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09.09.2010 Interview

HBL-Interview mit Stefan Lövgren

"Ich vermisse das Gefühl, mich mit den Besten der Welt messen zu können"

Stefan Lövgren:  "Das war schon ein großer Schritt für mich, Kiel zu verlassen  und in Schweden abseits des Profihandballs neu zu starten."
Klicken Sie zum Vergrößern! Stefan Lövgren: "Das war schon ein großer Schritt für mich, Kiel zu verlassen und in Schweden abseits des Profihandballs neu zu starten."
Der Mann ist schwedischer Welt- und Europameister, er gewann die Champions League, sieben Deutsche Meisterschaften und vier Pokalsiege mit dem THW Kiel - Stefan Lövgren ist so etwas wie der personifizierte Erfolg. Jetzt hat er sich in die schwedische Provinz zurückgezogen, um dort als Sportlehrer zu arbeiten. Aber als Botschafter der Europäischen Handball-Föderation und - gemeinsam mit seinem ehemaligen Klubkollegen Martin Schmidt - als Berater von zahlreichen Handballprofis bleibt er dem Welthandball auch weiterhin erhalten.
HBL:
Bei der Pressekonferenz der EHF am vergangenen Dienstag in Köln anlässlich des nächsten VELUX Champions-League-Final4 waren Sie als Botschafter der EHF vor Ort. Welche Aufgaben sind damit verbunden?
Stefan Lövgren:
Da gibt es verschiedene Dinge. Zunächst einmal geht es darum, bei vielen Spielen der Champions League vor Ort zu sein und Kontakte zu den Sponsoren, Zuschauern und den Fans zu pflegen. Das alles soll eine große Promotions-Aktion für das EHF Final4 im Mai des kommenden Jahres in Köln sein. Das lief zwar bei der Premiere in diesem Jahr schon fantastisch. Wir wollen aber einige Dinge noch weiter verbessern. Ich bin darum gebeten worden, der EHF aus meiner Sicht ein Feedback zu geben, was die organisatorischen Dinge rund um die sportlichen Belange angeht. Aus meiner Zeit als aktiver Handballer weiß ich noch recht gut, was man möchte und was einem Sportler eher unangenehm ist.
HBL:
Darf man sagen, dass Sie so etwas wie das neue Gesicht der Champions League sind?
Stefan Lövgren:
Ja, das ist so angedacht. Aber wir haben in diesem Jahr mit dem Final4 etwas Neues probiert, also haben wir auch neue Wege der Vermarktung und PR eingeschlagen.
HBL:
Dabei haben Sie sich nach Ihrer Rückkehr nach Schweden diversen Schulprojekten rund um den Handball verschrieben. Wie stehen da die Dinge?
Stefan Lövgren:
Ich bin Handball-Instrukteur - so heißt das bei uns in Schweden - an einer Schule in Uddevalla rund 80 Kilometer westlich von Göteborg. Dieses Gymnasium besuchen 16- bis 19-jährige Jugendliche. Ich trainiere dort Mädchen und Jungen, die Handball spielen wollen und zusätzlich Trainingsumfänge von bis zu sechs Stunden im Stundenplan wöchentlich absolvieren möchten. Diese Schule gehört zu einer Kette von insgesamt 28 Gymnasien, wobei sechs Gymnasien Handball unterrichten, die alle ihre eigenen Trainer haben, dabei aber eine gemeinsame Grundidee verfolgen. Und ich bin derjenige, der all diese Dinge für diese sechs Schulen koordiniert.
HBL:
Vermissen Sie dort nicht die große weite Handballwelt?
Stefan Lövgren:
Ich vermisse hier nur das Gefühl, mich mit den besten Spielern und Teams der Welt messen zu können. Das war schon ein großer Schritt für mich, Kiel zu verlassen und in Schweden abseits des Profihandballs neu zu starten. Aber die Aufgabe ist toll. Zudem meldete sich in der Schlussphase meiner Karriere der Körper immer häufiger. Das ging irgendwann nicht mehr.
