Aus den Kieler Nachrichten vom 13.03.2006:
Kiel - Das Datum stimmt fast auf den Tag genau: Vor einem Jahr lag
Mattias Andersson
noch im Krankenbett einer Münchner Spezialklinik. Der zweite Bandscheibenvorfall hatte seinerzeit
sogar das Sitzen auf der Tribüne unmöglich gemacht. Der 27-Jährige entschied sich damals gegen eine
erneute Operation und für den konservativen Weg: Medikamente und Krankengymnastik sollten helfen.
Heute sprechen nicht nur 29 Paraden im
Melsungen-Spiel dafür, dass
Andersson die richtige Wahl getroffen hat. Ein "Ja" lässt sich der
Torhüter allerdings erst abringen, nachdem er dreimal kräftig auf Holz geklopft hat. Sportler und
die Gesundheit - das ist auch für
Andersson ein heikles Thema. "Wer so
etwas erlebt hat, möchte nur eines - es nicht noch einmal erleben."
Diese Angst lässt bei ihm keinen Schlendrian zu: Täglich sorgt er mit speziellen Übungen für
seine Entspannung sowie die Stärkung von Bauch und Rücken. Der Lohn für seine eiserne Disziplin
sind Spiele wie gegen Melsungen. Ob
Andersson nun 25, 29 oder 30 Bälle
gehalten hat - darüber stritten sich die Gelehrten ohne Ergebnis. Schließlich ist die Frage, was
eigentlich eine Parade ist, nicht leicht zu beantworten. Im Regelwerk ist beispielsweise eine
Doppelparade nur als eine zu berechnen. Szenen wie die in der 33. Minute des Melsungen-Spiels: Da
scheiterte Marcus Hock an
Andersson, der Abpraller landete bei Ivan
Brouko, und der am Boden liegende Schwede rappelte sich blitzschnell auf, um auch dessen Wurf zu
halten. "Ich zähle den Ball als gehalten, wenn ich mich anstrengen muss, um ein Tor zu verhindern",
meinte
Andersson. Bälle, die von der Abwehr geblockt werden, um dann
kraftlos in seine Richtung zu kullern, zähle er nicht. Also 29 Paraden.
"Gegen Melsungen hat einfach alles geklappt", ließ sich der Fan des englischen Fußball-Klubs
Manchester United auch von neun Trommlern hinter seinem Tor nicht irritieren. "Wir konnten schießen
wie die Ochsen", staunte auch Petr Hruby. "Er wusste immer, wo meine Hände sind. Ein kleiner Fehler
von mir und das Tor war zu." Sechsmal scheiterte der Kreisläufer, der für Tschechien immerhin 106
Länderspiele bestritt, freistehend an Andersson. "Wir hatten uns
vorgenommen, die Bälle hoch zu werfen. Aber er hat den Braten gerochen." Hohe Bälle, das hatten die
Melsunger als seinen Schwachpunkt ausgemacht. "Egal, was sich die Schützen vornehmen - unter Druck
werfen alle in ihre Lieblingsecke", weiß Andersson, der immer richtig
stand - in der Lieblingsecke.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 13.03.2006)