Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "ZEBRA", von living sports:
Thierry Omeyer gehört zu den höchstdekorierten
Spielern der Welt: Es gibt keinen Titel, den er noch nicht errungen
hätte. In dieser ZEBRA-Ausgabe erzählt der Franzose, warum sein
Verlangen nach Titeln trotzdem noch lange nicht beendet ist.
Weltmeister, Europameister, Olympiasieger, Gewinner der Champions
League, Deutscher und Französischer Meister sowie Pokalsieger - die
Liste der bis dato von
Thierry Omeyer
errungenen Titel ist lang. Der Torwart, der seit 2006 das Trikot des
Rekordmeisters THW Kiel trägt, hat alles gewonnen, was es für Handballer
mit hren Mannschaften national und international zu gewinnen gibt.
Im vergangenen Jahr kam dann allerdings noch ein Titel dazu, den der
33-Jährige nicht mit seinen Kollegen aus dem Verein oder der
Nationalmannschaft teilen muss, ein Titel also, der
Omeyer
ganz allein gehört: "
Titi", wie ihn seine
Fans und Freunde rufen, wurde von den Lesern des "World Handball Magazine"
zum Welthandballer des Jahres 2008 gewählt. Eine Ehre, die vor ihm mit
Ex-Zebra
Henning Fritz und Arpad Sterbik,
dem Torhüter des spanischen Spitzenclubs Ciudas Real, nur noch zwei
anderen Keepern zuteil wurde. Die Frage, warum bei dieser Ehrung
meistens die Feldspieler die Nase vorne haben, kann
Omeyer
schnell beantworten. "Wenn man Auszeichnungen vergibt, schaut man häufig
darauf, wie viele Tore ein Spieler gemacht hat. Bei Torhütern bemerkt man
häufig nicht sofort die Leistungen, die sie bringen." Doch zeigt der
Trend der vergangenen Jahre, dass auch die Paraden-Quote immer mehr in den
Fokus der Betrachtung rückt - die drei Torhüter-Auszeichnungen liegen alle
innerhalb der letzten sechs Jahre, eine Entwicklung, die ganz im Sinne
Omeyers sein dürfte.
Seine steile Karriere begann im Jahr 2000 mit dem Wechsel zum französischen
Spitzenclub Montpellier HB. Dort errang er in der ersten Saison gleich mit
dem französischen Pokalsieg den ersten Titel, dem im Laufe der Jahre noch
zahllose folgen sollten. Mit den Mittelmeerstädtern wurde er insgesamt
fünfmal französischer Meister, ebenso oft Pokalsieger, und, der wohl
größte Erfolg mit den Franzosen, Champions-League-Sieger. Seit vier Jahren
ist der 1,91 Meter große Omeyer nun Schlussmann des THW Kiel und konnte
sich auch hier bisher in jedem Jahr etwas für den privaten Trophäenschrank
erarbeiten. Unter anderem kamen noch drei Deutsche Meisterschaften, drei
Pokalsiege und ein Champions League-Sieg zur Erfolgsliste hinzu, die für
ihn jedoch noch lange nicht komplettiert ist. "Ich hoffe, dass wir mit
dem THW in dieser Saison noch zwei Titel gewinnen werden. Wir werden dafür
kämpfen." Auf eine Reihenfolge der beliebtesten Titel möchte sich
"Titi" eigentlich nicht festegen. "Alle Erfolge
sind schön." Aber wenn er vor die Entscheidung gestellt würde, sich einen
Titel aussuchen zu können, würde er sich für den Champions-League-Pokal
entscheiden. "Das ist mir ein großes Bedürfnis. In den vergangenen zwei
Jahren haben wir da immer so knapp verloren."
Während sich Omeyer also auf neue Glanztaten mit
dem THW Kiel konzentriert, läuft es für den gebürtigen Mülhauser auch bei
der Nationalmannschaft rund in Sachen Titel-Hamsterei Immer wieder bekommt
die Erfolgsgeschichte Thierry Omeyers Stoff für
neue Kapitel. Vor elf Jahren wurde er das erste Mal in die Equipe tricolore
berufen und gehört seitdem zum festen Inventar der Franzosen. Auch hier stand
Omeyer schon oft auf der obersten Stufe des
Treppchens, vor allem in den vergangenen fünf Jahren kam man bei der Titelvergabe
nicht an dem mit Stars gespickten Team der Blau-Weiß-Roten vorbei. Doch ist
auch hier der Hunger nach Titeln trotz der Medaillen- und Pokaldichte in der
heimischen Vitrine noch längst nicht gestillt. "Ich habe schon alle Titel
gewonnen, aber ich möchte noch mehr Titel gewinnen. Ich war schon zweimal
Europameister, zweimal Weltmeister und 'nur' einmal Olympiasieger. Olympia
ist das Größte, was man gewinnen kann, das würde ich gerne noch ein weiteres
Mal erleben."
