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23.09.2004 Interview

Stefan Lövgren im Zebra-Interview: Von Titeln und Glücksgefühlen

THW-Kapitän Stefan Lövgren im ZEBRA-Gespräch

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Stefan Lövgren: Der Kopf des THW.
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Stefan Lövgren ist unbestrittener Kopf des THW Kiel. Auf und außerhalb des Platzes ist der 33-jährige Schwede Leithengst der Zebraherde. Seit seiner Verpflichtung im Jahr 1999 dirigierte er das schwarz-weiße Ensemble zu zwei Deutschen Meisterschaften, einem DHB- und zwei Europapokalsiegen. Und trotzdem sind Titel längst nicht alles, sagt Stefan Lövgren im ZEBRA-Interview. Ein Gespräch über Ambitionen, eigene Ansprüche und Glücksgefühle.
Zebra:
Stefan, nach 115 Tagen Pause war es endlich soweit: das erste Bundesliga-Heimspiel in der neuen Saison. Was war das für ein Moment, wieder in die Ostseehalle einzulaufen?
Stefan Lövgren:
Dieses Gefühl, in das Meer von 10000 kleinen Lichtern einzulaufen, ist einzigartig. Und doch vergisst man es jedes Jahr auf ein Neues, wie es ist, zum ersten Heimspiel die Ostseehalle zu betreten. Aber deswegen ist die Saison-Premiere zuhause auch immer wieder etwas ganz besonderes.
Zebra:
Die Saison hat also endlich begonnen...
Stefan Lövgren:
Ich bin froh, dass es jetzt wieder losgegangen ist, deswegen trainieren wir. Die Vorbereitung ist schließlich nicht das Lustigste an einer Saison.
Zebra:
Wie war die Zeit ohne Pflichtspiele?
Stefan Lövgren:
Es war komisch, die Olympischen Spiele im Fernsehen schauen zu müssen. Es schmerzte, die Qualifikation verpasst zu haben. Und deswegen habe ich beim Handball meistens auch weg geguckt. Aber zum Glück hatten wir genügend Zeit, uns daran zu gewöhnen nicht dabei zu sein. Persönlich haben mir die sechseinhalb Wochen Urlaub gut getan. Mein Körper brauchte einfach eine Pause.
Zebra:
Und die Familie hatte ihren Vater in diesem Sommer besonders lange zuhause.
Stefan Lövgren:
Diese lange Zeit und der Urlaub mit der Familie waren echter Luxus. So viele freie Tage während des Sommers hatte ich noch nie. Und das haben meine Familie und ich richtig genossen.
Zebra:
Beginnt mit dem engen Terminplan in der neuen Saison also nun die Zeit der Entbehrungen?
Stefan Lövgren:
Eigentlich nicht. Denn nun kommt das Beste an der Saison. Als Profi willst Du die ganze Zeit spielen. Und wenn der Erfolg da ist, ist vieles natürlich einfacher.
Zebra:
Erfolgversprechend war bereits der Start des THW Kiel. Doch erscheint es sinnvoll, die Topbegegnungen wie gegen Lemgo, Flensburg oder Gummersbach so geballt und schon so früh im Spielplan zu terminieren?
Stefan Lövgren:
Ich finde diese Konstellation eigentlich gut. Denn so müssen wir von Anfang an Gas geben und können zwischendurch keinen Gang zurückschalten. So ist es einfacher im Rhythmus zu bleiben. Und körperlich ist es auch kein Problem, solche Spitzenspiele innerhalb von zwei Wochen zu absolvieren.
Zebra:
Die Ambitionen des THW sind immer hoch, doch vom Titel spricht in Kiel keiner. Ist das nach Platz zwei im vergangenen Jahr nicht tiefgestapelt?
Stefan Lövgren:
Seit ich in Kiel spiele, hat das noch niemand ausgesprochen. Natürlich sind wir eine von fünf, sechs Mannschaften, die um die Deutsche Meisterschaft mitspielt. Und natürlich will man immer besser sein als im Jahr zuvor. Aber jeder weiß, wie schnell sich die Vorzeichen ändern können. Und deswegen wird auch niemand etwas anderes sagen und vom Titel sprechen.
Zebra:
Wo liegt nach zig Meistertiteln in der Bundesliga für Dich noch die Herausforderung?
Stefan Lövgren:
Genau die gleiche Antwort: Jeder weiß, wie schnell sich die Vorzeichen im Sport ändern können. Die Bundesliga ist schnelllebig und von daher stets neu. Im Übrigen: Wenn ich wählen könnte, würde ich meine zwei olympischen Silbermedaillen gegen eine goldene eintauschen und mich in dieser Saison für den Champions League-Titel entscheiden. Aber das kann ich nun mal nicht. Und deswegen wäre ich genauso froh, wenn wir einmal mehr die Meisterschaft gewinnen würden. Das macht keine Unterschiede im Glücksgefühl. Allerdings sollte jeder im Kopf haben, dass auch ein zweiter Platz als Erfolg zu werten ist, so wie der des THW Kiel in der vergangenen Saison oder der deutschen Nationalmannschaft in Athen.
Zebra:
Und trotzdem haderst Du immer wieder mit Deinen olympischen Silbermedaillen...
Stefan Lövgren:
Normalerweise nicht. Aber insbesondere in der Zeit von Olympia denkt man immer wieder daran, diese Chance auf den größten Sieg für einen Sportler verpasst zu haben. Solch eine Chance bekommt man vielleicht nur einmal im Leben - ich hab sie gleich zweimal nicht genutzt... Trotzdem bin ich sehr stolz auf meine Silbermedaillen, ärgere mich aber hin und wieder noch ein kleines bisschen...
Zebra:
Zurück zum aktuellen Geschehen. Keine Fokussierung auf einen der drei Wettbewerbe?
Stefan Lövgren:
Nein, denn das ist unmöglich. Man kann sich nicht verstärkt auf die Champions League konzentrieren und die Bundesliga schleifen lassen. Das funktioniert nicht. Alles geht Hand in Hand.
Zebra:
Welchen Anspruch stellst Du an Dich selbst?
Stefan Lövgren:
Die eigene Gesundheit steht für mich im Vordergrund. In erster Linie möchte ich nach drei Jahren mit stetigen Verletzungssorgen endlich wieder konstant auf einem körperlich guten Niveau spielen und diese Form über eine längere Phase halten. Zurzeit fühle ich mich endlich wieder fit.
Zebra:
Titel sind also nicht mehr entscheidend?
Stefan Lövgren:
Nein, denn ich denke, meinen persönlichen Erfolg kann ich eigentlich nicht in Titeln messen. Wie gesagt, wir alle wissen, wie schnell etwas passieren kann und wie schwer es anschließend wieder ist, Anschluss zu finden.
Zebra:
Der THW Kiel verjüngt sich zunehmend und Du bist neben Klaus-Dieter Petersen inzwischen der älteste Spieler in der Zebraherde. Der Kapitän als weiser Kopf der Mannschaft?
Stefan Lövgren:
Das ist wohl ein normaler Gang in jeder Mannschaft. Jedes Team muss in gewissen Zeitabständen verjüngt werden und das sollte man mit Cleverness tun, so wie es der THW Kiel tut. Und einer muss ja der Älteste sein... Aber erst die gesunde Mischung macht's, Routine gehört auch dazu. Im Übrigen können wir Älteren auch vom neuen Elan und dem hohen Tempo der Jüngeren profitieren. Und das ist genauso wichtig.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", das Gespräch führte Sascha Klahn für living sports)


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