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Das THW-Juniorteam.
©
Rüdiger Rußmann |
Das Derby elektrisierte: THW II gegen HSV Handball II,
Tabellenzweiter gegen den punktgleichen -ersten. Was dann
in den sechzig Minuten passierte, ließ keinen der knapp
400 Zuschauer auf den Sitzen verweilen. Bis zur 47. Minute
setzte sich die Bundesligareserve des HSV auf 29:19 ab,
ehe der THW zur Aufholjagd blies und sich durch einen Treffer
von
Jannick Boldt in der letzten
Minute noch ein 33:33-Unentschieden ergatterte.
Der THW musste verletzungsbedingt auf
Tjark Müller,
Matthias Sellmer und Ingo Schmalz verzichten und ergänzte
die Mannschaft durch A-Jugendspieler Sebastian Firnhaber und
THW-3-Jungspund Leonard Jöhnk. Auf Seiten des HSV waren die
beiden internationalen Talente Stefan Terzic (Serbien) und
Max Henri Herrmann (Frankreich) aus der Profimannschaft mit
an Bord. Die erste Halbzeit begann schleppend für die Kieler
Mannschaft, die sich nach einer fünfwöchigen Punktspielpause
vor allem in der Abwehr wiederfinden musste. Torhüter Leon
Kirschner kam nicht in die Partie und konnte seinen Vorderleuten
keinen Rückhalt geben, so dass die Hamburger schnell in Führung
lagen. Immerhin war es einem gut aufgelegten Tommy Fängler zu
verdanken, dass der Rückstand in den ersten Minuten durch seine
Tore nicht zu sehr anwuchs. Bis zum 14:14 in der 20. Minute
konnte der THW das Spiel ausgeglichen gestalten, ehe im Angriff
das Tempo verloren ging und die Abschlüsse unpräziser wurden.
Hamburg zog bis zur Halbzeit auf 21:16 davon, wobei der
eingewechselte Lasse Möller bei einem Tempogegenstoß einen
höheren Rückstand verhinderte.
Die Halbzeitpause schien den Gästen deutlich besser bekommen
zu sein als dem Gastgeber, der mit seinen Abschlüssen im Angriff
bei Pfostentreffern Pech hatte und auf der Gegenseite die
Halbschützen nicht in den Griff bekam. Der Rückstand wuchs auf
zehn Tore an und das Spitzenspiel schien beim 16:26 (36. Minute)
entschieden. Mit dem ersten Treffer in der zweiten Halbzeit
ging aber ein Ruck durch die Mannschaft, und der wieder
eingewechselte Leon Kirschner kam im Tor langsam ins Spiel.
Selbst beim 19:29 nach 45 Minuten setzte in der Halle niemand
mehr einen Pfifferling auf den THW. Doch zwei schnelle Tore
veranlassten HSV-Trainer Jens Häusler zu einer Auszeit. Er
wollte seine Schützlinge wohl beruhigen und den komfortablen
Vorsprung in den letzten zwölf Minuten herunterspielen.
Raul Alonso stellte die Uhr seiner
jungen Mannschaft beim Acht-Tore-Rückstand auf Null und,
gepaart mit einigen taktischen Änderungen, schien damit die
richtigen Mittel für die letzten Minuten gefunden zu haben.
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Mit seinem sechsten Treffer rettete Jannick Boldt
dem THW-Juniorteam einen Punkt im Spitzenspiel.
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Wechselnde Abwehrformationen zwischen 4:2, 5:1 und 6:0 ließen
die Gäste nun verzweifeln, und Leon Kirschner hielt seinen
Kasten nahezu sauber. Tor für Tor holte der THW gegen taktisch
überforderte Hamburger auf. In Unterzahl gipfelte die Aufholjagd
mit einem 4:0-Lauf, da sich der HSV einen Ballverlust nach
dem anderen leistete und das Spiel nicht beruhigte. Beim 28:31
stockte die in Fahrt gekommene Angriffsmaschinerie der Kieler
kurzzeitig, doch noch waren über fünf Minuten zu spielen, und
im Angriff ließ der HSV nun auch klarste Chancen liegen. Beim
32:33 spielten die Kieler 40 Sekunden vor der Schlusssirene
Jannick Boldt frei, und dieser traf
zum Ausgleich. Spätestens jetzt musste man um die Standsicherheit
der Helmut-Wriedt-Halle fürchten, denn die rund 400 Fans
verwandelten die Heimspiel-Arena des THW-Juniorteams in ein
Tollhaus. In den letzten 30 Sekunden erspielte sich der HSV
keine klare Torchance mehr und konnte einen direkten Freiwurf
durch Stefan Terzic nur noch in den Abwehrblock werfen.
Jubeltraube auf Kieler, gesenkte Köpfe auf Hamburger Seite:
Dieses Bild sagte alles über den Spielverlauf in diesem
Spitzenspiel aus.
Mit dem Punktgewinn sichert sich der THW im direkten Vergleich
mit dem HSV (das Hinspiel gewannen die Kieler in Hamburg 33:30)
die bessere Ausgangsposition für die restlichen Spiele, die es
noch in sich haben werden. Für viele war dies aber nur ein
Nebenprodukt eines Spiels, das der THW nie aufgegeben hat und
der HSV wohl zu früh abhakte. Eine sensationelle Moral der
Mannschaft von Raul Alonso und Ulrich
Tobinski und eine wahnsinnige Unterstützung von den Zuschauerrängen
ließen diese Aufholjagd glücken. Das Aufstiegsrennen in die 3.
Liga bleibt spannend.
Raul Alonso zum packenden Spiel: "So
sehr ich die spielerische Linie und die mangelnde Abwehrarbeit
meiner Truppe in den ersten 47 Minuten kritisieren muss, so groß
ist meine Freude über ihre kämpferische Einstellung in der
Schlussphase des Spiels. Ich glaube, wir haben den Zuschauern
eine Menge für das Eintrittsgeld geboten. Niemand hat daran
geglaubt, dass wir die - mit Abstand - beste Mannschaft der
Liga, gespickt mit Jung-Nationalspielern, innerhalb von 13
Minuten so überlaufen und taktisch auseinander spielen können.
Die Saison hat sich mit diesem Spiel bei weitem nicht entschieden,
wir müssen noch sehr hart daran arbeiten, wieder in den
Wettkampf-Rhythmus zu kommen und müssen uns spielerisch
steigern. Die Einstellung stimmt aber - und das gefällt mir."