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08.05.2004 Karlchen

Karlchen: Trauer muss Elektra tragen

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Nobuhiro Sugawa hat etwas von einem antiken Tragödien-Helden. Bei der Eishockey-Weltmeisterschaft in Tschechien hat der Japaner gegen Dänemark das Siegtor geschossen, dachte er. Grenzenloser Jubel bei ihm ... bis er merkte, er hatte ins eigene Tor getroffen! Absolut großartig ... natürlich tragisch, aber herrlich. Wie heißt es bei Shakespeare: "Groß ist das Schicksal, größer der Mensch, der es unerschüttert trägt."
Dabei fällt mir auch ein deutscher Schwimmer ein, der sich bei der Olympiade 1984 in Los Angeles im Zwischenlauf mit der Zeiteinteilung verschätzte, nur in das B-Finale kam und dort schneller schwamm, als der Olympiasieger. Ich sehe ihn heute noch, wie er sich die Badekappe vom Kopf reisst und damit immer wieder auf das Wasser schlägt. Ein Bild, das ich nie vergessen werde, denn wäre er Sieger geworden, das Ereignis wäre in der grauen Masse anderer ähnlicher Erinnerungen untergegangen. Oder Bayern gegen Manchester, Champions League Finale. 1 zu 0 kurz vor Schluss für München, Matthäus geht schon lächelnd und siegessicher vom Spielfeld und dann hat es sich die wankelmütige Fortuna plötzlich anders überlegt und zack - schon liegen die Bayern 1 zu 2 im Rückstand und verlieren.

Na ja, nichts ist im Leben so schlimm, dass es nicht noch schlimmer werden könnte.Und plötzlich fällt mir Flensburg ein - oh ich befürchte, diesmal werden viele Kieler doch Sektflaschen an Flensburg-Fans verlieren. Tja, groß ist das Schicksal, größer ist das Zebra, das einen Flensburger Sieg ertragen kann und da Flensburg inzwischen auch Lemgo geschlagen hat, will ich schon 'mal fast gratulieren (grrrrrrrrrrr). Die Götter sind launisch, es gibt keine Regeln ohne Ausnahme, kein Gesetz ohne Erbarmen. Allerdings, solange die Flensburger noch eine Möglichkeit haben etwas zu versieben ... ich trau ihnen wirklich alles zu...wenn es um das Verschenken von Chancen geht ... aber - ach was - Trauer muss Elektra tragen und nicht die Zebras, ein Gruß an die Flensburger und nächstes Jahr auf ein Neues.

Aber etwas Erfreulicheres. Es ist vollbracht, Sisyphus hat den Stein über den Berg gerollt, die Weltmeisterschaft 2007 kommt nach Deutschland. Klugerweise vergibt jetzt nicht mehr der Kongress mit 150 Nationen die WM, sondern ein IHF-Rat mit 16 Mitgliedern. Aber kein Herumgeunke, die Kuh ist vom Eis, wir sollten uns erst einmal freuen. Und dann fängt natürlich bald der Blick auf die verschiedenen Stadien an und man kann ja schon einmal davon träumen, dass die Ostseehalle eine Zwischenstation zum Beispiel für die schwedische Nationalmannschaft wird (denn ich gehe ja fest davon aus, dass sich die Schweden, allerdings dann - wahrscheinlich jedenfalls - ohne Olsson und Wislander, wieder qualifizieren). Aber da vertrauen wir ja auf die Weisheit von Strombach & Co, die werden sich bei der Verteilung schon etwas denken ... denn das wäre ansonsten doch ein Schicksal, dass selbst ein Zebra schwer ertragen kann. Also freuen wir uns auf eine schwarz-weisse WM 2007 (... und Flensburg, grrrrrrrr).

(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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