25./26.05.2005 - Letzte Aktualisierung: 26.05.2005 | Bundesliga |
Update #3 | KN-Bericht und KN-Kommentar ergänzt |
Die Klubs müssten nun in der Regionalliga einen Neuanfang wagen, allerdings besteht für die Vereine die Möglichkeit, binnen einer Woche beim Vorstand des Deutschen Handball-Bundes (DHB) gegen die Entscheidung zu intervenieren. Letzte Instanz ist das Ständige DHB-Schiedsgericht. "Unser Vorstand wird die Einsprüche so schnell als möglich bearbeiten. Die Richter des Schiedsgerichts werden wir um zügige Entscheidung bitten. Spätestens am 30. Juni muss Klarheit herrschen, wer in der neuen Saison in den Bundesligen spielt, damit alle Beteiligten Planungssicherheit haben", erklärte HBL- Geschäftsführer Frank Bohmann gegenüber der dpa. "Das Verfahren wurde ohne Rücksicht auf Namen, Marken oder Tradition durchgeführt. Alle wurden gleich behandelt. Es bleibt uns nicht anderes übrig, die Liga kurz- oder langfristig auf gesunde Beine zu stellen", sagte Bohmann.
Sollte es bei den Lizenzverweigerungen bleiben, wäre dies ein Novum in der Handball-Bundesliga. Bisher haben Bundesliga-Vereine stets aus eigenem Antrieb aufgrund finanzieller Schwierigkeiten den Rückzug angetreten, so etwa der PSV Hannover (1982/83), der TSV Milbertshofen (1992/93), der OSC Rheinhausen (1997/98) und der TV Niederwürzbach (1998/99). Vor fünf Jahren drohte mit dem VfL Gummersbach erstmals einem Traditionsverein der Lizenzentzug, ein Votum des DHB-Präsidiums rettete damals den Rekordmeister.
"Die Lizenzerteilung für alle anderen Klubs ist teilweise mit Bedingungen und/oder Auflagen verbunden", teilte die HBL am Morgen mit. Welche Klubs welche Auflagen erhalten haben, wurde nicht mitgeteilt. Die Anträge der Aufsteiger in die 2. Bundesliga wurden noch nicht abschließend behandelt.
Der Zweitligist Füchse Berlin erhält keine Lizenz nicht aufgrund wirtschaftlicher Schieflage sondern wegen versäumter Fristen, hieß es am Morgen in Berlin. Auch die Berliner prüfen, ob ein Widerspruch erfolgreich sein kann und leiteten bereits die ersten Schritte ein.
Auch TuSEM Essen will gegen die Entscheidung vorgehen. Nur 18 Tage nach dem umjubelten Gewinn des europäischen EHF-Pokals versetzte der negative Lizenzentscheid der Handball-Bundesliga (HBL) den Traditionsclub in einen Schockzustand. Seine Verärgerung konnte TuSEM-Manager Klaus Schorn am Mittwoch nur mühsam verbergen. "Wir müssen nun erst die Begründung abwarten, erst dann können wir reagieren. Ich möchte nicht den juristisch tätigen Leuten vorweggreifen. Aber bis jetzt war ich immer der Meinung, dass man Dinge im Sport auf einer fairen Grundlage regelt", sagte er der dpa.
Noch immer ist es den Essenern nicht gelungen, überlebensnotwendige neue Sponsoren zu gewinnen. Die Zahlungsunfähigkeit des bisherige Hauptsponsor Weinerplan hatte den Club in Schwierigkeiten gebracht. Als der Geldgeber vor gut drei Wochen seine letzte Frist zur Zahlung der zugesicherten zwei Millionen verstreichen ließ, spitzte sich die Krise zu. Zusammen mit Kiel, Großwallstadt und Gummersbach zählt der dreimalige deutsche Meister zum Urgestein der Bundesliga und ist im 25. Jahr erstklassig. Der TuSEM ist Essens zweitgrößter Sportverein mit knapp 3 000 Mitgliedern (Handballabteilung ca. 500) und das sportliche Aushängeschild der Ruhrmetropole.
Noch können sich also die sportlichen Absteiger, die von den Lizenzverweigerungen profitieren, nicht sicher sein.
"Bisher hat die Liga immer einen Schleichweg gefunden, um keinem finanziell angeschlagenen Verein die Lizenz zu entziehen. Dass es jetzt so brutal durchgefahren wird, das überrascht schon", sagte Pfullingens Geschäftsstellenleiter Erich Schwabold der dpa. "Aber wenn die Statuten etwas wert sein sollen, dann müssen sie auch angewendet werden."
Durch den möglichen Verbleib in der obersten Spielklasse haben die Pfullinger bessere Perspektiven. 2006 steht der Umzug in die neue Stuttgarter Ballspielhalle an, der sich jedoch nur bei attraktiven Erstliga-Begegnungen auszahlt. Nationalspieler Björn Navarin hat bereits signalisiert, dem Verein treu zu bleiben.
Unverständnis über den Lizenzentzug äußerte der Finanzchef der SG Willstätt/Schutterwald, Reiner Lusch. "Ich kann mir das nicht vorstellen und will erst noch die schriftliche Begründung abwarten. Wir werden auch jeden Fall Rechtsmittel einlegen", sagte Lusch. Die Spielgemeinschaft aus der Ortenau sollte sich zum Saisonende nach 5 Jahren ohnehin auflösen, da weder der TV Willstätt, noch Schutterwald an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert waren.
