Aus den Kieler Nachrichten vom 18.07.2009:
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Marcus Ahlm: "Wir haben tolle Neuzugänge
und werden wieder ganz vorne mitspielen."
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Kiel - Der Schwede
Stefan Lövgren hat den THW Kiel
nach zehn Jahren verlassen. Sein Nachfolger als Kapitän wurde Landsmann
Marcus Ahlm (31), der in seine siebte Saison beim
Rekordmeister startet. Der zweifache Familienvater ist neben
Christian Zeitz nun das dienstälteste "Zebra".
- Kieler Nachrichten:
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Morgen endet für die THW-Spieler mit dem Golfturnier in
Hohwacht der Urlaub. Wie haben Sie ihn verbracht?
- Marcus Ahlm:
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Wir sind in Deutschland geblieben und haben auf die Geburt
unseres Sohnes Henry gewartet. Wir hatten Glück
mit dem Wetter - endlich einmal - und mit der Geburt, die
genau in die Sommerferien fiel. Es war eine besondere
Zeit, ein größeres Geschenk als ein Kind gibt es nicht.
- Kieler Nachrichten:
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Nun beginnt wieder die Reisezeit. Wünschen Sie sich in diesen
Tagen nicht einen familienfreundlicheren Job?
- Marcus Ahlm:
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Ich muss zugeben, dass ich manchmal schon andere Väter
beneide, die von sieben bis 16 Uhr arbeiten und montags
wissen, dass sie am Wochenende frei haben werden. Aber
noch nehme ich das in Kauf, ich spiele einfach zu gerne
Handball.
- Kieler Nachrichten:
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Sie leiden schon lange an einem Bandscheibenschaden. Spielen
Sie deshalb in Hohwacht nicht mit, obwohl Sie ein guter Golfer
sind?
- Marcus Ahlm:
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Ja. Ich muss meinen Rücken schonen. Die Belastung war
zuletzt zu hoch, deshalb habe ich auch nicht mehr für die
Nationalmannschaft gespielt. Im Moment fühle ich mich
gut, die Entscheidung war also richtig. Im vergangenen
Sommer war es besonders schlimm, aber auch da habe
ich nicht daran gedacht, ganz mit dem Handball aufzuhören.
Fünf Spiele in einer Woche sind aber zu viel für mich. Ich
sage nicht, dass ich nie mehr für Schweden spielen werde.
Aber im Verein pausieren, um für die Nationalmannschaft
fit zu sein, macht ja keinen Sinn. Und in eine schwächere
Liga zu wechseln, um sich da zu schonen, auch nicht.
- Kieler Nachrichten:
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Sie haben als Kapitän die Nachfolge von
Stefan Lövgren angetreten. Warum?
- Marcus Ahlm:
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Ich finde dieses Amt sehr spannend. In einer Vereinsmannschaft
bin ich es zum ersten Mal. Das ist eine neue Herausforderung,
die mir die Chance gibt, mich weiterzuentwickeln. Als Spieler und
als Mensch.
- Kieler Nachrichten:
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Sie spielen am Kreis, Lövgren war
als Spielmacher in der Mitte des Geschehens. Ist es schwieriger,
aus Ihrer Position die Kapitänsrolle auszufüllen?
- Marcus Ahlm:
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Nein. Es wird auch künftig so sein, dass der Mittelmann im
Angriff das Kommando haben wird. Da werde ich nur in besonderen
Situationen etwas sagen. In der Abwehr übernehme ich dagegen
gerne viel Verantwortung.
- Kieler Nachrichten:
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Sie sind eher ein ruhiger Typ. Werden wir nun einen emotionalen
Ahlm erleben?
- Marcus Ahlm:
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Ich habe mein Spiel bereits geändert und in der vergangenen
Saison schon viel mehr mit meinen Nebenleuten gesprochen.
Die Gestik muss zur Person passen, sonst wirkt sie
nicht. Aber auch da bin ich emotionaler geworden. Das
liegt daran, dass mir dieser Verein wichtig ist. Dass ich
mit ihm lebe. Da stecken immer mehr Gefühle drin. Da
fällt es leicht, echte Emotionen zu zeigen.
- Kieler Nachrichten:
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Mit Nikola Karabatic und
Vid Kavticnik fehlen zwei Spieler,
die beim THW Kiel für die großen Emotionen zuständig waren.
Wer kann diese Rolle ausfüllen?
- Marcus Ahlm:
-
Sie als Spieler zu ersetzen, wird natürlich nicht leicht
sein. Aber müssen wir unbedingt jemanden finden, der
ähnliche Emotionen zeigt? Ich denke nicht. Jede Mannschaft
muss ihren Weg finden. Es ist egal, ob zehn meiner Kollegen
mit gefärbten Haaren spielen. Was zählt ist, dass sie jedes
Spiel gewinnen wollen. Die Emotionen sind für die Medien
und die Fans wichtig, für uns weniger. Nicht jeden reißt
es mit, wenn einer sehr emotional ist. Wir haben eine neue
Mannschaft, und ich bin zuversichtlich, dass jeder seine
Rolle finden wird. Es macht auf jeden Fall keinen Sinn, eine
Person kopieren zu wollen.
- Kieler Nachrichten:
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Was trauen Sie Ihrer neuen Mannschaft zu?
- Marcus Ahlm:
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Viel. Wir haben tolle Neuzugänge und werden wieder
ganz vorne mitspielen.
- Kieler Nachrichten:
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Nach sechs Jahren Trainingslager in Varel/Obenstrohe geht es
für Sie nun erstmals nach Lingen. Erleichtert?
- Marcus Ahlm:
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Nein. Auch wenn ich immer mit gemischten Gefühlen
Richtung Mühlenteich gefahren bin, finde ich es ein bisschen
schade. Varel war zu einer alten Gewohnheit geworden.
Aber es ist auch spannend, etwas Neues zu erleben.
(Das Gespräch führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 18.07.2009)