Aus den Kieler Nachrichten vom 16.09.2006:
Man stelle sich vor, Handballmeister THW Kiel schafft das Finale in der Champions League
- und die Fans stehen Schlange vor den Reisebüros. Dieses Szenario wäre Realität geworden,
hätten sich die führenden Klubs der europäischen Handball-Ligen am Dienstag bei einem
EHF-Workshop in Wien nicht erfolgreich gegen einen Plan der Europäischen Handball-Föderation
(EHF) gewehrt, den Modus des Final Four einzuführen. Köln, Zagreb, Celje oder Barcelona
wären mögliche Ziele gewesen - alles schöne Städte mit wunderbaren Handball-Arenen. Aber,
und da sind sich alle echten Fans einig: Der Höhepunkt einer Saison, die Finalspiele der
Champions League, gehören allein der eigenen Halle und dem eigenen Publikum!
Auf Druck der Klubs hat die EHF-Spitze rechtzeitig die Kurve bekommen und sich dem einstimmigen
Votum für die Beibehaltung der bisherigen Praxis gebeugt. Man sei nur selten einer Meinung mit
den Kielern, äußerte Flensburgs Manager
Thorsten Storm mit einem
Augenzwinkern. "Aber in diesem Fall konnte es keine andere Entscheidung geben." Dafür
akzeptierte man den Kompromiss, im Erfolgsfall zusätzliche zwei Spiele in die bisherige Terminhatz
einzubauen. Nach der ersten Phase mit 32 Teams auf acht Gruppen verteilt, folgt nämlich eine
zweite Phase mit vier Teams in vier Gruppen, die Gruppensieger erreichen die Halbfinals.
Es waren vorwiegend die weniger bedeutenden (oder armen) Länder, die den Etablierten diese
"Schnapsidee" beinahe eingebrockt hätten: Verbände wie Litauen, Slowenien, Polen etc.
Uwe Schwenker bringt allerdings Verständnis für die "Kleinen"
auf. Die Ostblockteams drängten zu Recht auf verlässliche Spieltermine, sagt der THW-Manager.
Und: "Die EHF ist nicht nur für deutsche Interessen da."
Die zweite Gruppenphase der Champions League beschert den Teilnehmern und seinen Fans Top-Spiele
mit europäischen Spitzenteams: Eine kleine Europaliga, eingeführt durch die Hintertür. Die
Fans der großen Klubs profitieren von der Neuerung. Sie täten es erst recht, wenn auch die
Spieler gesund und fit blieben - durch weniger Spiele. Die Reduzierung der Bundesliga könnte
helfen. Runter von 18 auf 16 oder gar 14 Teams. Celje, Ciudad Real und Barcelona statt Hildesheim
oder Balingen-Weilstetten hieße es dann. An den Kassen haben die Fans schon abgestimmt: pro
Attraktivität der Sportart. Bis gestern setzte der THW weit über 4500 Karten als Dreierpack (!)
für die Champions League ab, so viel wie nie.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 16.09.2006)