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21.01.2010 Interview

HBL-Interview mit Uli Derad

"Artenschutz hilft wenig"

Uli Derad:  "Wir wollen hier Stück für Stück Spieler vernünftig ausbilden."
Klicken Sie zum Vergrößern! Uli Derad: "Wir wollen hier Stück für Stück Spieler vernünftig ausbilden."
Seit Sommer ist Uli Derad Manager des THW Kiel. Als Nachfolger von Uwe Schwenker muss der 44-jährige ehemalige Dormagener primär das Umfeld bereiten, damit Mannschaft und Trainer weiterhin Titel und Erfolge einfahren. Darüber hinaus macht sich Derad gemeinsam mit der Nachwuchsabteilung des THW Gedanken über eine Weiterentwicklung in diesem Bereich. Der jüngste Coup: Mit Raul Alonso verpflichtete der THW jetzt einen 31-jährigen ehemaligen Zweitligaspieler mit der A-Lizenz zum trainieren.
HBL:
Der THW meint es offenbar richtig ernst mit seinem Engagement für den Nachwuchs. Soeben haben Sie einen neuen Sportlichen Leiter für den Bereich Jugendleistungshandball engagiert.
Uli Derad:
Das meinte der THW schon immer. Bei der von uns intensiv vorangetriebenen Weiterentwicklung in diesem Bereich gehört das ohnehin dazu. Die Verpflichtung war notwendig, der Zeitpunkt hat sich aus den unterschiedlichsten Gründen ergeben. Das wird dem THW-Nachwuchs ganz sicher nicht schaden. Zudem ist es aus unserer Sicht enorm wichtig, den Nachwuchs weiterzuentwickeln und uns auf diese Weise auch weiterhin das Jugendzertifikat der TOYOTA HBL zu sichern.
HBL:
Erzählen Sie doch mal ein wenig über den Menschen Raul Alonso.
Uli Derad:
Alonso ist gebürtiger Spanier, hat aber lange Jahre in der 2. Liga für TuSpo Obernburg gespielt. Er ist im Besitz der Trainer-A-Lizenz und verfügt über Erfahrungen in der Arbeit mit dem Nachwuchs. Er passt zu 100 Prozent in das von uns erstellte Anforderungsprofil. Und seine Kontakte nach Spanien und in die dortige Handballszene werden uns möglicherweise von Nutzen sein.
HBL:
Wie wird denn sein Aufgabengebiet konkret aussehen?
Uli Derad:
Er wird ganz sicher eine unserer Nachwuchsmannschaften trainieren, aber er soll auch speziell für die individuelle Entwicklung der Talente Sorge tragen. Das geht nicht nur in Einzelfällen auch weit über das Sportliche hinaus.
HBL:
Wie eng wird denn die Zusammenarbeit mit Alfred Gislason sein?
Uli Derad:
Natürlich soll Alonso Bindeglied werden zwischen der Bundesliga-Mannschaft und Alfred Gislason einerseits und dem Nachwuchs des THW andererseits. Aber das wird sich konkret erst in den kommenden Wochen und Monaten einschleifen müssen.
HBL:
Dass er mal ein Praktikum bei den Handballern des FC Barcelona absolvierte, müsste Sie doch eigentlich abgeschreckt haben.
Uli Derad:
Im Gegenteil: Wir bekommen doch sämtliche Informationen vom ihm. Das alles muss ganz sicher kein Nachteil sein.
HBL:
Aber beim nächsten Aufeinandertreffen der beiden Giganten in der Champions League müssten Sie sich doch erst einmal seiner Loyalität versichern.
Uli Derad:
Mit Sicherheit nicht. Raul Alonso ist gebürtiger Madrilene, wie Sie schon anmerkten und jetzt Kieler.
HBL:
Wie soll das gehen: einerseits eine internationale Spitzenmannschaft zu haben, andererseits Nachwuchsspieler an diese Startruppe heranzuführen?
Uli Derad:
Das ist sicher eine schwere Aufgabe. Ganz realistisch betrachtet, können wir nicht erwarten, dass schon morgen oder übermorgen zwei oder drei Spieler den Sprung in die Bundesliga-Mannschaft schaffen. Aber allein mit der Nachwuchsförderung unsere 2. Mannschaft, die in der Regionalliga spielt, zu stärken - damit wäre unser Primärziel bereits erreicht. Wir wollen hier Stück für Stück Spieler vernünftig ausbilden. Und wenn nur einige von ihnen irgendwann irgendwo in der Bundesliga landen, wäre das klasse. Und wer weiß: Vielleicht entwickeln wir auch das Riesentalent, das sofort den Sprung in unser Team schafft.
HBL:
Haben Sie denn zurzeit Talente, die in den Verdacht geraten könnten, einmal für den THW in der Bundesliga spielen zu können?
Uli Derad:
Besonders beobachten wir die Entwicklung des 19-jährigen Hendrik Pekeler, um nur einen zu nennen. Wohin der Weg führt, kann ich gegenwärtig noch nicht sagen, aber mit viel Arbeit und Disziplin könnte ihm der Sprung gelingen. Wir haben auch einen Daniel Wessig (21) im Kader. Er war sogar schon Junioren-Weltmeister. Aber auch ein Junioren-Weltmeister ist nicht sofort ein Spitzenspieler in der Bundesliga.
HBL:
Was hält Bundestrainer Heiner Brand davon, dass seine Forderung nach deutschen Spielern bei deutschen Spitzenvereinen nun doch noch Wirklichkeit wird?
Uli Derad:
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Liga den DHB sehr stark unterstützt. Allein das Jugendzertifikat der TOYOTA HBL trägt erheblich dazu bei, die Entwicklung im Nachwuchsbereich zu fördern. Wir bekommen Spitzensportler nur über eine Spitzenausbildung, aber sicher nicht über eine Quotenregelung. Das belegen auch unterschiedlichste wissenschaftliche Untersuchungen. Artenschutz hilft da wenig.
(Das Interview führte die HBL)


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