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05.03.2004 Interview / Bundesliga

Schwenker vor dem Lemgo-Spiel in Sport1: "Der Verlierer ist aus dem Titelrennen"

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Kiel/München - Es ist das Duell der Erzrivalen. Wenn Kiel und Lemgo aufeinander treffen (siehe Vorbericht), herrscht Ausnahmezustand in der Bundesliga. Brisant diesmal: "Der Verlierer ist aus dem Titelrennen", sagt THW-Manager Uwe Schwenker im Sport1-Interview.
Samstag, 15.20 Uhr, Ostseehalle Kiel: Neun Europameister werden das Feld zum Bundesliga-Knaller zwischen dem Vierten THW Kiel und dem Dritten und Titelverteidiger TBV Lemgo betreten.

Dramatischer könnten die Voraussetzungen kaum sein. Auf der einen Seite der seit Wochen auftrumpfende THW, noch auf drei Hochzeiten vertreten -, auf der anderen Seite der angeschlagene TBV, der auch seine letzte Titelchance zu verspielen droht.

Für beide geht es um enorm viel: um die letzte Chance im Meisterschaftsrennen und um die Qualifikation für die Champions League.

In Kiel freut man sich auf das Prestigeduell. Sport1 sprach mit Manager Uwe Schwenker über die Situation beim THW, das Erreichte, die Saisonziele und die Planungen für die Zukunft.

