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29./30.11.2005 - Letzte Aktualisierung: 30.11.2005 DHB-Pokal

THW nach dramatischem Pokalkampf gegen Lemgo im Viertelfinale

DHB-Pokal, 4. Runde: 29.11.2005, Di., 20.00: THW Kiel - TBV Lemgo: 40:36 (21:18)
Update #3 Spielbericht der KN, Spielbericht und Stimmen ergänzt...

Kim Andersson - hier gegen Binder und Stephan - traf gegen Lemgo neun Mal.
Klicken Sie zum Vergrößern! Kim Andersson - hier gegen Binder und Stephan - traf gegen Lemgo neun Mal.
Der THW Kiel steht im Viertelfinale des DHB-Pokals. In einem in der zweiten Halbzeit dramatischen Spiel gewannen die Zebras am Dienstag Abend das Spitzenspiel des Achtelfinales gegen den TBV Lemgo mit 40:36 (21:18). Überragende Akteure in einem kampfstarken Kieler Team waren Vid Kavticnik mit 12/4 Toren und Kim Andersson, der neunmal mit unnachgiebiger Wucht ins Lemgoer Tor traf. Auf Seiten des TBV waren Michael Binder und Filip Jicha je sieben Mal erfolgreich.
Gut 9500 Zuschauer in der nicht ganz ausverkauften Ostseehalle rieben sich zunächst verwundert die Augen. Lemgo machte von Beginn an Dampf, legte eine schnelle 6:2-Führung vor (5.). Begünstigt wurde die schnellen Gegentore durch eine in der Rückwärtsbewegung zu langsame THW-Abwehr, die erst nach und nach ins Spiel finden sollte. Da aber Henning Fritz einen guten Tag zwischen den Pfosten erwischt hatte und auf der Gegenseite weder Lichtlein noch der bereits nach zwölf Minuten eingewechselte Zereike Bäume ausreißen konnten, nahmen die Zebras die Zügel wieder fest in die Hand. Fortan bissig wurde in der Abwehr um jeden Ball gekämpft, dem TBV so der Schneid abgekauft. Entgegen kam den Kieler der zum Teil statische Spielaufbau der Ostwestfalen, die oftmals nach dem berühmten "Schema F" zum Torerfolg kommen wollten.

Kim Andersson attackiert Florian Kehrmann.
Klicken Sie zum Vergrößern! Kim Andersson attackiert Florian Kehrmann.
Einzig Kehrmann und Schwarzer sorgten in der ersten Hälfte für Überraschungsmomente. Der THW nutzte die Schwächeperiode, um zunächst durch Kavticnik auszugleichen und in Führung zu gehen (7:6, 9.). Nun regierten die Gastgeber mit fester Hand, ein Doppelschlag von Henrik Lundström und des in er ersten Hälfte überragend Regie führenden Stefan Lövgren brachte beim 13:9 den ersten Vier-Tore-Vorsprung (16.). Kruzfristig schien die von TBV-Trainer Volker Mudrow genommene Auszeit den THW aus dem Tritt zu bringen, doch nach Schwarzers 11:13 ging es fast ausschließlich in Richtung Lemgoer Tor. Kavticniks Heber nach Bodenpass von Lövgren und zwei Tore des Kapitäns sorgten für das 20:14 (25.). Nun durfte auf Seiten der Gäste auch Sebastian Preiß ins Spielgeschehen eingreifen. Sein 16:20 läutete eine fehlerbehaftete Schlussphase der ersten Hälfte ein, in der der TBV noch auf 18:21 verkürzen konnte.

Die zweite Hälfte bot den Zuschauern nun einen dramatischen Verlauf. Sah bis zu Kavticniks Siebenmeter zum 26:22 alles nach einem ruhigeren Abend für den THW-Anhang aus (36.), so änderten die folgenden sechs Minuten dies schlagartig. Auf einmal packte die TBV-Abwehr energischer zu. Davon profitierte Torhüter Jörg Zereike, der in diesem Minuten nicht einmal mehr per Siebenmeter zu
Marcus Ahlm.
Klicken Sie zum Vergrößern! Marcus Ahlm.
überwinden war. Seine Paraden waren der Grundstein, im Angriff traf Daniel Stephan per Doppelschlag und auch Filip Jicha schien nun Zielwasser getrunken zu haben: Plötzlich stand es 26:26, doch Lemgo war längst noch nicht satt: Zwei Tempogegenstöße von Michael Binder brachten die Gäste mit 28:26 in Führung, erst Frode Hagens 107 km/h-Geschoss beendete die Kieler Torflaute. Doch der Qualen für den THW nicht genug: Stefan Lövgren musste - sein Trikot eh schon blutverschmiert - vermutlich mit einer Oberschenkelzerrung verletzt raus - Szilagyi übernahm die Mittelposition. Als sei dies ein Weckruf gewesen, kämpften sich die Zebras zurück in die Partie. Nach Kavticniks 30:30 kam die große Zeit des Kim Andersson. Dieser ging nun immer stärker dorthin, wo es weh tut, war oft nur durch robust bis unfaire Fouls in seinem Vorwärtsdrang zu stoppen. Drei Geschosse mit 117, 105 und 118 Stundenkilometern brachten die Kieler beim 33:31 wieder mit zwei Toren in Führung (51.), die Halle stand nun Kopf.