Trotz aller Titel und Auszeichnungen gehören natürlich auch nicht so gute
Spiele zum Alltag eines Handballers. Über die ärgert sich der ehrgeizige
Omeyer besonders, vor allem die knappen Niederlagen
in den vergangenen Finalspielen der Champions League setzten ihm zu. "Das
bleibt natürlich im Kopf, aber ich schaue nur nach vorne. Aus Niederlagen
lernt man auch etwas dazu." Grund zum Ärgern hatte Omeyer
in den vergangenen Wochen glücklicherweise noch nicht allzu oft. Die
Meisterschaft ist zum Greifen nah, auch wenn es so scheint, als würde es auf
den letzten Metern zu einem spannenden und engen Endspurt mit dem HSV Hamburg
um die beliebte Schale kommen - Thierry Omeyer
dürfte das gefallen, sind es doch genau diese Spiele, die ganz nach dem
Geschmack des Kieler Schlussmanns sind. "Ich bin hungrig auf Erfolg",
verspricht er den Hamburgern einen heißen Tanz in den kommenen Wochen.
Kurz nachgefragt
Thierry Omeyer spricht im ZEBRA-Interview
über seine Auszeichnung zum Welthandballer sowie Vergleiche mit anderen
Kollegen und gibt zu, dass er auch manchmal freiwillig verliert.
- ZEBRA:
-
Sie sind im vergangenen Jahr zum Welthandballer gewählt worden.
Was bedeutet Ihnen das?
- Thierry Omeyer:
-
Es ist natürlich eine große Ehre, eine solche Auszeichnung zu
bekommen, vor allem, wenn man Torwart ist. Das zeigt auch, wie
wichtig ein Torwart für eine Mannschaft ist.
- ZEBRA:
-
Wo liegt der Unterschied zwischen Ihnen und anderen Torhütern?
- Thierry Omeyer:
-
Ich glaube, dass jeder Torwart seine eigene Technik hat. Ich
probiere immer, mich zu verbessern und schaue auch auf die
anderen Torleute. Ich habe nie nach der alten jugoslawischen
oder schwedischen Schule gelernt. Ich wollte meinen eigenen
Stil haben, und das mache ich jetzt auch. Ich übernehme von
allem ein bisschen.
- ZEBRA:
-
Hatten Sie früher Vorbilder?
- Thierry Omeyer:
-
Als ich jung war, waren da Spieler wie Mirko Basic oder die
ehemaligen französischen National-Torhüter Christian Gaudin oder
Bruno Martini, die gut gespielt haben.
Ich wollte von allen ein bisschen abschauen.
- ZEBRA:
-
Juckt es Sie nicht manchmal in den Fingern, mehr ins Spiel einzugreifen?
- Thierry Omeyer:
-
Ich bin Torwart und weiß, dass ich kein Tor machen kann. Ich habe
viel Spaß daran, lange Pässe zu spielen und die Spieler, die schnell
vorne sind, damit zu bedienen. Als erster Angreifer bin ich dafür
verantwortlich, den Ball schnell nach vorne zu spielen.
- ZEBRA:
-
Sie gelten als sehr ehrgeizig. Gibt es trotzdem noch Spiele, vor
denen Sie sich besonders motivieren müssen?
- Thierry Omeyer:
-
Die Motivation ist bei mir immer da. Ich habe viel Spaß dabei,
Handball zu spielen. Aber ich mag besonders die Spiele, bei
denen es sprichwörtlich um die Wurst geht, wie die Endspiele in
der Champions League oder die Meisterschaftsfinals mit der
Nationalmannschaft. Das sind Spiele, bei denen du an einem Tag
auf dem Punkt gut sein musst. Das sind Spiele mit viel Druck,
die gefallen mir am Besten.
- ZEBRA:
-
Werden Sie auch vom Ehrgeiz gepackt, wenn Sie mit Ihrer Tochter
Manon "Mensch ärgere dich nicht" spielen?
- Thierry Omeyer:
-
Ich mag es eigentlich nie, zu verlieren. Aber wenn ich mit meiner
Tochter spiele, muss ich sie auch mal gewinnen lassen. Das ist das
einzige Mal, bei dem ich nach einer Niederlage nicht unzufrieden bin.
- ZEBRA:
-
Es heißt immer, Torhüter seien "anders" als die Feldspieler...
- Thierry Omeyer:
-
Torhüter sind während des Spiels in ihrem eigenen Raum, da sind wir
ein bisschen allein. Du musst dich alleine konzentrieren, das ist
psychologisch anders als bei den Feldspielern. Wir sind zwar "anders",
aber wir sind trotzdem ein Teil der Mannschaft.
(von Rika Finck, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "ZEBRA", von living sports)