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15.09.2012 Mannschaft

Kieler Nachrichten: Abpfiff: Ein Fehlschuss für den Strafenkatalog

Aus den Kieler Nachrichten vom 15.09.2012:

Werder tritt heute im Nordderby der Fußball-Bundesliga bei Hannover 96 an. Bremens Stürmer Marko Arnautovic muss dann keine Pfiffe fürchten für seinen furchtbaren Patzer am Dienstagabend in Wien gegen Deutschland. Arnautovic ist Österreicher, seine vergebene Großchance wenige Minuten vor dem Abpfiff rettete Löws Elf schließlich den 2:1-Sieg in der WM-Qualifikation. In seiner Heimat hätte "er sich dem Heldenstatus genähert, wäre ihm der Ausgleich gelungen", schrieb die Kronenzeitung. Es ist nämlich so, dass neben den Deutschen auch Fußball-Österreich das ewige Gerede von Cordoba nicht mehr hören kann. 1978 war's, als Hans Krankl und Co. den "Piefkes" bei der WM in Argentinien die 2:3-Schmach in die Historie reinschrieben. Das sollte in Wien gelöscht werden, die Alpen-Kicker haben es satt, immer wieder an ihren Vorfahren gemessen zu werden. "Wir wollen ein zweites Kolumbien schaffen", hatte Arnautovic daher gefordert, "oder wo war das, Cordoba?" Na ja, der zweifellos großartige Fußballer soll ja auch in erster Linie Tore schießen. Am Dienstag hatte er dann das wichtigste seit langer Zeit für Österreich auf dem Fuß - und zielte, wie die Süddeutsche Zeitung süffisant bemerkte, "irgendwo in Richtung Kolumbien."
Immerhin: Der Fehlschütze zeigte sich reumütig. "Ich will Entschuldigung sagen ans ganze Land", krächzte er in die Kameras. Damit dürfte der Vorfall für den als äußerst cool bekannten Stürmer erledigt sein. "Wie ich ihn kenne, wird er eh nicht im Boden versinken", erwartet Mannschaftskollege Andreas Ivanschitz keine bleibenden Schäden.

Wäre Arnautovic Handballer und trüge dazu das Trikot vom THW Kiel, hätte er immerhin ein Strafgeld in die "Zebra"-Mannschaftskasse entrichten müssen. Der im Grunde streng geheime Strafenkatalog fordert nämlich in Punkt acht seiner Sünden-Auflistung: Wer einen Ball über das Fangnetz wirft, muss 20 Euro in die Mannschaftskasse zahlen! Über das Fangnetz hätte es Arnautovic' Fehlschuss allemal geschafft. Der Katalog, der auf geheimem Umweg in der hiesigen Redaktion gelandet ist, ist übrigens eine spannende Lektüre. Sie verrät, warum THW-Spieler (fast) immer pünktlich sind und sich in der Öffentlichkeit (meistens) vorbildlich benehmen.

Denn: Ein Handball-Profi kann rechnen, und Verfehlungen werden für ihn teuer. Ganz vorne liegen Strafen für Verspätungen. Die regelt Paragraph 1, Absatz 1. "Wer sich unentschuldbar zum Training oder Spiel verspätet, muss für die erste Minute 50 Euro in die Mannschaftskasse zahlen, für jede weitere 25. Maximale Strafe sind 500 Euro und ein Kabinenessen", heißt es hier. Selbst bei entschuldbaren Verspätungen kneifen Marcus Ahlm und Christian Zeitz, die gnadenlosen THW-Inkassobeauftragten, kein Auge zu. Jede verspätete Minute kostet 10 Euro, insgesamt werden 50 aber nicht überschritten. Achtsam sollten die "Zebras" auch beim Training sein. Jedes vergessene Ausrüstungsteil wie Ball, Leibchen oder Schuh schlägt mit 20 Euro zu Buche. Bleibt etwas in der Halle liegen, grinst das Gespann Ahlm/Zeitz ebenfalls mit weit geöffneten Händen: Kostenpunkt 10 Euro. Bestraft wird sogar, wer Gutes tun will. Der Gesetzestext lautet: "Wird ein Spieler dabei erwischt, wie er einem Mitspieler an der Mannschaftskasse vorbei einen Gegenstand zurückgeben will, dann zahlen beide Spieler."

Hier noch einige Gemeinheiten: 50 Euro sind für das Tragen von Kopfbedeckungen beim gemeinsamen Essen zu entrichten, wer bei Tisch telefoniert oder SMS schreibt, zahlt 100. Das Aufstehen vor Beendigung des Essens kostet 50 Euro. Meckert ein "Zebra" im Spiel und kassiert dafür "Gelb", kostet das 50, die Zeitstrafe 100 und die Rote Karte fürs Reklamieren sogar 250 Euro. Eine Kiste Bier muss jeweils draufgepackt werden. Außerdem: Die offizielle Sprache im Mannschaftskreis ist Deutsch. Jeder Verstoß wird geahndet - 50 Euro.

THW-Rückraum-Ass Daniel Narcisse forderte vor der Saisonabschlussreise Ende Mai übrigens T-Shirts für alle mit der Aufschrift "Sponsored by Daniel". Die Antwort auf das Warum fällt nicht schwer: Kiels gewöhnlich tiefenentspannter Franzose von der Trauminsel La Reunion war einer der fleißigster Zahler an das Eintreiber-Duo Ahlm/Zeitz.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 15.09.2012)


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