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22.02.2009 Handball international

Zebra: Spanien in der Krise

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Der Handball steckt in der Krise - nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien, das einst als Paradies für Handballer galt: weniger Topspiele als in der Bundesliga, dafür deutlich mehr Gehalt. Doch diese Zeiten scheinen vorbei.
In Deutschland scheint sich derzeit abzuzeichnen, dass der Handball immer mehr zu einer Drei-Klassen-Gesellschaft wird. Auf der einen Seite die mäzengesteuerten Klubs wie die Rhein-Neckar Löwen, der HSV Hamburg oder auch der TBV Lemgo, bei denen das Geld keine Rolle zu spielen scheint. In der Mitte Vereine wie der THW Kiel oder auch die SG Flensburg-Handewitt, die sich über Jahre ihren Status in der lokalen und regionalen Wirtschaft erarbeitet haben und sich mit Sponsoren- und Zuschauereinnahmen der wachsenden Konkurrenz erwehren müssen. Und natürlich diejenigen Klubs, bei denen die Jagd nach Anerkennung und Konkurrenzfähigkeit in der "stärksten Liga der Welt" in einem finanziellen Desaster endete. TuSEM Essen, Stralsund und zuletzt die HSG Nordhorn, die mit der Anmeldung der drohenden Zahlungsunfähigkeit prominentestes Beispiel dafür ist, dass der Geldzufluss in den Handball gerade in strukturschwachen Regionen endlich ist. Doch auch in Spanien, das bis zum vergangenen Jahr noch als Geld-Paradies galt, wachsen die Bäume längst nicht mehr so hoch wie zuletzt in den Handballhimmel. Immer mehr Spieler kehren der Liga Asobal den Rücken. Ivano Balic machte den Anfang, Kasper Hvidt kehrt wie wohl auch Kristian Kjelling nach Dänemark zurück, auch Uros Zorman werden Rückkehrgedanken nach Slowenien nachgesagt. Von Finanzproblemen ist auch in Spanien die Rede, selbst bei Ciudad Reals milliardenschwerem Mäzen Domingo Diaz de Mera scheint das Portemonnaie angesichts der Weltwirtschaftskrise nicht mehr so locker zu sitzen wie in den vergangenen Jahren. So musste er mitansehen, wie zunächst ein dänischer Zweitligist und dann - nachdem Sponsor Jesper Nielsen seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlegte und bei den Rhein-Neckar Löwen einstieg - ein deutscher Klub sich die Dienste eines seiner Lieblingsspieler sicherte. Für Ersatz schaut man in der "La Mancha" aber in diesem Jahr erstmals nicht auf den internationalen Markt - zumindest offiziell. Nach der Absage Kim Anderssons könnte Isaias Guardiola von Naturhouse La Rioja Stefansson im rechten Rückraum beerben.

Ein Trend, der sich zumindest bei den Topteams der iberischen Halbinsel durchzusetzen scheint. Wenn man es so will: Die Liga Asobal ist auf Sparkurs. Anstelle teurer Transfers ausländischer Spitzenspieler sehen sich die Großen verstärkt bei weniger gut positionierten Ligakonkurrenten nach auffälligen einheimischen Kräften mit geringeren Gehaltsvorstellungen um. Die Akteure von Naturhouse La Rioja und Arrate erfreuen sich dabei in jüngster Zeit besonderer Beliebtheit. So nahm Barcelona erst vor wenigen Tagen La Riojas Marco Antonio Oneto (26) langfristig unter Vertrag. Für den chilenischen Kreisläufer mit italienischem Pass erfüllte sich mit der Rückkehr ein Traum, hatte er doch als junger Spund bereits Erfahrungen bei den "azulgrana" gesammelt.

Eine Ausnahme vom Sparkurs könnte einmal mehr Ciudad Real machen. Denn die "Übermannschaft" plagt ein großes Problem auf der Kreisläuferposition: Rolando Urios muss nach zahlreichen Verletzungen seinem Karriereende entgegensehen, während man mit Torsten Laen nicht mehr plant. Verpflichtet wurde zunächst einmal - ganz dem Trend entsprechend - Julen Aguinagalde aus Leon. Für die zweite vakante Position fand sich indes kein Spanier, weshalb man in Ciudad Real an Egor Evdokimov von Chehovskie Medvedi Moskau Interesse bekundete.

Ganz anders sieht die Situation bei Portland San Antonio aus. Der Gegner des HSV Hamburg in der Zwischenrunde der Champions League muss seinen Kader "runderneuern". Ein Umbruch steht in der Zementstadt an - mit vier oder fünf Abgängen rechnet man bei dem Ex-Klub von Demetrio Lozano und Ivano Balic nach dieser Saison. Das Motto von Trainer Chechu Villaldea und seines Vorstandes bei der Suche nach geeigneten Nachfolgern: je jünger und günstiger, desto besser. Große Namen auf der Einkaufsliste von Portland San Antonio, das 2007 dem THW Kiel im Halbfinale der Champions League noch alles abverlangte? Fehlanzeige. Dafür würde man sich nur zu gern bei Naturhouse La Rioja bedienen, denn auch die Verträge des erst 20-jährigen Rechtsaußen Alberto Aguirrezabalaga und des Kreisläufers Gedeon Guardiola laufen beim Tabellenneunten zum Sommer aus. Schließlich steht Linksaußen Adrian Crowley (20) nach einjährigem Gastspiel bei Almeria einer Rückkehr an seine frühere Wirkungsstätte in Pamplona sehr aufgeschlossen gegenüber. Er soll die Lücke des verletzten Ivan Nikcevic ausfüllen. Die Goldgräberzeiten in Spanien scheinen vorüber - die Krise hat auch Deutschlands liebstes Urlaubsland im Griff.

(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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