Interview mit Martin Schmidt:
Martin Schmidt absolvierte neben seiner Handballkarriere
erfolgreich ein Studium der Betriebswirtschaft.
Im großen ZEBRA-Interview spricht der THW-Spieler über den Einklang von Beruf und Profisport.
Während für manch einen Handballpofi der Tag bereits nach dem Training oder
mit dem Abpfiff gelaufen war, galt es für Martin Schmidt bislang
anschließend noch Bücher zu wälzen und sich auf sein Studium der
Betriebswirtschaft zu konzentrieren. Seit gut zehn Jahren trägt der "Stimmungsmacher"
das Trikot des erfolgreichsten deutschen Handballklubs der Neunziger Jahre. Mit
dem THW Kiel spielt der heute 31-Jährige noch immer auf höchstem professionellen Niveau.
Was ihn jedoch nicht davon abhielt, neben dem Sport erste Erfolge im "normalen" Berufsleben zu feiern.
Mit der gleichen Disziplin und dem selben Ehrgeiz wie auf dem Handballparkett
konnte der ehemalige Nationalspieler nun erfolgreich sein Studium an
der Fachhochschule in Kiel beenden. ZEBRA bat den sympathischen
Rechtsaußen zu einem Gespräch über Beruf und sportliche Karriere,
in dessen Verlauf Martin Schmidt versichert:
"Solange ich professionell Handball spiele und ich mich für den THW Kiel
engagiere, dann tue ich das mit hundert Prozent!" Weitere Erfolge mit den Zebras sind nicht ausgeschlossen.
- Zebra:
-
Martin, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum erfolgreich absolvierten Studium.
Welche Berufspläne leiten sich für den neuen Diplom-Betriebswirt FH nun daraus ab?
- Schmidt:
-
Danke schön. Ich werde jetzt ab dem 1. März für zunächst drei
Monate in einem Steuerbüro arbeiten und meine Kenntnisse im Bereich Buchführung weiter auffrischen.
Im Sommer beginne ich dann ein Praktikum bei der Deutschen Bank im Bereich Anlagenmanagement.
Meine Schwerpunkte lagen im Studium auf Controlling, so dass ich mir eine Tätigkeit in
Richtung Unternehmensberatung oder Steuerbüro durchaus gut vorstellen kann. Noch habe ich allerdings keine
feste Stelle, stehe aber Angeboten aus den verschiedensten Richtungen offen und aufgeschlossen gegenüber. Auf
jeden Fall möchte ich gern hier in der Umgebung bleiben, da ich gerade erst in der Nähe von Kiel ein Haus gebaut habe.
- Zebra:
-
Was bedeutet dieser berufliche Fortschritt nun für Deine sportliche Karriere? Wo liegen zukünftig Deine Prioritäten?
- Schmidt:
-
Solange ich Handball spiele, liegen dort auch ganz klar meine Prioritäten. Beruflich werde ich
mir meine nähere Zukunft so einrichten, dass diese beiden Interessen nicht miteinander kollidieren.
Eine Teilzeitbeschäftigung würde eine Fortsetzung der sportlichen Laufbahn nicht behindern.
Im Hinblick darauf, dass die Handballkarriere aber irgendwann zuende sein und nicht ewig andauern wird,
macht es natürlich jetzt schon Sinn, so langsam die Weichen zu stellen und Schritt für Schritt in das "normale" Berufsleben einzusteigen.
- Zebra:
-
Der Handball bestimmt also noch den Tagesablauf des Martin Schmidt. Wie definierst Du Deine derzeitige Rolle im Team des THW Kiel?
- Schmidt:
-
Wir haben momentan 13 Leute im Kader und oftmals muss ich deswegen gemeinsam mit "Ritchie"
während des Spiels leider eine Reihe hinter der Bank Platz nehmen. Derzeit sehe ich meine Aufgabe darin,
die Mannschaft zu motivieren, im Training immer zur Verfügung zu stehen, und wenn ich im Spiel
eingewechselt werde, meinen Job zu tun. Es ist ja nicht so, dass ich deswegen nicht zur Mannschaft gehöre,
weil ich regelmäßig auf der Tribüne sitze. Wir haben mittlerweile alle ein sehr hohes Level erreicht,
und irgendeinem aus dem Team muss immer die Rolle des 12. oder 13. Mannes zufallen. Wenn diese dann mir
zufällt, kann ich ganz gut damit leben. Es ist ja nichts persönliches, so etwas gehört beim Mannschaftssport einfach dazu.
- Zebra:
-
Welchen Einfluss hat die Konkurrenz zu Jonas Ernelind,
welchen Einfluss der bereits angekündigte Wechsel von Johan Pettersson zum THW Kiel?
- Schmidt:
-
Die Verträge von Jonas und mir laufen beide bis zum 30. Juni 2002, und mit
Johan würde im Sommer nächsten Jahres ein dritter Spieler auf der Rechtsaußen-Position nach Kiel kommen.
Damit scheint auch klar, dass zu dem Zeitpunkt einer von Jonas und mir den THW Kiel verlassen muss.
