THW-Logo
04.09.2011 Nationalmannschaft / Bundesliga

ZEBRA: Frischer Wind

Mit Martin Heuberger auf dem Chefposten nähern sich Nationalmannschaft und Vereine einander an

Aus dem offiziellen THW-Magazin "ZEBRA", von living sports:

Beinahe unbeobachtet betritt ein 47-jähriger Mann die Sparkassen-Arena. Durch den Spielereingang, lässig mit Jeans und einem weißen Hemd gekleidet. Niemand scheint so richtig Notiz von ihm zu nehmen. Erst, als sich der Mann mit ein paar Journalisten auf die Tribüne zurück zieht, bemerken auch die jugendlichen Autogrammjäger, wer sich hier das öffentliche Training der THW-Stars anschaut: Martin Heuberger, Bundestrainer.
Sein Besuch an der Förde ist auf den ersten Blick so etwas wie eine kleine Sensation. Heubergers Vorgänger Heiner Brand hatte sich jahrelang nicht beim Branchenführer des deutschen Vereinshandballs blicken lassen. Das Tischtuch zwischen der Nationalmannschaft und dem THW schien angesichts des angespannten Verhältnisses von Brand zum deutschen Rekordmeister zerschnitten. Doch Heubergers Antritts-Besuch ist keine Sensation. Er ist das deutliche Zeichen für einen frischen Wind, der mit Heuberger in der Nationalmannschaft Einzug gehalten hat. "Ich werde mit allen Vereinen das Gespräch suchen", sagt der Bundestrainer mit seiner ruhigen, sachlichen Stimme. Dass die erste Station dabei Kiel ist, ist auch als ein deutliches Zeichen zu werten. Heuberger sucht den Dialog, nicht die Konfrontation. "Was war, das war", lässt er die Vergangenheit ruhen. "Ich hatte ein sehr gutes Gespräch mit Alfred Gislason", erklärt Heuberger. Sein Gegenüber in dieser kleinen Runde wird wenig später von einem "sehr konstruktiven Gespräch" berichten. "Vereine und Nationalmannschaft haben doch ein gemeinsames Ziel: den deutschen Handball weiter nach vorn zu bringen", analysiert Heuberger. Natürlich wisse er um die unterschiedliche Interessenlage. "Da bin ich nicht blauäugig." Dass der Spieltag vor Silvester verlegt worden sei, um der Nationalmannschaft eine längere Vorbereitung auf die EM in Serbien zu ermöglichen, sei ein gutes Signal für ein gutes Miteinander. "So muss der Weg sein."

Heubergers Steckenpferd ist natürlich die Nachwuchsarbeit. "Wir müssen vor allem in der Anschlussförderung einen Schritt weiter kommen, da passiert zu wenig." Von Maximalforderung - wie die von Heiner Brand einst geforderte Quote für junge, deutsche Spieler - hält Heuberger wenig. "Die Bundesliga ist die stärkste Liga der Welt. Es spricht nichts dagegen, dass die Top-Clubs sehr gute Ausländer beschäftigen. Es stört mich aber, wenn in manchen Vereinen durchschnittliche Spieler aus dem Ausland jungen, talentierten deutschen Spielern den Platz wegnehmen."

Seine Vision sei es, wieder eine B-Nationalmannschaft auf die Beine zu stellen, um den Talenten auch internationale Spiele zu ermöglichen und die Talente schneller an die A-Nationalmannschaft heranzuführen. "Bisher ist das aber aus finanziellen Gründen gescheitert", sagt Heuberger. "Aber vielleicht schaffen wir es ja, eine B-Nationalmannschaft im nächsten Jahr vor dem All-Star-Game oder dem Supercup spielen zu lassen."

Sein Hauptaugenmerk richtet der neue Bundestrainer jetzt erst einmal auf die Europameisterschaft in Serbien. "Da haben wir noch einmal die Chance, auf den Olympia-Zug aufzuspringen. Dafür werden wir alles geben." Aber natürlich plane er auch zweigleisig, falls es mit der Qualifikation für London 2012 "wider Erwarten" nicht klappen sollte: "Unsere Arbeit ist darauf ausgerichtet, dass wir in drei bis vier Jahren wieder eine Mannschaft haben, die ernsthaft um Medaillen mitspielen kann." Jeder deutsche Handballer habe nun die Chance, sich zu empfehlen. "Aber nicht nur die handballerische Qualität ist entscheidend, wichtig ist für mich auch die Mentalität der Spieler."

Mit Heiner Brand, der sich in den vergangenen Jahren bei Bundesliga-Spielen rar gemacht hatte, habe er regelmäßigen Kontakt. Aber in seine Arbeit reinreden werde Brand nicht. "Wenn ich eine Frage habe oder Rat benötige, muss ich Heiner anrufen." Weil er den Kontakt zu den Vereinen weiterhin intensiv halten wolle, werde er auch mal bei Spielen der Clubs präsent sein, verspricht Heuberger. Lächelnd verabschiedet sich der Bundestrainer: "Ich komme auch wieder nach Kiel." Eine Ankündigung. Ein Versprechen. Es weht ein frischer Wind bei der Nationalmannschaft.

(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "ZEBRA", von living sports)


(04.09.2011) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite