15.12.2005 | Mannschaft |
Vid Kavticnik: "Ich bin unter einem glücklichen Stern geboren." |
Es soll nicht sein letzter gewesen sein. Kavticnik, der sich erst mit 14 Jahren endgültig für das Handballspielen entschied und darauf hin in Slowenien eine steile Karriere begann und bereits mit 16 Jahren in der Auswahl seines Landes stand, will mehr. "Ich möchte die Champions League am liebsten gleich mehrmals gewinnen und alles mitnehmen, was ein Handballer gewinnen kann", sagt er mit leuchtenden Augen.
Im Sommer wechselte Kavticnik von Gorenje Velenje zum THW Kiel. Statt nach Celje wollte er raus aus Slowenien. "Ich bin geflüchtet", sagt er heute. "Es ist unglaublich, aber wahr: Nach der EM 2004 hat sich mein Leben verändert. Ich bin als junger Bursche in die Titelkämpfe gestartet - und dann solch ein Erfolg. Anschließend war ich ungewollt ein echter Medienstar und der Druck wurde mir einfach zu groß."
Hier in Kiel könne er sich nun bei dem besten Verein der Welt ganz auf das Handballspielen konzentrieren. "Als ich beim ersten Training auf meine neuen Mannschaftskameraden traf, hatte ich das Gefühl, schon fünf Jahre hier sein zu müssen. Das war sehr beeindruckend", erinnert sich Kavticnik noch sehr gut an seine herzliche Begrüßung beim THW. "Dieser Verein und sein Umfeld geben dir die Power und das Gefühl zuhause zu sein."
Seine Heimat Slowenien vermisst er nicht mehr. Seit seiner Jugend ist er es gewöhnt, viel auf Reisen zu sein. "Eines Tages musste ich ja selbständig werden", lacht er. Spätestens in Kiel ist er es geworden. Er muss selbst aufräumen und putzen und hat sogar das Kochen gelernt und Gefallen daran gefunden. Zu seiner Familie hält er zumeist am Telefon oder über den Computer engen Kontakt, eine Satellitenschüssel sorgt seit kurzem zudem für slowenisches Fernsehen. "Ich vermisse es höchstens, slowenisch zu sprechen - und natürlich meine Freude", sagt er in erstaunlich gutem Deutsch.
Sein erstes Wort auf Deutsch war "Kreuzband". Ein eben solcher Riss warf ihn kurz nach der Europameisterschaft 2004 aus allen Höhenflügen - aber nicht aus der Bahn. Mit unbändigem Willen und harter Arbeit schaffte Kavticnik die so schnell kaum für möglich gehaltene Rückkehr in die Nationalmannschaft noch vor den Olympischen Sommerspielen in Athen. "Ich hab's geschafft! Nach dreieinhalb Monaten", sagt er heute noch voller Stolz.
"Diese Verletzung machte mir die verschiedenen Ansichten des Lebens deutlich", erinnert er sich. "Vorher habe ich als 20-Jähriger mein junges Leben in vollen Zügen genossen. Und mit einem Spiel pro Woche war das in Slowenien problemlos möglich. Heute schaue ich voraus und arbeite diszipliniert. Als Handball-Profi hast Du keine Zeit für Parties, das Tempo in unserem Leben ist viel zu hoch."
Stattdessen freut er sich heute über jede freie Minute, die er in Ruhe in seinem neuen Melsdorfer Zuhause vor den Toren Kiels genießen kann. Und sein Lachen hat er nie verloren. "Ich tue, was ich immer machen wollte, spiele beim besten Team der Welt in der Ostseehalle und werde für all das auch noch bezahlt - was kann ich mehr erwarten? Ich bin unter einem glücklichen Stern geboren."
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von Sascha Klahn (living sports))
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