Der Countdown hat begonnen:
Magnus Wislander kehrt zum Saisonende in
seine schwedische Heimat Göteborg zurück. Drei Heimspiele vor
dem Bundesliga-Abschied zieht der "Welthandballer des Jahrhunderts" Bilanz.
- Zebra:
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Magnus, Dein Abschied vom THW Kiel rückt unaufhaltsam näher.
Mit welchen Gefühlen läufst Du jetzt in die Ostseehalle ein?
- Magnus Wislander:
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Es sind eigenartige, gemischte Gefühle. Denn nach so langer Zeit fühle ich mich
in Kiel wie zuhause. Und jetzt ist es nicht ganz einfach, alles abzubrechen.
- Zebra:
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Welche Erinnerungen bleiben an Dir hängen?
- Magnus Wislander:
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Die Erfolge, die Ostseehalle und die vielen Fans, die Feiern nach großen
Meisterschaften - das Alles wird immer in meinem Kopf bleiben. Momentan allerdings
habe ich diese Gefühle verdrängt. Jetzt konzentriere ich mich ganz auf den Handball
und habe nur Barcelona (Interview am 23. April, Anm. d. Red.) im Kopf!
- Zebra:
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Welchen Wandel hat der THW während Deiner zwölf Jahre hier in Kiel durchlebt?
- Magnus Wislander:
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Einen riesigen. Der Handball überhaupt hat sich sehr stark verändert.
Als ich nach Kiel kam, war die Einstellung zwar nicht ganz mit Betriebssport zu vergleichen,
aber alles war ein wenig lockerer. Von Jahr zu Jahr wurde dann alles
professioneller und hat sich heute fast einem normalen Arbeitsalltag angepasst. Der Verein
hat sich zu einem großen Wirtschaftsunternehmen gewandelt. Ein weiterer großer Umbruch
in diesen zwölf Jahren war natürlich das Bosman-Urteil.
- Zebra:
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Bist Du mit diesen Veränderungen immer einverstanden gewesen?
- Magnus Wislander:
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Insgesamt muss man einfach feststellen, dass diese Entwicklung dem Handball sehr gut getan
hat. Die Einstellung ist viel professioneller geworden. Und wenn die Klubs
vernünftig agieren, liegen die Vorteile für die Spieler eindeutig auf der Hand.
- Zebra:
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Wie hast Du Dich selbst in diesen zwölf Jahren verändert?
- Magnus Wislander:
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Älter, älter, älter! Ich kam als 26-jähriger nach Kiel und war gerade
Vater geworden. Als junger Mensch hatte ich einfach noch viel zu lernen -
und ich kann auch heute noch immer einiges lernen. Ab einem gewissen Alter wird man
einfach reifer. Heute haben wir zwei weitere Kinder, und nach dem Training möchte
ich die Zeit einfach nutzen, um sie mit meiner Familie wahrzunehmen.
- Zebra:
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Du hast immer wieder betont, dass Deine Motivation nicht zuerst die vielen
Titel gewesen sind, sondern Dein Spaß am Handball. Hast Du diesen Spaß immer gehabt?
- Magnus Wislander:
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Mehr oder weniger. Aber man kann sagen, was man will: Letztlich hat man noch
mehr Spaß am Sport, wenn man Erfolg hat und Siege feiert...
- Zebra:
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Hast Du Dir zu Beginn Deiner Karriere vorstellen können, dass sie so großartig verlaufen wird?
- Magnus Wislander:
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So wie alles gelaufen ist, konnte es sich vorher wohl niemand vorstellen. Selbst
mit dem ersten Weltmeistertitel der schwedischen Nationalmannschaft hat niemand wirklich gerechnet,
ebenso wie an unsere Triumphe in der Bundesliga. Trotzdem muss ich heute sagen,
dass ich in diesem Augenblick nicht ganz zufrieden bin. Doch in ein paar weiteren
Jahren werde ich dann wohl trotz der zwei fehlenden Titel glücklich und sehr zufrieden
auf meine Karriere zurückblicken. Man kann eben nicht alles haben. So ist der Sport.
