung des Erstliga-Rückkehrers nicht nur reiner Zufall. Und wer weiß - vielleicht hat Uli Derad ja schon wieder den Friesennerz herausgeholt und die Küstenregionen angesteuert, um sich umzusehen

(Von Frank Schneller)


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