Sport1:
Herr Schwenker, der Titelkampf ist spannend wie selten. Aber der Deutsche Meister Lemgo steckt in der Krise. Können Sie nachvollziehen, dass ein Team im Jahr nach dem Titelgewinn solch eine Phase durchmacht?
Uwe Schwenker:
Nun, wir sind zweimal drei Mal hintereinander Meister geworden, und solche Situationen hatten wir jedes Mal dabei. Lemgo ist angeschlagen, aber umso gefährlicher. Es wird propagiert, dass der TBV in einem kleinen mentalen Tal ist, aber das kann ich aus der Ferne nicht beurteilen. Fakt ist: Lemgo hat herausragendes Potenzial.
Sport1:
Und reist nun nach Kiel zum Spitzenspiel.
Uwe Schwenker:
Sicher, aber wir dürfen nicht auf Lemgo schauen, wir müssen uns auf uns konzentrieren. Es war wichtig, wieder den Anschluss gefunden zu haben. Im vergangenen Jahr war Lemgo eine Klasse besser als der THW. Jetzt sind wir wieder dran.
Sport1:
Lemgo hat Probleme nach der EM-Pause, der THW ist sehr gut aus der Pause herausgekommen.
Uwe Schwenker:
Stimmt. Besser kann es für uns eigentlich nicht laufen. Vor der Saison haben wir gesagt, wir wollen sehen, dass sich die Mannschaft schnell findet. Da sind wir auf einem guten Weg. Jetzt haben wir das Ziel, uns für einen der Champions League-Plätze zu qualifizieren. Das bedeutet Platz drei. Dazu ist ein Sieg gegen Lemgo notwendig. Das ist jedem bewusst.
Sport1:
Hat sich Ihre Mannschaft gefunden?
Uwe Schwenker:
Ja. Wir haben zu Beginn der Saison Punkte abgegeben, die wir heute so nicht mehr abgeben würden. Klar, auch wir sind gehandicapt durch die Ausfälle von Nikolaj Jacobsen und Roman Pungartnik. Aber mehr und mehr finden sich die Neuzugänge zurecht. Wir haben Zeit gebraucht. Wagner, Ahlm, Zeitz und Boquist sind neu dabei. Es war klar, dass wir nicht den Anspruch stellen konnten, gleich um die vorderen Plätze mitzuspielen. Wir haben aber immer gesagt, dass unsere Chancen steigen, je später in der Saison wir vorn dabei sind.
Sport1:
Welche Ansprüche stellt der THW?
Uwe Schwenker:
Nach wie vor keine. Wir wollen uns als Mannschaft weiter verbessern. Aber erst jetzt haben wir realistisch die Chance, um Platz drei zu spielen.
Sport1:
Sie geben sich zurückhaltend. In der Liga wird das anders gesehen. Magdeburgs Trainer Alfred Gislason meint, Kiel sei im Titelrennen "gefährlich".
Uwe Schwenker:
Es ist zu früh, das zu sagen. Aber: Traditionell hat der THW Kiel immer starke Monate im April und Mai gehabt, egal gegen wen. Nach hinten raus hatten wir immer ein Team, das topfit war, und ich denke, das wird auch in diesem Jahr nicht anders sein.
Sport1:
Und wie sind die Chancen im Titelrennen?
Uwe Schwenker:
Für mich ist nach wie vor Flensburg Favorit. Andererseits ist das auch die einzige Mannschaft, die ihre Ausgangsposition noch verspielen könnte. Da spielt das mit, was in der Vergangenheit war. Darum will ich mich aber nicht kümmern. Ich kümmere mich um uns, um Samstag, das Spiel gegen Lemgo.
Sport1:
Was ist das Besondere bei Spielen zwischen Kiel und Lemgo?
Uwe Schwenker:
Es waren in den vergangenen Jahren immer Spiele zwischen Titelkandidaten. Grundsätzlich verbindet beide Klubs ein gutes Verhältnis. Mit Ausnahme der 60 Minuten auf der Platte. Ich erwarte eine enge, hart umkämpfte Partie.
Sport1:
Was wird ausschlaggebend sein, das Spiel zu gewinnen?
Uwe Schwenker:
Ich habe Lemgos Spiel in Essen nicht gesehen. Man hat mir schon berichtet, dass der TBV ausgelaugt wirkte, aber das zählt am Samstag nicht. Der TBV weiß, worum es geht. Lemgo kann seine Ausgangsposition im Meisterschaftsrennen verspielen. Für uns geht es für eine gute Lage im Rennen um Platz drei. Lemgo hat andere Ansprüche als wir.
Sport1:
Schauen wir auf die Tabelle: Lemgo und Kiel haben zehn Minuspunkte, Magdeburg nur sieben und Flensburg acht. Kann man sagen: Der Verlierer zwischen Kiel und Lemgo ist raus aus dem Titelrennen?
Uwe Schwenker:
Ja. Davon gehe ich aus.
Sport1:
Kommen wir weg vom sportlichen, hin zu den Planungen beim THW.
Uwe Schwenker:
Da sind wir sehr gelassen. Wir haben den alles entscheidenden Umbruch im vergangenen Jahr gemacht. Da hatten wir sieben Ab- und fünf Zugänge. Von den fünf Zugängen sind alle eingeschlagen, aber auf Grund ihres jungen Alters haben vier noch sehr großes Potenzial: Zeitz, Ahlm, Wagner und Boquist. Roman Pungartnik nehme ich mit seinen 32 Jahren etwas raus. Wir werden uns nur noch punktuell verstärken. Da sind wir in Ruhe und Gelassenheit bei.
Sport1:
Mit Kim Andersson planen Sie aber nicht für die neue Saison, oder?
Uwe Schwenker:
Nein, er kommt erst 2005. Dennoch: Wir haben unser Gerüst für die Zukunft stehen. Jetzt gilt es, diese Mannschaft weiterzuentwickeln.
Sport1:
Werden Sie für Andersson noch einen Ersatz holen?
Uwe Schwenker:
Das werden wir nicht machen. Wir gehen mit den drei Linkshändern Zeitz, Pettersson und Pungartnik in die neue Saison. Bei Roman ist der Heilungsverlauf so hervorragend, dass wir davon ausgehen können, dass er zur neuen Saison wieder fit ist.
Sport1:
Sie haben schon jetzt ein Team, das noch Jahre zusammen spielen kann.
Uwe Schwenker:
Ja, wir haben eines der jüngsten Spitzenteams in der Liga. Im vergangenen Jahr haben wir den großen Schnitt gemacht. Kim kommt noch dazu, und mit ein, zwei Spielern reden wir noch. Aber wir haben klare Vorstellungen und haben die Ruhe, diese umzusetzen.
Sport1:
Auf welchen Positionen suchen Sie noch?
Uwe Schwenker:
Natürlich suchen wir noch eine Ergänzung zu Adrian Wagner, weil uns ja Nikolaj Jacobsen verlässt. Wir gehen aber davon aus, dass Wagner noch mehr Potenzial hat, was er jetzt gerade zeigt. Und dann schauen wir uns noch für den Rückraum um.
Sport1:
Auf Linksaußen fällt immer wieder der Name Lundström aus Göteborg...
Uwe Schwenker:
Ach, wir werden mit so vielen Spielern in Verbindung gebracht. Wir nehmen erst Stellung, wenn wir es unter Dach und Fach haben. An Spekulationen haben wir uns nie beteiligt. Wichtig ist: Jeder Spieler weiß bei uns, woran er ist. Abgesehen davon konzentrieren wir uns auf die sportlichen Herausforderungen der nächsten Wochen. Die Personalplanungen klären wir im stillen Kämmerlein. Für die Öffentlichkeit soll nur das Sportliche interessieren. Wir haben Lemgo vor der Brust, dann das EHF-Pokal-Halbfinale in Astrakhan. Das möchte ich diskutiert haben, und nicht die Personalpolitik.
(© 2004 Sport1, das Gespräch führte Michael Schwartz)


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