- Zebra:
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Was hat Dich selbst immer ausgezeichnet?
- Magnus Wislander:
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Solch eine Frage ist immer schwer zu beantworten. Ich hoffe, dass ich ein guter Spieler war
und immer beide Füße auf dem Boden hatte. Ich wollte nie ein Star im klassischen Sinne sein.
- Zebra:
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Du wurdest von anderen mit zahlreichen Titeln geehrt und zum "Welthandballer des Jahrhunderts"
gekrönt. Dabei hast Du nie zu betonen vergessen, dass Handball eigentlich eine Mannschaftssportart ist.
- Magnus Wislander:
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Ohne eine gute Mannschaft um sich herum, kann man auch selbst auf Dauer nicht
glänzen. Ich persönlich bin stolz auf diese Auszeichnungen und ab und zu auch
glücklich. Aber dahinter standen immer auch die Mannschaften des THW Kiel oder der
schwedischen Nationalmannschaft. Und darum freue ich mich auch mehr über die Titelgewinne bei
der Weltmeisterschaft oder in der Bundesliga.
- Zebra:
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Welche Wünsche verbleiben Dir für Deine Zeit in Kiel?
- Magnus Wislander:
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Ich möchte mich am liebsten mit einem Titel von hier verabschieden.
In der Meisterschaft sind unsere Chancen allerdings sehr gering, da Lemgo das deutlich
leichtere Restprogramm hat.
- Zebra:
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Und dann geht es also zurück nach Göteborg zu Redbergslid. Ein rundes Karriere-Ende?
- Magnus Wislander:
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Ich habe immer wieder gesagt, dass ich noch einmal ein Jahr dort spielen möchte,
wo ich auch angefangen habe. Jetzt ist die Chance da - und vielleicht ist es auch meine letzte Möglichkeit.
- Zebra:
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Und dann bleibt es auch bei diesem einen Jahr?
- Magnus Wislander:
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Klar. Die letzten fünf Jahre war es immer nur noch ein Jahr - Wenn es noch weiter Spaß macht,
werden es vielleicht auch zwei Jahre.
- Zebra:
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Was zieht Dich zurück nach Göteborg?
- Magnus Wislander:
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Ich kann es nicht beschreiben. Das ist einfach meine Heimat, dort habe ich meine
Eltern, die Stadt, das Klima in der Stadt - Vielleicht kann man es Heimweh nennen,
wie es wohl jeder ein Stückchen hat, der längere Zeit woanders verbringt.
- Zebra:
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Träumst Du trotzdem schon von einer Rückkehr nach Kiel? Vielleicht spielst
Du ja mal mit Redbergslid in der Champions League gegen den THW Kiel.
- Magnus Wislander:
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Das wäre lustig. Aber im nächsten Jahr wird daraus wahrscheinlich leider nichts.
Wenn ich allerdings noch ein Jahr dranhängen würde, könnte es vielleicht doch noch klappen.
- Zebra:
-
Werden wir Dich dennoch weiterhin in der Ostseehalle treffen können?
- Magnus Wislander:
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Ja, das hoffe ich sehr. In der kommenden Saison wird das vielleicht noch ein bisschen
schwierig werden. Aber dennoch möchte ich mindestens einige Male
im Jahr auf dieser Seite der Ostsee sein.
- Zebra:
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In jedem Fall werden wir uns immer freuen, Dich hier in Kiel wiederzusehen.
Vielen Dank für dieses Gespräch. Die besten Wünsche für Deine verbleibenden Auftritte
mit dem THW Kiel und Dir und Deiner Familie alles Gute für Eure Zukunft in Schweden.
Das Gespräch führte Sascha Klahn (living sports).