30.11.2013 | Handball national |
Doch der Eindruck täuscht. Ohne Not rasierte Hanning nun den Ärztestab der Männer-Nationalmannschaft, in dem sich auch Detlev Brandecker und Frank Pries befanden, die seit Jahren den Rekordmeister THW Kiel betreuen. Ein Team von acht Fachleuten, das im Schnitt seit 15 Jahren mit Deutschlands besten Handballern arbeitet. Von Berthold Hallmaier geleitet, der seit fast drei Jahrzehnten für den DHB tätig ist.
In einem 60-Sekunden-Telefonat kündigte Hanning dem völlig Überraschten, teilte ihm mit, dass nun Kurt Steuer übernehmen werde. Das Hallmaier-Team wartet bis heute auf ein offizielles Schreiben des DHB, Brandecker und Pries, der sein Debüt geben sollte, haben noch immer gültige Einsatzpläne für das kommende Jahr. Sie sprachen sich mit ihren Familien ab, planten Urlaube entsprechend. Weil es "eine Ehre ist" ist, wie Pries sagt. "Das ist in meinem beruflichen Engagement die oberste Sprosse der Leiter."
Das Team traf sich, Hanning entschuldigte die Art und Weise der Rasur, doch erklären konnte er sie nicht. Pries fragte zweimal nach. Vergeblich. "Da bleibt die Vermutung, dass es eher eine sehr persönliche Entscheidung gewesen ist", sagt Pries. "Eine Verjüngung hat er auf jeden Fall nicht im Sinn gehabt." Hallmaier ist 65, Steuer, der Neue, 61.
Es liegt der Verdacht nahe, dass Hanning Schlüsselpositionen mit Vertrauten besetzt, Steuer ist einer. Er soll künftig mit einem kleineren Team das Gleiche leisten. Pries kann sich nicht vorstellen, dass das besser funktioniert. "Es ist notwendig, unterschiedliche Fachgebiete abzudecken", sagt der 56-Jährige. "Das haben wir geleistet." Die durch Hallmaier berufene Anzahl der Kaderärzte hält er auch wegen der erforderlichen Integration junger Kollegen und eines überschaubaren zeitlichen Aufwandes jedes Einzelnen für angemessen. Auch das Konzept, teilweise auf Mannschaftsärzte der Vereine zu setzen, hält er für sinnvoll. "Sie haben den engsten Kontakt zum Hochleistungshandball und sind es gewohnt, Entwicklungen in der medizinischen Arbeit voranzutreiben." Er könne sich nicht vorstellen, unter einem Präsidium zu arbeiten, das mit Partnern eines hochsensiblen Bereichs so umgeht, sagt Pries weiter, der wie Brandecker seinen Hut nahm. Pries hätte von der DHB-Spitze bei dieser Umstrukturierung ein Mitspracherecht des betroffenen Ärzteteams erwartet. Das sah Hanning anders.
Die Medizinmänner wünschen sich von ihm, dass er künftig Entscheidungen so trifft, wie er es bei seinem Amtsantritt angekündigt hat - im Team. Was auch für den deutschen Handball keine schlechte Sache wäre.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 30.11.2013)
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