(Von Olaf Nolden - mit Material von dpa - aus www.handball-world.com)
Hier die Pressemeldung der HBL:
Lizenz erhalten:
Die Anträge der Aufsteiger in die 2. Bundesliga wurden noch nicht abschließend behandelt.
(Pressemeldung der HBL)
Aus den Kieler Nachrichten vom 26.05.2005:
Außerdem wurde den Zweitligisten Reinickendorfer Füchse (Nord) und SG Willstätt-Schutterwald sowie SG Werratal (beide Süd) die Spielerlaubnis für die kommende Spielzeit verwehrt. Das entschied der achtköpfige Liga-Vorstand der Handball-Bundesliga Männer (HBL) auf seiner Sitzung in Hamburg. Allen Klubs droht die Zurückstufung in die Drittklassigkeit. "Es bleibt uns nicht anderes übrig, als die Liga kurz- oder langfristig auf gesunde Beine zu stellen", sagte Bundesliga-Geschäftsführer Frank Bohmann. Kiels Manager Uwe Schwenker meinte: "Es war zwingend notwendig zu handeln, um die sportliche und wirtschaftliche Zukunft zu sichern. Einige sind mit Vollgas gegen die Wand gefahren."
Gegen die Entscheidung können die Vereine innerhalb einer Woche Beschwerde beim Bundesliga-Vorstand einlegen. Dies haben Essen und Wallau bereits angekündigt. Letzte Instanz ist das Ständige DHB-Schiedsgericht. Ein Gang vor ein Ordentliches Gericht ist nach dem Lizenzvertrag der Bundesligisten nicht möglich.
Im Falle eines Ausschlusses von Essen und Wallau blieben der Tabellen-16. GWD Minden und Tabellen-17. VfL Pfullingen in der Bundesliga. Aufsteiger neben den Zweitliga-Meistern MSG Melsungen-Böddiger (Süd) und Concordia Delitzsch (Nord) wäre der Sieger aus der Relegation der Zweitliga-Zweiten SG Kronau-Östringen gegen Eintracht Hildesheim. Der Sieger nähme den Platz von Post Schwerin ein.
Seit Einführung des Lizenzierungsverfahrens gab es noch nie einen Lizenz-Entzug. Der PSV Hannover (1982/83), TSV Milbertshofen (1992/93), OSC Rheinhausen (1997/98) und TV Niederwürzbach (1998/99) traten aus wirtschaftlichen Gründen während oder nach der Saison den Rückzug aus der Bundesliga an. 2000 stand Gummersbach vor dem Aus, ein Votum des DHB-Vorstandes rettete den Rekordmeister.
Darauf hofft auch Essen. Der dreimalige deutsche Meisterund Pokalsieger, der erst am 7. Mai im Finale gegen den SC Magdeburg den EHF-Pokal gewonnen hatte, kam finanziell in die Bredouille, da ein Sponsor (Weinerplan) die vertraglich zugesicherten Gelder in Höhe von 2,77 Millionen Euro nicht zahlte. "Wenn solche Zusagen nicht eingehalten werden, kommt alles ins Wanken", sagte Vereinsboss Klaus Schorn.
Der zweimalige Meister SG Wallau-Massenheim, mit rund 1,4 Millionen Euro verschuldet, hat den Spielern Teilzahlungen der ausstehenden Gehälter bis zum 27. Mai zugesagt. Am 1. April hatte der Klub beim Finanzamt Hofheim Antrag auf Insolvenz gestellt. Dort ist er mit 150 000 Euro im Rückstand. Die Wallauer, die mit der Gründung einer neuen GmbH versuchten, die Forderungen für den Erhalt der Lizenz noch zu erfüllen, wollen nicht aufgeben: "Wir werden notfalls den ganz harten Weg gehen", so Trainer Martin Schwalb.
(Aus den Kieler Nachrichten vom 26.05.2005)
Aus den Kieler Nachrichten vom 26.05.2005:
Mit Essen und Wallau trifft es Traditions- und Großstadtklubs, in Schwerin schlägt das Handballherz ebenfalls laut. Eine Woche ist Zeit für Nachbesserungen. Sollte es bei den Verweigerungen bleiben, hätten vor allem die handelnden Personen Schuld. Michael Krieter steht für die Bruchlandung Schwerins, in Wallau verdarben mehrere Köche den Brei, und der dreifache deutsche Meister Essen zerbrach am Größenwahn seines Alleinherrschers Klaus Schorn. Der mittlerweile über 70-Jährige wollte weiter im Konzert der Großen mitspielen, obwohl ihm der Hauptsponsor Post von der Fahne gesprungen war. So ließ Schorn dem seriösen Partner eine undurchsichtige Privatperson folgen, die versprach, 2,7 Millionen Euro in den Klub pumpen zu wollen. Aus der Pipeline kam nur heiße Luft, ein Traditionsklub stirbt.
Der Fall bedeutender Klubs richtet gewaltigen Imageschaden für den Handball an. Dabei ist der Skandal hausgemacht. Jahrelange Wurschtelpolitik unter der Ägide des einstigen Ligachefs Heinz Jacobsen (Kiel), basierend auf persönlichen Seil- und Freundschaften, machten den Lizenz-GAU möglich. Jetzt räumt die Liga auf. Es droht ein schmerzhafter Prozess. Aber: Die Liga wird ihrer wirtschaftlichen Verantwortung für eine gesicherte Zukunft gerecht.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 26.05.2005)
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