Aus den Kieler Nachrichten vom 17.07.2006:
Hohwacht - Am Freitag spielte Bundestrainer Heiner Brand bei der
Gruppenauslosung für die Handball-WM 2007
im eigenen Land noch die "Glücksfee". Brasilien, Argentinien und Polen
landeten zusammen mit Deutschland in der Vorrundengruppe C. Eine lösbare
Aufgabe. Gestern entspannte sich der 53-Jährige mit einer Partie Golf
beim THW Kiel in Hohwacht. Brand sprach mit den Kieler Nachrichten
über deutsche WM-Aussichten.
- Kieler Nachrichten:
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Trotz Ihrer Rückenoperation vor ein paar Jahren und der Hüftschmerzen,
über die Sie zuletzt klagten - klappt es noch mit dem Golfschwung?
- Heiner Brand:
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Besser als ich dachte. Uwe Schwenker hatte
mich schon vor längerer Zeit eingeladen, ich habe gerne angenommen,
hatte viel Spaß und vor allem keine Schmerzen.
- Kieler Nachrichten:
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Bei der Auslosung gab es einige Pannen. Schlimm, oder haken Sie diese
als gutes Omen für die WM ab?
- Heiner Brand:
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Da ist leider nicht alles glatt gelaufen, aber auf gewisse technische
Fehler hatte der DHB keinen Einfluss. So ist beispielsweise der
Computerbereich eingebrochen, weil über 150 000 Leute per Liveticker
dabei sein wollten. Ich werte es positiv, weil so viele Leute an
Handball interessiert sind.
- Kieler Nachrichten:
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Wie haben Sie die Fußball-WM verfolgt und welche Eindrücke haben Sie
mitgenommen?
- Heiner Brand:
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Beim deutschen Spiel in München gegen Schweden war ich selbst dabei.
Ein sehr schönes Erlebnis. Ansonsten habe ich viele Spiele vor dem
Fernseher verfolgt. Die Atmosphäre hat mich begeistert, sehr positiv
war vor allem, wie sich Deutschland dargestellt hat als fröhliches
und feierndes Volk ohne jegliche Aggressivität. Was Franz Beckenbauer
anpackt, gelingt eben immer zu 100 Prozent, der Kaiser hat sogar für
tolles Wetter gesorgt. Uwe Schwenker hat
vorgeschlagen, dass wir Beckenbauer bei der Handball-WM auf die
deutsche Bank setzen sollten. Keine schlechte Idee.
- Kieler Nachrichten:
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Rechnen Sie denn auch ohne den Kaiser auf der Bank mit einem
erfolgreichen Abschneiden Ihrer Mannschaft?
- Heiner Brand:
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Wir müssen uns nicht verstecken. Das Team hat bei der
EM mit dem fünften Platz gezeigt, was es
drauf hat. Eine Niederlage gab es nur gegen Europameister Frankreich.
2007 kommen die bisher verletzten Velyky und Baur dazu, dadurch
werden wir noch stärker. Ich bin mir sicher, dass wir an guten
Tagen alle Mannschaften schlagen können - auch weil wir den Heimvorteil
im Rücken haben. Ich hoffe, die Fans machen ein ähnliches Fest aus
dieser WM wie beim Fußball. Für Trainer und Spieler ist es jedenfalls
eine einmalige Chance, die WM im eigenen Land zu haben. Wir sollten
uns dieser Tatsache bewusst sein und uns entsprechend auf das Ereignis
einstellen.
- Kieler Nachrichten:
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Kann der Handball von der Fußball-WM und der Klinsmann-Methodik lernen
und einige Dinge mitnehmen in die eigene WM?
- Heiner Brand:
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Fußball ist natürlich nicht 1:1 auf Handball übertragbar. Das sind andere
Dimensionen. Aber die Fröhlichkeit der Fans, die jetzt leichter mit
Schwarz-Rot-Gold in die Hallen kommen werden, könnte hilfreich sein.
Neuerungen, die Jürgen Klinsmann im DFB eingeführt hat, sind dagegen
bei uns längst Alltag. Handball lebt schon immer vom Teamgeist, auch
sind Sportpsychologen bei uns nichts Neues. Die deutsche Elf hat bei
der WM vor allem wegen ihrer Fitness so überzeugt, das war Klinsmanns
Verdienst. Aber auch in diesem Bereich haben wir keinen Nachholbedarf.
- Kieler Nachrichten:
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Wegen des hohen Ausländeranteils in der Bundesliga können Sie deutsche
Spieler nur aus einem kleinen Kreis rekrutieren. Sie fordern ein Umdenken
der Vereine. Gibt es Fortschritte?
- Heiner Brand:
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Wir haben an die Vereine appelliert, dass ab der kommenden Saison
mindestens vier Deutsche dem jeweiligen Kader angehören sollten. Die
meisten Klubs sind kooperativ und befinden sich schon auf einem guten
Weg, ich bin mit der Entwicklung zufrieden.
(Das Interview führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 17.07.2006)