HBL:
Sie gründeten mit Ihrem ehemaligen Kieler Mitspieler Martin Schmidt eine Berater-Agentur. Ist das gut angelaufen?
Stefan Lövgren:
Wir vermitteln und beraten nicht nur Spieler. Wir arbeiten auch mit Verbänden, Vereinen und Turnierveranstaltern zusammen. Zudem entwickeln und vertreiben wir Sponsoring- und Marketingkonzepte. Wir sind da auf mehreren Gebieten tätig.
HBL:
Welche Spieler haben Sie unter Vertrag?
Stefan Lövgren:
Insgesamt haben wir gegenwärtig 30 Spieler unter Vertrag. Wenn die Spieler über unsere jeweilige Zusammenarbeit reden wollen, dann können sie das tun. Damit haben wir kein Problem, aber von unserer Seite bewahren wir Stillschweigen über unsere Klienten.
HBL:
Die gesamte Berater-Branche genießt noch immer einen zweifelhaften Ruf. Warum setzt eine Handball-Legende wie Sie Ihren guten Ruf aufs Spiel?
Stefan Lövgren:
Deswegen, um zu zeigen, dass man auf diesem Gebiet sehr seriös und im Sinne aller arbeiten kann. Natürlich sehe ich die Gefahren, aber wir werden entsprechend umsichtig agieren.
HBL:
Was machen Sie denn anders als andere?
Stefan Lövgren:
Ich kann und möchte mich zu anderen nicht äußern. Aber mit meinem Hintergrund als ehemaliger Handballprofi kümmere ich mich in Bezug auf unsere Spieler nicht nur auf Vertragsformulierungen. Ich berate sie auch in sportlicher Hinsicht.
HBL:
Das heißt?
Stefan Lövgren:
Martin Schmidt ist der Spielerberater, ich dabei eine Art Sportlicher Mentor. Gemeinsam mit einem Spieler schauen wir genau hin, ob der Trainer eines Klubs, ob dessen sportliches Konzept, ob der Verein insgesamt überhaupt passend für unseren Spieler ist. Wir machen, wenn es gewünscht ist, eine Karriereplanung über mehrere Jahre hinweg. Und das kommt offensichtlich bei den Spielern gut an.
HBL:
Dennoch glt die Branche noch immer als von Schwarzen Schafen durchsetzt. Benötigt die vom DHB vergebene Lizenz für Spielerberater eine Verschärfung?
Stefan Lövgren:
Man muss hier ein paar Dinge unterscheiden. Der DHB kann nur eine Lizenz für die Vermittlung von Spielern erteilen. Dabei sind nicht nur die verbandsrechtlichen Grundlagen zu beachten, sondern auch die arbeitsrechtlichen Grundlagen. Es wäre schön, wenn man durch eine Verschärfung der Lizenzauflagen eine bessere Qualität der Spielervermittler erzeugen könnte, aber das glaube ich nicht. Solange die Klubs weiterhin mit den "schwarzen Schafen" zusammenarbeiten, wird es diese auch immer geben. Es wäre aus meiner Sicht auch wünschenswert, wenn es eine internationale Lösung geben könnte und nicht jeder einzelne nationale Verband seine eigene Lizenzierung anböte.
HBL:
Wieso kann man von Spielern nicht erwarten, dass sie sich selbst verwalten?
Stefan Lövgren:
Ich denke schon, dass es gut ist, wenn ein Handballprofi sich beraten lässt. Das Geschäft heute ist schon sehr rasant geworden. Da geht es um Tempo, um Niveau und nicht zuletzt auch um viel Geld. Wir möchten uns mit unserer Erfahrung dabei einbringen und beweisen, dass wir eine guten Job für unsere Spieler und die Vereine machen.
(Das Interview führte die HBL)


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