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Die Handball-Woche.
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Von Christian Robohm, aus der "Handball-Woche" 19/2008:
Heiß ist es in diesen Tagen in der Region Kastilien-La Mancha - mehr
als 30 Grad kündigen einen langen Sommer an, der nicht selten
Temperaturen von über 45 Grad mit sich bringen kann. Doch
es sind nicht die hochsommerlichen Aussichten, die Ciudad Real
für Handballfans so reizvoll machen. Ciudad Real - dieser
Name klingt nach Weltauswahl, Übermannschaft, Stars auf allen
Positionen und viel Geld. Wer jedoch in die 70.000-Einwohner-Stadt
mitten in der spanischen Provinz reist, bekommt ein ganz anderes
Bild von der "königlichen Stadt".
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Ciudad Reals "König": Klubpräsident Domingo Diaz de Mera
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Inmitten einer trockenen, wüstenähnlichen Region ist Ciudad Real
das Zentrum des Lebens in Kastilien-La Mancha - und der Handball
wiederum ist der Mittelpunkt in der Universitätsstadt. "Ciudad
liebt seine Handballer wie Kiel seinen THW liebt", sagt
Julio Fis,
Ex-Zebra, ehemaliger Ciudad-Akteur und mittlerweile Barinhaber
in Ciudad Real. "Das Team macht Ciudad Real überall in der
Welt bekannt." Vor ein paar Jahren noch, mutmaßt der Rechtshänder,
habe man nicht einmal gewusst, dass Ciudad Real in Spanien
liege. "Das ist heute ganz anders." Der Stolz, eines der besten
Teams der Welt in dieser Kleinstadt zu beherbergen, ist überall
in der Stadt sichtbar. Große Plakate mit den Konterfeis von
Ales Pajovic, Rolando Urios, Olafur Stefansson
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Die "Quichote-Arena"
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und Arpad Sterbik säumen die wichtigsten Plätze und Straßen.
An den Laternenmästen hängen Fahnen, die lokalen Tageszeitungen,
die zum Teil auch dem Wirtschaftsimperium des milliardenschweren
Ciudad-Real-Präsidenten Domingo Diaz de Mera gehören, berichteten
schon Tage vor dem Final-Hinspiel auf mehreren Seiten über das
Duell gegen den THW Kiel. Alle Trainer, mit denen Ciudad
je einen Europapokal gewonnen hat, wurden eingeladen, dem
ersten Teil des Endspiel-Krimis beizuwohnen - das Foto
zierte natürlich die Titelblätter der Lokalpresse.
In einem
Kopf-an-Kopf-Vergleich sahen die Zeitungen natürlich den Heimatverein
klar vorn. Zehnmal siegten die Spanier, nur Ahlm
sahen die Journalisten im Vorteil gegenüber Rolando Urios,
Stefan Lövgren sei besser als Uros Zorman und
Vid Kavticnik besser als Roberto Garcia einzuschätzen.
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Merchandising auf Spanisch: Junge Frauen machen Werbung für das Final-Hinspiel.
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Doch von richtiger Handball-Euphorie wie in Kiel kann man in Ciudad Real
nicht sprechen. Ein Tag vor dem Finale war das Spiel noch nicht einmal
ausverkauft, junge Frauen auf eigenwilligen Gefährten machten noch
am Spieltag Werbung für die Partie, während sich Klubpräsident
Domingo Diaz de Mera, Rückraumschütze Petar Metlicic und Olafur
Stefansson gemeinsam mit weiteren Mannschaftskameraden auf dem "Plaza
de Mayor" im Herzen der Stadt entspannt einen Kaffee und ein paar
Tapas gönnten - unbehelligt von den Fans. Die zogen am Nachmittag
zur schmucken "Quichote-Arena", die de Mera eigens für die Handballer
errichten ließ, feierten auf dem Vorplatz und freuten sich
auf das "Spiel der Spiele". Final-Stimmung in Ciudad Real! Die "Campeone, ole"-Gesänge
dürften den Kielern noch lange in den Ohren geklungen haben. Denn
der erste Teil des Champions-League-Finales war wirklich heiß .
(Von Christian Robohm, aus der "Handball-Woche" 19/2008)