Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 02.06.2005:
Seit zwölf Jahren zieht
Uwe Schwenker hinter
den Kulissen die Fäden
beim THW Kiel. Der
ehemalige Linksaußen der
Nationalmannschaft hat
großen Anteil daran, dass
die Zebras in dieser Zeit
insgesamt 14 Titel
gewannen. Sein Verdienst
ist es auch, dass der THW
Kiel stets im Sportteil der
Zeitung auftauchte und
nicht, wie andere
Bundesligisten, durch
unseriöse Finanzpolitik im
Wirtschaftsteil.
- Zebra-Journal:
-
Ihr Trainer, Noka Serdarusic,
ist kein Freund von aus
schweifenden Meisterfeiern.
Wie haben Sie die Party er
lebt?
- Uwe Schwenker:
-
So extrem wie mein Trainer
bin ich zwar nicht. Aber ich
freue mich auch lieber im
Stillen. Wir haben im kleinen Kreis in der Kabine mit
einem Glas Rotwein angestoßen. Beim Autokorso
war ich nicht dabei. Ich bin
lieber mit dem Taxi zum
Rathaus gefahren. Die Party sollen die Spieler nutzen.
Sie mussten viele Entbehrungen hinnehmen, auf
vieles verzichten. So eine
Feier ist ein gutes Ventil.
- Zebra-Journal:
-
Der THW Kiel verlor auf dem
Weg zur achten Meisterschaft nur zwei Spiele, gab
lediglich sechs Punkte ab.
Hätten Sie mit einem solchen
Husarenstück gerechnet?
- Uwe Schwenker:
-
Nein. Ich war mir vor der
Saison sicher, dass am Ende zwischen dem ersten
und dem fünften Platz maximal sechs Punkte liegen
würden. Die Spitze in der
Bundesliga ist breiter geworden. In diesem Jahr hat
für uns aber alles gepasst.
Ich würde auch wieder sagen, dass es in der nächsten
Saison an der Spitze ganz
eng wird.
- Zebra-Journal:
-
Mit Wallau, Essen und
Schwerin wurden nun gleich
drei Bundesligisten die Lizenzen entzogen. Ein überfälliger Schritt?
- Uwe Schwenker:
-
Es gab zu dieser Entscheidung keine Alternative.
Wir müssen für mehr Seriosität in der Liga sorgen.
Schließlich rückt der
Handball immer stärker in
den Fokus der Öffentlichkeit. Davon profitieren alle
Klubs. Bei einigen Vereinen klaffen Anspruch und
Fähigkeiten aber noch weit
auseinander. Es läuft da,
wo es klare Strukturen
gibt. Es freut mich, dass
beispielsweise Traditionsklubs wie FA Göppingen
oder TV Großwallstadt
wieder auf einem guten
Weg sind.
- Zebra-Journal:
-
Vier Spieler verlassen den
Verein, vier kommen hinzu.
Dadurch wird der kleine Kader nicht größer, oder?
- Uwe Schwenker:
-
Das stimmt. Um eine reelle
Chance zu haben, Champions League und Meister
schaft zu gewinnen, müssten wir noch zwei Top-Leute holen. Das können wir
uns aber nicht leisten. Problematisch ist auch, dass
gerade die Belastung für
Top-Leute besonders hoch
ist, spielen sie doch alle
auch noch in ihrer Nationalmannschaft. Die Quantität unseres Kaders hat
sich nicht verändert, aber
die Qualität hat sich schon
erhöht. Gegen spanische
Klubs die Champions League zu gewinnen, wird aber
immer extrem schwierig
bleiben.
- Zebra-Journal:
-
Welche Vorteile haben die
Spanier, die der THW Kiel
nicht hat?
- Uwe Schwenker:
-
Spitzenklubs wie Ciudad
Real oder der FC Barcelona
haben einen viel größeren
Kader als wir. Außerdem
werden sie in der Liga nur
in einigen Spielen wirklich
gefordert. Während wir
auch gegen die so genannten "Kleinen" auswärts
nur mit unseren besten
Leuten gewinnen, reicht
Ciudad und Barca im Alltag die zweite Besetzung.
Spielen wir gegen die, sind
wir müde und die ausgeruht. Ich würde gerne ein
mal erleben, was passiert,
wenn wir mit unserer
Mannschaft in der spanischen Liga spielen und
Barca in der Bundesliga.
Dann würden die Spiele
gegen Barcelona vielleicht
ein anderes Ende haben.
Klar ist aber, dass wir alle
im Verein dieses Ziel haben
- wir wollen endlich die
Champions League gewinnen.
- Zebra-Journal:
-
In diesem Jahr hat es nicht
geklappt. Dem THW fehlte im
Viertelfinale gegen den FC
Barcelona mal wieder nur ein
einziges Tor. Sind Sie mit der
Schale in der Hand nun ganz
froh, dass Ihnen in diesem
Wettbewerb weitere Strapazen erspart blieben?
- Uwe Schwenker:
-
Eines ist ganz klar: Hätten
wir Barcelona geschlagen,
wären wir nicht Meister
geworden. Die Belastung,
in der Champions League
möglicherweise sogar zwei
weitere Runden zu spielen,
wäre für unsere Mannschaft zu viel gewesen.
- Zebra-Journal:
-
Bundesliga und Champions
League zwingen dem THW
Kiel Spiele im Drei-Tage-Rhythmus auf. Wäre es des
halb sinnvoll, angesichts des
engen Terminkalenders, die
Liga um zwei Vereine zu reduzieren?
- Uwe Schwenker:
-
Für den THW Kiel macht
das überhaupt keinen Sinn.
Wir würden zwei Heim
spiele mit jeweils 10.000
Zuschauern verlieren -
dann müssten wir auf zwei
weitere Top-Leute verzichten, weil wir sie nicht mehr
bezahlen könnten.
- Zebra-Journal:
-
Für die nächste Saison haben
Sie zwei Schweden, einen
Franzosen und einen Slowenen verpflichtet. Muss es für
den THW Kiel als Aushängeschild des deutschen Handballs nicht Ziel sein, deutsche
Spieler zu verpflichten?
- Uwe Schwenker:
-
Natürlich. Aber vor der
Nationalität muss bei unseren Ansprüchen erst ein
mal die Qualität stehen.
Gibt es zwei gleichstarke
Kandidaten und einer davon ist ein Deutscher, versuchen wir auch, den zu bekommen. Bei Florian Kehrmann, Pascal Hens und
Torsten Jansen beispielsweise haben wir es ja auch
versucht. Allerdings ohne
Erfolg. Wichtiger als die
Nationalität ist doch auch,
ob der Spieler ein Typ ist,
der zu uns passt. Mit dem
sich die Fans identifizieren
können, der sich langfristig
an uns bindet.
(Das Gespräch führten Reimer Plöhn und Wolf Paarmann, aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 02.06.2005)