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04.04.2003 Karlchen

Karlchen beim Tanz

Der mittelalterliche Veitztanz hat so manche Stadt zur Raserei gebracht. Die Menschen jener Zeit glaubten mit Tanzen das Schlechte aus der Welt zu vertreiben. Und das Böse hatte damals Konjunktur. Krieg, Hunger, die Pest - die Männer und Frauen taten damals, was sie konnten - tanzen, tanzen, tanzen bis zur Bewusstlosigkeit.
Auch heute ist das Tanzen ja unverschämt beliebt. Nicht nur als "Balztanz" in den Discotheken, als Standardtanz bei irgendwelchen Festivitäten, sondern vor allem einfach aus Übermut und Lebensfreude bis sich die Gelenke in der Hüfte drehen und bebend in der Pfanne kreiseln, wie schon der antike Dichter meinte. Manche hüpfen dabei wie Kraniche, andere tapsen um den Partner herum wie ein Bär. Überhaupt muss man doch feststellen, dass man zum Tanzen einen Partner braucht, denn Tanz ist zwar auch (oder sollte es zumindest sein) Harmonie, aber doch vor allem Kampf - Zweikampf.

Und da wundert es auch nicht, dass beim Sport von einem erwarteten "heißen Tanz" geredet wird, wenn zwei starke Mannschaften aufeinandertreffen. Oder es wird von einem "Tanz auf dem Vulkan" gesprochen, wenn ein Team besonders ausgelassen und locker spielt, gerade wenn es in der Halle eines schier übermächtigen Gegners auftritt. Und bei Teams, wie zum Beispiel dem Handball-Verein Hildesheim, das nur eine Saison in der 1. Bundesliga spielte, darf man auch gern den Titel eines schwedischen Films abwandeln, "Sie tanzte nur einen Sommer".

Besonders beim Handball ist eine ausgemachte Freude am Tanz festzustellen. Dabei meine ich nicht nur das luftige Verrenken nach Spielschluss beim gelegentlichen Schwoof. Nein, vor allem das Spiel hat etwas Tänzerisches. Allein das Bewegen der Abwehrlinie, mit ihren Seitwärtsschritten hat doch ausgesprochen etwas von Tanz an sich - rechts zwei drei - links zwei drei, eine Folge, die jeder Tänzer auch aus dem Walzer, dem Foxtrott, dem Quickstep kennt. Das Spielen des Sirtaki in der Ostseehalle ist tongewordenes Beispiel dafür. Und dann die Umarmungen im Abwehrstreit - nun nicht gerade zärtlich, aber doch entschlossen, Tanz ist eben Kampf. Auch im Mittelalter gab es beim Tanzen diese recht drastischen Vorführungen. damals war es zum Teil erlaubt, Frauen gewaltsam auf die Tanzfläche zu schleppen.

Und dann gibt es natürlich noch die Meister des Tanzes. Beim Handball sind das auf alle Fälle die Trainer. Wie der Anfangs erwähnte Veitstanz sieht dabei das Herumspringen von Flensburg-Trainer Rasmussen aus. Keinen Augenblick kommt er zur Ruhe. Aber natürlich ist Ober-Zebra Noka nicht jemand, der nur sanft mit den Hufen scharrt. Bei Noka finde ich am eindrucksvollsten den "eingesprungenen Doppelstampfer", wenn er eine vermasselte Situation zu verarbeiten sucht: Dabei springt er mit beiden Füßen kurz hoch, um dann donnernd - sozusagen menschgewordene Verzweifelung - wieder auf dem Hallenboden der Tatsachen zu landen. Und wir Zuschauer? Wir schlagen den Takt zu jedem neuen Tanz in unserer Ostseehalle.


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