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19.12.2003 Mannschaft / Bundesliga

Kieler Nachrichten: Piotr Przybecki: Letzte Ausfahrt Paris?

Aus den Kieler Nachrichten vom 19.12.2003:

Eppelheim - Die Eltern waren extra aus Kroatien gekommen, um ihren Sohn mit Kronau-Östringen gegen den THW Kiel siegen zu sehen. Doch Davor Dominikovic erwischte wie fast alle seine Mitspieler einen rabenschwarzen Tag gegen seinen Ex-Klub. Die Zebras spielten am Mittwochabend in der Eppelheimer Rhein-Neckar-Halle bärenstark und triumphierten verdient mit 36:25 (siehe Bericht). Keuchend erkannte Dominikovic Kiels Überlegenheit an. "Bitter, aber gerecht. Wir müssen unsere Punkte gegen Abstiegskonkurrenten wie Wetzlar machen".
Zwei Herzen schlugen in Christian Zeitz' Brust. Die Freude und der Stolz über das gute Spiel der eigenen Mannschaft - und die Sorge um den Klassenerhalt für seine ehemaligen Kronauer Mitspieler. "Ich hoffe, sie schaffen es." Einblick in sein Innenleben gewährte der 22-Jährige seiner großen Fangemeinde bei einem eiligst improvisierten Interview direkt nach dem Spiel. "Ich fühle mich wohl in Kiel", sagte er, "aber Heimweh habe ich immer noch." Zeitz' Traum: "Wir stehen vor dem abschließenden Saisonspiel gegen Kronau bereits als Meister fest, und die SG rettet sich in der Ostseehalle." Die Fans träumten mit...

Ein schöner Abend wurde es auch für Piotr Przybecki. Der 31-jährige Pole war mit sechs Treffern und einem guten Spiel maßgeblich am Sieg beteiligt. Piotr Przybecki und der THW. Seit zweieinhalb Jahren gehen beide nun Hand in Hand. Richtig glücklich war die Beziehung aber nie. Noch vor dem Weihnachtsfest soll Przybecki erfahren, ob der im Juni 2004 auslaufende Vertrag verlängert wird. "Wenn er seine Leistung bringt, bleibt uns gar nichts anderes, als seinen Vertrag zu verlängern", meint THW-Trainer Noka Serdarusic. "Er muss uns entsprechende Antworten geben." Auf dem Parkett. Tore, Pässe, Zählbares eben.

Doch meistens ging es schief. Przybecki hat auch in seiner dritten Saison beim THW nicht Tritt gefasst. Im August 2001, wenige Tage nach seinem Wechsel von TuSEM Essen an die Förde, riss ihm das Kreuzband. Monate im Krankenhaus, zwei Spiele, ein Tor. Vier Knie-Operationen folgten und trübten die Bilanz im zweiten Jahr: 22 Spiele, 77 Tore - einer wie Przybecki, der mit seiner enormen Sprung- und Wurfkraft für die leichten Tore geholt wurde, kann mehr.

Trotzdem, die Vorfreude auf das dritte Jahr im Zebra-Dress war groß. "Ich kann endlich wieder schmerzfrei trainieren", freute sich der Rechtshänder. Der Körper schien willig, doch der Geist spielte nicht mit. "Vielleicht habe ich wegen der Verletzung in der Vorbereitung zu viel Wert auf die Beinarbeit gelegt", rätselt auch Kiels Mann mit der Nummer sechs. "Dadurch hat wohl die Koordination gelitten."

Gelitten hat auf jeden Fall sein Nervenkostüm. Der gelernte Sportlehrer fand in Testund Pflichtspielen nie zu seinem Spiel, leistete sich Fehlwürfe und technische Fehler am Fließband. Mehr und mehr mutierte der Pole vom Hammer zur Brechstange. Er kam nur dann, wenn im THW-Spiel nichts mehr ging. "Er ist nur noch ein Joker für mich", meinte Serdarusic nach der Gummersbach-Niederlage (23:24). "Auf Dauer wird mir das schwer fallen", weiß Przybecki, dass er mehr zu bieten hat. "Bei den geringen Spielanteilen neige ich dazu, mir zu schnell die Würfe zu nehmen." Ob eine weitere tolle Quote am Sonntag in Paris seine Zukunft beim THW sichern hilft? Przybecki glaubt nicht wirklich daran: "Ein Spiel gibt nicht den Ausschlag."

(Von Reimer Plöhn und Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 19.12.2003)


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