Die Krise beim Deutschen Meister THW Kiel spitzt sich zu. Nach einer katastrophalen zweiten Halbzeit bei der
23:29-Pleite am Samstag bei Frisch Auf Göppingen
ist das Erreichen eines internationalen Wettbewerbs für die
Schleswig- Holsteiner in weite Ferne gerückt.
In der Tabelle haben die Kieler nach dem 25. Spieltag auf Rang fünf (HSG Nordhorn) zwar nur vier Zähler Rückstand
und noch zwei Nachholspiele in der Hinterhand.
Kiels Nationaltorhüter
Henning Fritz spricht von einer "Leere im Kopf der Spieler".
Im
Sport1-Interview redet der "neue Hexer" Tacheles.
Der Vize-Weltmeister gibt sich kämpferisch: "Ich habe den internationalen Wettbewerb noch nicht abgehakt."
Er appelliert an die Ehre der Spieler: "Das sind wir dem Verein schuldig."
- Sport1:
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Herr Fritz, bei der Niederlage in Göppingen spielte der THW in der zweiten Halbzeit so schlecht wie selten zuvor.
Was ist los mit dem Deutschen Meister?
- Henning Fritz:
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Aufgrund der Niederlagen-Serie der letzten Wochen sind alle Spieler frustriert. Es ist eine Leere im Kopf der
Spieler. Wenn wir die Gründe für die Niederlagen wüssten, würden wir sie abstellen. Uns fehlt die gewisse
Sicherheit, die unser Spiel im Angriff immer ausgemacht hat. Zudem finden wir auch in der Abwehr nicht mehr die
Stärke wie früher. In Göppingen sind wir eingebrochen in der zweiten Halbzeit. Dafür gibt es Gründe, aber dazu
möchte ich mich nicht äußern.
- Sport1:
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Kiels Fans sind erfolgsverwöhnt. Nun droht der THW erstmals seit 1994 einen internationalen Wettbewerb zu
verpassen?
- Henning Fritz:
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Dies ist keine Situation, mit der wir gerechnet hatten. Aber dafür sind wir alle verantwortlich. Wie wir da
wieder rauskommen, müssen wir intern klären. Ich habe kein Patentrezept. Wir haben schon miteinander gesprochen,
und es wurden einige wichtige Dinge angesprochen. Man hat gesehen, dass es gewirkt hat. In der ersten Halbzeit
gegen Göppingen haben wir meiner Ansicht nach sehr gut gespielt. Aber dann sind wir eingebrochen. Die Niederlage
tut weh, weil mehr drin war. Und wenn man nun das Restprogramm sieht, ist es nicht das Einfachste.
- Sport1:
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Haben Sie solch eine Situation schon einmal als Handballer mitgemacht?
- Henning Fritz:
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Ich habe schon einige schwierige Phasen durchgemacht. Auch in Magdeburg waren die ersten Jahre nicht einfach. Ich
denke, dass solche Phasen einem erst richtig zeigen, was es wert ist, was man vorher erreicht hat. Es ist jetzt
genau richtig, einen Neuanfang zu beginnen.
- Sport1:
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Haben Sie den Einzug in den Europapokal-Wettbewerb schon aufgegeben?
- Henning Fritz:
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Ich habe den internationalen Wettbewerb noch nicht abgehakt. Mit Sicherheit nicht. Wir wollen alle im nächsten
Jahr international spielen. Das sind wir dem Verein schuldig. So wie wir momentan spielen, wird das aber schwer.
Man kann der Mannschaft nicht vorwerfen, dass sie nicht gekämpft hat. Aber die geistige Frische fehlt. Es darf
nicht nur beim Kampf bleiben. Spielerisch muss einiges dazu kommen.
- Sport1:
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Parallel zur Krise plant das Management den Neuanfang. Die Mannschaft wird komplett umgekrempelt. Kann man mit
dem THW in der nächsten Saison wieder rechnen?
- Henning Fritz:
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Davon bin ich fest überzeugt. In der Mannschaft steckt viel mehr Potenzial. Kiel war immer dafür bekannt, dass
hier Kämpfernaturen spielen. Ein Umbruch kommt. Dadurch kommen andere Charaktere in die Mannschaft. Aber es wird
passen. Mit dem THW ist in der nächsten Saison wieder zu rechnen. Spätestens.
(© 2003 Sport1, das Gespräch führte Michael Schwartz)