Marcus Ahlm setzt sich durch.
Klicken Sie zum Vergrößern! Marcus Ahlm setzt sich durch.
Ohrenbetäubend wurde die Unterstützung auch durch zahlreiche fragwürdige Entscheidungen des Schiedsrichtergespannes und das in doppelter Unterzahl durch den einlaufenden Kavticnik erzielte 34:32 (54.). Doch Lemgo war noch immer nicht geschlagen, kam durch Jicha wieder auf ein Tor heran. Einige wichtige Paraden von Mattias Andersson ließen die Waagschale in dieser Phase wieder in Richtung des THW tendieren, Klarheit brachte auch Kavticniks zweiter Treffer aus dem Rückraum nicht. Erst als Kehrmann beim Stand von 38:36 für den THW den Ball an die Unterkante der Lattte drosch und dieser von der Torlinie wieder ins Feld sprang, war die Partie endgültig gelaufen. Stehende Ovationen begleiteten die letzten Sekunden des Spiels, in den Karabatic und Szilagyi zum Endstand von 40:36 trafen. Mit Sprechchören bis weit nach dem Schlusspfiff dankten die Kieler Zuschauer den Zebras für einen kampfstarken Auftritt, bei dem sowohl Kim Andersson als auch Vid Kavticnik ihren bisher wohl beste Leistung im schwarz-weißen Dress attestiert werden konnte.

Henrik Lundström.
Klicken Sie zum Vergrößern! Henrik Lundström.
Am Ende glücklich, aber dennoch nicht unverdient, zogen die Zebras in die nächste Runde ein. Die Auslosung für das DHB-Pokal-Viertelfinale findet am kommenden Dienstag im Rahmen des DSF-Spieles Flensburg - Lemgo statt. In Kiel hofft man vor allem auf ein Heimspiel, bauten die Zebras durch den Triumph gegen Lemgo ihre Serie in der Ostseehalle doch auf nunmehr 5487 Tage ohne Pokal-Niederlage aus.

(Christian Robohm)

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

 

Aus kiel4kiel.de:

THW gewinnt mitreißende Pokalschlacht gegen Lemgo

Die rund 9500 Zuschauer in der nicht ganz ausverkauften Kieler Ostseehalle kamen auch beim zweiten Pokalknüller dieser Saison voll auf ihre Kosten: Nach dem Pokalkrimi gegen Flensburg in der zweiten Runde wurde am Dienstag nun das Starensemble vom TBV Lemgo in einem mitreißenden und dramatischen Spiel mit atemberaubendem Tempo mit 40:36 (21:18) zurück nach Ostwestfalen geschickt. Einen Glanztag erwischte neben dem seit Wochen auftrumpfenden Kim Andersson diesmal auch der andere THW-Linkshänder: Rechtsaußen Vid Kavticnik brillierte mit 12/4 Treffern.

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Noka Serdarusic:
Wir haben in der Ostseehalle bisher noch keine richtig starken Gegner gehabt. Ausnahme war Flensburg im Pokal, gegen die stand es nach 60 Minuten nur unentschieden. Heute haben wir es zumindest geschafft zu gewinnen. Ich bin heute mit meinem Mittelblock nicht so zufrieden, wir haben in der Abwehr insgesamt zu viele leichte Tore zugelassen. Lemgo führte schnell, doch wir haben mit Tempohandball und viel Herz das Blatt gewendet. In der 36./37. Minute haben wir dann in Angriff und Abwehr den Faden verloren, aber mit hohem Tempo haben wir es letztlich geschafft.

[zu den kommenden Aufgaben:] Wir spielen im Dezember gegen 5 Mannschaften, die am Ende der Saison alle oben stehen können. Man wird sehen, wie sich die Mannschaft auswärts gegen die starken Teams schlagen wird.

