20.05.2006 | Karlchens Einwurf |
Seit nun einem Jahr ist das Oberhaupt der katholischen Kirche ein Deutscher, Joseph Ratzinger, jetzt Benedikt XVI. Zwar sagte er in seiner Jugend, Sport sei Folter, ist höchstens dem Bergwandern zugetan, und Kenner des Vatikans vermuten sogar, dass er aus Zeitmangel das verordnete Trimmrad vernachlässigt. Und auch seine theoretischen Kenntnisse des Sports sind eher minimal (bei einem Treffen mit Pele fragte der Papst das Fußball-Idol "Ach, und sie sind Brasilianer...?").
Doch hat er Wachrüttelndes zum Thema Sport und Ball beigetragen. 1982, als Erzbischof von München und Freising, äußerte er sich zur Bedeutung des Spiels. Zwar ging es damals um Fußball, aber das von ihm Gemeinte gilt gleichermaßen für den Handball. Er erinnerte damals an die Spiele in Rom, an "panem et circensis", und wie es komme, dass das Spiel mit gleicher Wichtigkeit neben das Brot tritt. Für ihn ist das Spiel "das Heraustreten aus dem versklavenden Ernst des Alltags". Man tut etwas, was nicht sein muss, nicht zum Lebensnotwendigen gehört und allein darum schon schön ist. Mir fällt dazu eine nette irische Weisheit ein: Wenn Du noch zwei Pfennige hast, so geben einen für Brot aus und den anderen für eine Rose.
Ich denke, Noka werden die weiteren Worte des Papstes freuen, denn für den ist Spiel und Sport eine Einübung ins Leben. Der Mensch muss sich selbst in Zucht nehmen, durch Training muss er seinen Körper beherrschen und dadurch wieder Überlegenheit erlangen. Diese Überlegenheit schenkt ihm wiederum Freiheit. Das Mannschaftsspiel zwingt den Einzelnen zur Einordnung ins Ganze. Wir aber als Zuschauer und Fans identifizieren uns durch das Zusehen mit Spiel und Spielern und werden dadurch an deren Ernst und Freiheit beteiligt.
Letztlich ist das Spiel für den Papst die Überschreitung des Lebens in Richtung des verlorenen Paradieses, es geht darum, die Disziplin der Freiheit zu suchen. Ist doch schön durch die Worte des Papstes über den Sport und das Handballspielen nicht nur als eine Art Summe von Schweiß, Muskeln und Ehrgeiz nachzudenken, sondern auch als eine geistige Übung. Tja - ihr Spieler, ihr seid also nicht nur Sportler und Kämpfer, sondern auch Träger einer Philosophie. Wer hätte das gedacht?
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)
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