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03.06.2005 Interview

Schwenker im Zebra-Journal-Interview: "Hätten wir Barcelona besiegt, wären wir nicht Meister geworden"

Manager Uwe Schwenker träumt aber weiter vom ersten Sieg in der Champions League

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 02.06.2005:

Seit zwölf Jahren zieht Uwe Schwenker hinter den Kulissen die Fäden beim THW Kiel. Der ehemalige Linksaußen der Nationalmannschaft hat großen Anteil daran, dass die Zebras in dieser Zeit insgesamt 14 Titel gewannen. Sein Verdienst ist es auch, dass der THW Kiel stets im Sportteil der Zeitung auftauchte und nicht, wie andere Bundesligisten, durch unseriöse Finanzpolitik im Wirtschaftsteil.
Zebra-Journal:
Ihr Trainer, Noka Serdarusic, ist kein Freund von aus schweifenden Meisterfeiern. Wie haben Sie die Party er lebt?
Uwe Schwenker:
So extrem wie mein Trainer bin ich zwar nicht. Aber ich freue mich auch lieber im Stillen. Wir haben im kleinen Kreis in der Kabine mit einem Glas Rotwein angestoßen. Beim Autokorso war ich nicht dabei. Ich bin lieber mit dem Taxi zum Rathaus gefahren. Die Party sollen die Spieler nutzen. Sie mussten viele Entbehrungen hinnehmen, auf vieles verzichten. So eine Feier ist ein gutes Ventil.
Zebra-Journal:
Der THW Kiel verlor auf dem Weg zur achten Meisterschaft nur zwei Spiele, gab lediglich sechs Punkte ab. Hätten Sie mit einem solchen Husarenstück gerechnet?
Uwe Schwenker:
Nein. Ich war mir vor der Saison sicher, dass am Ende zwischen dem ersten und dem fünften Platz maximal sechs Punkte liegen würden. Die Spitze in der Bundesliga ist breiter geworden. In diesem Jahr hat für uns aber alles gepasst. Ich würde auch wieder sagen, dass es in der nächsten Saison an der Spitze ganz eng wird.
Zebra-Journal:
Mit Wallau, Essen und Schwerin wurden nun gleich drei Bundesligisten die Lizenzen entzogen. Ein überfälliger Schritt?
Uwe Schwenker:
Es gab zu dieser Entscheidung keine Alternative. Wir müssen für mehr Seriosität in der Liga sorgen. Schließlich rückt der Handball immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. Davon profitieren alle Klubs. Bei einigen Vereinen klaffen Anspruch und Fähigkeiten aber noch weit auseinander. Es läuft da, wo es klare Strukturen gibt. Es freut mich, dass beispielsweise Traditionsklubs wie FA Göppingen oder TV Großwallstadt wieder auf einem guten Weg sind.
Zebra-Journal:
Vier Spieler verlassen den Verein, vier kommen hinzu. Dadurch wird der kleine Kader nicht größer, oder?
Uwe Schwenker:
Das stimmt. Um eine reelle Chance zu haben, Champions League und Meister schaft zu gewinnen, müssten wir noch zwei Top-Leute holen. Das können wir uns aber nicht leisten. Problematisch ist auch, dass gerade die Belastung für Top-Leute besonders hoch ist, spielen sie doch alle auch noch in ihrer Nationalmannschaft. Die Quantität unseres Kaders hat sich nicht verändert, aber die Qualität hat sich schon erhöht. Gegen spanische Klubs die Champions League zu gewinnen, wird aber immer extrem schwierig bleiben.
Zebra-Journal:
Welche Vorteile haben die Spanier, die der THW Kiel nicht hat?
Uwe Schwenker:
Spitzenklubs wie Ciudad Real oder der FC Barcelona haben einen viel größeren Kader als wir. Außerdem werden sie in der Liga nur in einigen Spielen wirklich gefordert. Während wir auch gegen die so genannten "Kleinen" auswärts nur mit unseren besten Leuten gewinnen, reicht Ciudad und Barca im Alltag die zweite Besetzung. Spielen wir gegen die, sind wir müde und die ausgeruht. Ich würde gerne ein mal erleben, was passiert, wenn wir mit unserer Mannschaft in der spanischen Liga spielen und Barca in der Bundesliga. Dann würden die Spiele gegen Barcelona vielleicht ein anderes Ende haben. Klar ist aber, dass wir alle im Verein dieses Ziel haben - wir wollen endlich die Champions League gewinnen.
Zebra-Journal:
In diesem Jahr hat es nicht geklappt. Dem THW fehlte im Viertelfinale gegen den FC Barcelona mal wieder nur ein einziges Tor. Sind Sie mit der Schale in der Hand nun ganz froh, dass Ihnen in diesem Wettbewerb weitere Strapazen erspart blieben?
Uwe Schwenker:
Eines ist ganz klar: Hätten wir Barcelona geschlagen, wären wir nicht Meister geworden. Die Belastung, in der Champions League möglicherweise sogar zwei weitere Runden zu spielen, wäre für unsere Mannschaft zu viel gewesen.
Zebra-Journal:
Bundesliga und Champions League zwingen dem THW Kiel Spiele im Drei-Tage-Rhythmus auf. Wäre es des halb sinnvoll, angesichts des engen Terminkalenders, die Liga um zwei Vereine zu reduzieren?
Uwe Schwenker:
Für den THW Kiel macht das überhaupt keinen Sinn. Wir würden zwei Heim spiele mit jeweils 10.000 Zuschauern verlieren - dann müssten wir auf zwei weitere Top-Leute verzichten, weil wir sie nicht mehr bezahlen könnten.
Zebra-Journal:
Für die nächste Saison haben Sie zwei Schweden, einen Franzosen und einen Slowenen verpflichtet. Muss es für den THW Kiel als Aushängeschild des deutschen Handballs nicht Ziel sein, deutsche Spieler zu verpflichten?
Uwe Schwenker:
Natürlich. Aber vor der Nationalität muss bei unseren Ansprüchen erst ein mal die Qualität stehen. Gibt es zwei gleichstarke Kandidaten und einer davon ist ein Deutscher, versuchen wir auch, den zu bekommen. Bei Florian Kehrmann, Pascal Hens und Torsten Jansen beispielsweise haben wir es ja auch versucht. Allerdings ohne Erfolg. Wichtiger als die Nationalität ist doch auch, ob der Spieler ein Typ ist, der zu uns passt. Mit dem sich die Fans identifizieren können, der sich langfristig an uns bindet.
(Das Gespräch führten Reimer Plöhn und Wolf Paarmann, aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 02.06.2005)


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