[zu Kim Andersson:] Den Durchbruch in der Mannschaft hat er geschafft - aber auch, weil Christian Zeitz nicht dabei ist. Aber ich freu mich für ihn, er macht große Fortschritte und spielt ganz anders als am Anfang der Saison. Allerdings ist es immer noch nicht das, was in ihm steckt. Er gibt sich aber Mühe "bis zum geht-nicht-mehr", und wenn Kim so weitermacht, wird er ein richtig wertvoller Spieler für uns in der zweiten Saisonhälfte.

TBV-Trainer Volker Mudrow:
Erst einmal möchte ich Noka und dem THW zum Viertelfinal-Einzug gratulieren. Wir hatten uns heute viel vorgenommen, wollten hier gewinnen und sind dementsprechend engagiert ins Spiel gegangen. Die Zuschauer haben ein mitreißendes Spiel gesehen, das von den Angriffsreihen bestimmt wurde. Das Ergebnis fiel letztlich etwas zu hoch aus, denn das Spiel stand lange Zeit auf des Messers Schneide.

Ich bin insgesamt stolz auf meine Mannschaft, es war eine sehr sehr gute Leistung - wir haben dem THW alles abverlangt. Aber wir müssen noch ein Körnchen mehr geben, um als Sieger von der Platte zu gehen. Zudem haben wir die Überzahlsituationen zum Schluss nicht gut genutzt.

TBV-Manager Fynn Holpert:
Meine Gratulation an den THW. Es wartet bei unserem Umbruch noch viel Arbeit auf uns, wenn wir die "alten Haudegen" ersetzen müssen. Unsere vier Neuzugänge haben sich aber gut integriert, Hallgrimsson hatte heute in der zweiten Halbzeit viele Spielanteile. Wenn die "Alten", unter anderem Markus Baur, wieder zu alter Form zurückfinden, ist mit uns noch zu rechnen.
THW-Manager Uwe Schwenker:
Stefan Lövgren hat sich eine Zerrung an der Rückseite des rechten Oberschenkels zugezogen, die so stark ist, dass er für das CL-Hinspiel am Sonntag in Paris vermutlich ausfallen wird. Aber wir jammern nicht, andere Mannschaften haben vergleichbare Probleme.
TBV-Spieler Daniel Stephan:
Wir waren nah dran, als FLorian Kehrmann den möglichen Anschlusstreffer an den Pfosten warf. Wir waren kämpferisch sehr gut, haben vielleicht die Abwehr etwas vernachlässigt. Wir hätten das Spiel auch mit einem Tor gewinnen können, wenn wir etwas konzentrierter gespielt hätten. Der Trainer hat uns gut eingestellt, das Spiel war bis zum Ende offen. Wir haben zum Schluss versäumt, den Sieg einzufahren.

DHB-Pokal, Achtelfinale: 29.11.05, Di., 20.00: THW Kiel - TBV Lemgo: 40:36 (21:18)

Logo THW Kiel:
Fritz (1.-44. und 1 Siebenmeter, 16 Paraden), M. Andersson (44.-60., 5 Paraden); Linders (n.e.), K. Andersson (9), Lundström (4/1), Kavticnik (12/4), Hagen (2), Lövgren (3), Wagner, Ahlm (3), Szilagyi (2), Karabatic (5); Trainer: Serdarusic
Logo TBV Lemgo:
Lichtlein (1.-11., 1 Parade), Zereike (12.-60., 14 Paraden); Christophersen (2), Stephan (6/1), Preiß (2), Schwarzer (5), Hallgrimsson, M. Ramota, Zerbe (4), Kehrmann (3), Binder (7), Baur, Geirsson, Jicha (7); Trainer: Mudrow
Schiedsrichter:
Damian / Wenz (Bingen/Mainz)
Zeitstrafen:
THW: 3 (2x Szilagyi (52., 57.), K. Andersson (53.)) ;
Lemgo: 5 (2x Ramota (18., 46.), Kehrmann (22.), 2x Jicha (44., 51.))
Siebenmeter:
THW: 6/5 (Zereike hält Kavticnik (40.))
Lemgo: 1/1
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1 (2.), 1:1, 1:2, 1:3 (3.), 2:5 (4.), 2:6, 3:6, 5:6 (6.), 6:6 (8.), 7:6 (9.), 8:7, 9:8 (11.), 10:8, 10:9 (14.), 13:9 (16.), 13:11 (17.), 14:11, 15:11 (19.), 16:12, 16:13 (21.), 17:13, 18:13 (23.), 19:14 (24.), 20:16 (26.), 21:17 (28.), 21:18; ;
2. Hz.: 22:19, 23:19 (32.), 24:22 (34.), 25:22, 26:22 (36.), 26:24 (38.), 26:25, 26:26 (40.), 26:27 (41.), 26:28, 27:28 (43.), 28:29 (46.), 28:30, 29:30 (47.), 30:30, 31:30, 31:30, 31:31 (50.), 32:31, 33:31 (51.), 33:32 (54.), 34:33, 35:33(55.), 36:34 (56.), 37:35, 38:36 (58.), 40:36
Zuschauer:
9500 (Ostseehalle, Kiel)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 30.11.2005:

