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30.03.2010 Interview

KN-Interview mit Marcus Ahlm: Besser als die alte Mannschaft

THW-Kapitän Marcus Ahlm bleibt bis 2012

Aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2010:

THW-Kapitän Marcus Ahlm hat seinen Vertrag bis 2012 verlängert.
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Kiel - Marcus Ahlm bleibt mindestens bis zum 30. Juni 2012 beim Handball-Rekordmeister THW Kiel. Gestern verlängerte der 31-jährige Schwede seinen 2011 auslaufenden Vertrag vorzeitig um ein Jahr bis zum Sommer 2012. Ahlm ist seit 2003 ein "Zebra", er lebt mit Ehefrau Karin und seinen Kindern Ines und Henry in Kiel.
Reimer Plöhn sprach für die Kieler Nachrichten mit dem THW-Kapitän.
Kieler Nachrichten:
Herr Ahlm, Sie haben erklärt, Ihre Karriere in Kiel beenden zu wollen. Am 7. Juli 2012 werden sie 34 Jahre alt, dann läuft Ihr Vertrag aus. Ist es nicht ein wenig früh, den Sport an den Nagel zu hängen?
Marcus Ahlm:
Es stimmt, meine Karriere möchte ich wirklich in Kiel beenden. Und zur Länge der Vertragsdauer: 2012 ist nur eine Option. Ich habe so viel erlebt, deswegen möchte ich mich nicht festlegen, ob 2012 wirklich schon Schluss ist.
Kieler Nachrichten:
Wovon machen Sie Ihre Entscheidung abhängig?
Marcus Ahlm:
Es ist immer schon so gewesen, dass ich davon angetrieben werde, mich zu verbessern und weiter zu entwickeln. Sollte ich einmal den Punkt erreichen, an dem ich erkennen muss, es geht nicht mehr weiter, ich habe keine Kraft mehr, mich zu steigern, dann ziehe ich einen Strich.
Kieler Nachrichten:
In welchen Bereichen können Sie sich noch verbessern?
Marcus Ahlm:
Da gibt es viele Dinge. Man kann Entwicklung als Stufen einer Leiter betrachten. Heute habe ich schon eine viel höhere erreicht als 2003, meinem Beginn in Kiel. Und ich will immer höher hinaus. Grundlage dafür ist auch ein intaktes privates Leben. Die Familie spielt eine große Rolle. Bin ich dort, wo ich Sport betreibe oder arbeite auch privat gut integriert? Für mich ist das super wichtig. Seit der Geburt unserer Kinder hat sich da viel getan, die soziale Integration - ob im Kindergarten oder in der Nachbarschaft - hat sich entwickelt. Wenn in diesem Bereich alles stimmt, fühle ich mich wohl und kann mich komplett auf meinen Sport konzentrieren. Mir war es immer wichtig, ein Gegengewicht zum Sport zu entwickeln. Früher war es mein Chemie-Studium, heute ist es die Familie.
Kieler Nachrichten:
Haben Sie sich schon Gedanken über Ihre Zeit nach dem Handball gemacht?
Marcus Ahlm:
Meine Erfahrungen aus dem Mannschaftssport möchte ich gerne in einen Beruf übertragen. Die Gedanken gehen in Richtung Personalabteilung bei einer großen Firma. Gruppendynamik spielt eine große Rolle, außerdem sollen Top-Sportler einen sehr großen Willen mitbringen. Interessant ist doch, wie man Leute dazu motivieren kann, ihre besten Leistungen für eine Firma einzubringen. Auch ist Verantwortung ein wichtiges Wort. Im Sport haben alle Mitglieder des Teams kleinere oder größere Aufgaben zu übernehmen, das ist in Firmen nicht anders und sollte den Mitarbeitern deutlich gemacht werden. Eine spannende Aufgabe, finde ich. Weiter interessieren mich aber auch die Naturwissenschaften und die Finanzmärkte.
Kieler Nachrichten:
Handball wird dann keine Rolle mehr spielen?
Marcus Ahlm:
Nein. Ich kann mir nicht vorstellen, als Trainer zu arbeiten oder in anderer Funktion dabei zu bleiben.
Kieler Nachrichten:
Was hat sich durch die wichtigen Abgänge in Kiel verändert?
Marcus Ahlm:
Es war eine große Zäsur, keine Frage. Zum Beispiel Stefan Lövgren. Er war Kapitän und Mittelmann in einer Person, er hat das Spiel in der Hand gehabt, war auch außerhalb des Spielfeldes Steuermann. Jetzt müssen wir uns neu finden, können und dürfen Stefan nicht kopieren. Aber es geht deutlich voran. Wir müssen das spielen, was dieses neue Team optimal macht. Ich bin überzeugt, dass die aktuelle Mannschaft genauso stark sein kann wie die alte, wenn nicht noch besser.
Kieler Nachrichten:
Harmonie galt immer als Kieler Stärke. Böse Zungen behaupten, das wäre schlechter geworden. Stimmt's?
Marcus Ahlm:
Völliger Quatsch. Nach der Pokal-Niederlage in Gummersbach kamen solche Gerüchte auf. Aber da ist wirklich nichts dran. Nichts hat sich verändert, die Atmosphäre im Team ist und bleibt sehr freundschaftlich, auch wenn neue Leute kommen. Das passt bei uns immer zusammen. Allerdings: Nur weil wir Freunde sind, heißt es noch lange nicht, dass nicht auch mal klare Worte gesprochen werden. Genau das soll unter Freunden ja auch so sein.
Kieler Nachrichten:
Sie haben nach Ihrem Bandscheibenvorfall 2008 auf Einsätze in der schwedischen Nationalmannschaft verzichtet. 2011 findet die Weltmeisterschaft in Ihrer Heimat statt, gibt es dann ein Comeback?
Marcus Ahlm:
Das Thema wird in der schwedischen Presse heiß gehandelt. Beim THW spielt Ahlm, und für Schweden geht es nicht, heißt es. Ich höre aber viel in mich hinein und stelle fest, dass es mir nach der EM-Pause vom Januar körperlich so gut wie selten geht. Ich habe einen Monat lang nur Fitnesstraining gemacht. Der Rücken freut sich und dem Knie geht's auch gut. Wenn die Belastung größer wird, habe ich Angst, dass die Schmerzen wiederkommen. Ich kann mich doch bei meinem Arbeitgeber THW nicht krankschreiben lassen, um für Schweden spielen zu können. Grundsätzlich will ich die WM aber nicht abschreiben. Vielleicht muss ich den einen oder anderen Lehrgang ausfallen lassen. Das wiederum müsste der schwedische Coach akzeptieren.
Kieler Nachrichten:
Was ist mit der deutschen Meisterschaft 2010? Wäre es schlimm, einmal nicht auf dem Rathausplatz zu feiern?
Marcus Ahlm:
Natürlich, unvorstellbar. Das wird nie langweilig, da wollen wir hin, immer wieder.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2010)


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