Aber bis dahin ist es für einen Profisportler noch eine lange Zeit. Ich kann nichts anderes machen, als zu
trainieren und stets das Beste zu geben. Darüber hinaus sehe ich es aber nicht so, dass ich in direkter Konkurrenz zu
Jonas stehe. Wir spielen beide für eine Mannschaft und können nichts
anderes als gemeinsam für unser Team gute Leistungen zu bieten. Und dann müssen wir eben weiter schauen.
Personalentscheidungen sind letztlich die Sache des Managements und des Trainers.
- Zebra:
-
Würde für Dich nach über zehn Jahren im Trikot der Zebras überhaupt noch einmal ein Vereinswechsel in Frage kommen?
- Schmidt:
-
Natürlich ist so etwas auch immer eine emotionale Geschichte. Es wäre schön, wenn ich meine Profikarriere hier in Kiel beenden
könnte. Schließlich hätte ich dann über zehn Jahre lang nur für den THW in der Bundesliga gespielt. Außerdem möchte ich gern
hier oben bleiben. Doch bis zum vorläufigen Vertragsende sind noch gut eineinhalb Jahre Zeit - zu lange, um jetzt
schon etwas Konkretes sagen zu können. Ob ich nun 2002 aufhöre oder noch ein bis zwei Jahre dranhänge,
liegt nicht allein an mir. Noch gibt es jedoch zu viele unsichere Variablen.
- Zebra:
-
Zurück zur Gegenwart. Wie beurteilst Du die aktuelle Lage der Mannschaft?
- Schmidt:
-
Sportlich ist leider nicht alles so gelaufen wie wir uns das alle vorgenommen hatten. Doch was mich
besonders freut, ist der Umstand, dass die Mannschaft trotz der offensichtlichen Rückschläge weiterhin intakt
ist. Nach wie vor ist der Kampfgeist vorhanden und jeder ist wirklich engagiert. Trotz einiger schlechter Ergebnisse
gibt es keinen Zwist und wir können in Ruhe vernünftig weiter arbeiten.
In der Champions League hat es zuletzt ja wieder ganz ordentlich geklappt.
Nun hoffe ich, dass wir sportlich noch einiges bewegen können. Die Mannschaft funktioniert schließlich.
Im Sport ist es manchmal bloß so, dass es wirklich gut läuft, und Du weißt in dem Moment gar nicht,
was Du alles richtig machst. Und wenn es denn mal nicht so gut läuft, fällt es schwer, Gründe dafür zu finden.
- Zebra:
-
Was ist jetzt noch an Erfolgen in dieser Saison möglich?
- Schmidt:
-
Ich hoffe ganz stark darauf, dass wir nun die Champions League erfolgreich gestalten können.
Es ist durchaus möglich, wieder das Finale zu erreichen. Und mit etwas mehr Fortune könnten wir dann
tatsächlich diesen lang ersehnten Titel gewinnen. Und damit könnten wir diese verkorkste Saison zu einem
wirklich versöhnlichen Abschluss führen. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg, und eine gehörige
Portion Glück gehört auch immer mit dazu. Dennoch bleibt dieser Titel mein und unser aller ganz großes Ziel.
- Zebra:
-
Was bedeutet das für die Konzentration auf die Bundesliga?
- Schmidt:
-
Nach neun Punkten Rückstand auf die Tabellenspitze muss man eingestehen, dass der Zug in
Richtung Meisterschaft abgefahren ist. Natürlich ist es aber nach wie vor wichtig, alles zu geben.
Wir sind es jeder gegnerischen Mannschaft schuldig, nicht durch Passivität irgendwelche Leistungsverschiebungen zu verursachen.
Außerdem müssen wir in jedem Spiel unsere Form aufs Neue überprüfen, damit wir in den Champions League-Spielen auf den
Punkt fit sein können. Wir spielen zwar nicht mehr mit dem Ziel, Meister zu werden. Aber es für uns auch nicht unerheblich,
am Ende möglichst weit oben zu stehen, damit wir noch einen Europapokalplatz erreichen, sollten wir die Champions League nicht gewinnen.
- Zebra:
-
Sollte der Erfolg in dieser Saison einmal ausbleiben, treten dann die bereits angesprochenen persönlichen Ziele schneller in den Vordergrund?
- Schmidt:
-
Nein, denn so etwas muss man ganz klar trennen. Persönliche Ziele haben im Mannschaftssport keinen Platz oder nehmen nur
eine untergeordnete Rolle ein. Beruflich hätte ich mir so oder so etwas aufgebaut, denn der Handball geht
irgendwann vorbei und das Leben geht weiter. Von daher wäre es die falsche Einstellung gewesen, diesen Aspekt
zu vernachlässigen. Mein Studium konnte ich auch nebenher absolvieren und mit dem Sport in Einklang bringen.
Für mich steht aber fest: Solange ich professionell Handball spiele und ich mich für den THW Kiel engagiere,
dann tue ich das mit hundert Prozent!
- Zebra:
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Vielen Dank für dieses Gespräch, Martin. Wir wünschen Dir alles Gute und den gewünschten Erfolg für die anstehenden Aufgaben.
(11.03.01)
Interview: Sascha Klahn (living sports), entnommen dem THW-Magazin "Zebra".
Mehr Infos über Martin Schmidt unter
Spielerporträt Martin Schmidt.