Ostseehalle ist auch für Lemgo die Endstation

Zweites Drama: Kiel besiegt nach Flensburg nun den TBV mit 40:36 - Lövgren verletzt
Kiel - Schade, dass dieses Spiel nur 60 Minuten dauerte! Die Zuschauer in der Ostseehalle und an den Bildschirmen hätten gerne eine Verlängerung dieses Handball-Krimis zwischen dem THW Kiel und dem TBV Lemgo erlebt. In einem rassigen Achtelfinale um den DHB-Pokal gewannen die Zebras aber ohne Nachspiel mit 40:36 (21:18).

Vor 15 Jahren verlor der deutsche Meister zuletzt ein Pokalspiel in eigener Halle. Da hatte die DDR noch eine eigene Fußball-Mannschaft und Boris Becker verlor im Masters-Halbfinale gegen Andre Agassi. Gestern war Lemgo kurz davor, die eindrucksvolle THW-Serie zu brechen. Erst zwei Minuten vor dem Abpfiff kippte die Waagschale zu Gunsten der Kieler. Sie führten mit 38:36, als Florian Kehrmann die Latte traf. Ballbesitz für Kiel und Nikola Karabatic hämmerte ihn in den Winkel. Aus und vorbei für einen TBV, der unglaublich selbstbewusst im Wohnzimmer der Zebras auftrat. Mit der Erfahrung von mehr als 1100 Länderspielen trumpften Daniel Stephan & Co groß auf.

In einer Partie, in der der Ball mit der Geschwindigkeit einer Flipperkugel von Tor zur Tor flog, lagen die Gäste schnell mit 6:2 vorne. Doch die Kieler, angeführt von einem starken Stefan Lövgren, zeigten keine Nerven. Vor allem Vid Kavticnik und Kim Andersson trafen an diesem denkwürdigen Abend aus allen Lagen. Bitter für die Ostwestfalen, dass mit Carsten Lichtlein und Jörg Zereike beide Torhüter einen rabenschwarzen Start erwischten. Ganz anders ein hellwacher Henning Fritz, der dem THW ein schmales Drei-Punkte-Polster in die Kabine rettete.

Auch nach der Pause boten beide Teams Handball im ICE-Tempo. Kurios das Tor zum 25:22: Marcus Ahlm hechtete in den Kreis und tippte den Ball mit einem Tempo von zwölf Stundenkilometern durch die Beine von Zereike. Als der zwölffache Torschütze Kavticnik schließlich zum 26:22 traf, schien die Partie entschieden. Doch Lemgo steckte nicht auf. Obwohl Nationalmannschafts-Kapitän Markus Baur gar nicht spielte und Volker Zerbe mit einer Zerrung das Feld räumte, kamen die Gäste zurück.

Zereike wachte auf, hielt 14 Bälle und seinen Kollegen nun den Rücken frei. Kiel warf sechs Minuten lang kein Tor und Lemgo führte plötzlich 28:26 (42.).

Kiel musste nun auf Lövgren verzichten, der mit einer schweren Zerrung im Oberschenkel auf die Bank humpelte. Laut THW-Arzt Detlev Brandecker wird der 34-Jährige auch im Champions-League-Achtelfinale in Paris am Sonntag fehlen. "Da sehe ich keine Chance."

Erst ein Gewaltwurf von Frode Hagen beendete die Kieler Torflaute und riss die 9500 begeisterten Zuschauer endgültig von den Sitzen. Im Tor stand nun Mattias Andersson, der wichtige Bälle hielt. Und im Angriff war es immer wieder der famose Kavticnik, der die Kieler jubeln ließ. Sensationell sein Treffer zum 34:32, als er sich in doppelter Unterzahl in den Rücken der TBV-Abwehr schlich und einen schönen Pass von Henrik Lundström verwandelte. Minutenlang stand die Partie nun auf der Kippe - bis Kehrmann die Latte traf. "Am Ende hat uns vielleicht die Routine von Zerbe gefehlt", zog TBV-Manager Fynn Holpert aber seinen Hut vor der starken Kieler Mannschaft. "Schade. Wir hätten die Color-Line-Arena gerne einmal von innen gesehen." Im Hamburger Handball-Tempel findet seit Jahren das Final-Four um den DHB-Pokal statt. Bisher ohne Lemgo. Vielleicht aber wieder mit einem THW Kiel, dem jetzt noch ein Sieg fehlt.

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 30.11.2005)


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