Kiel -
Lars Krogh Jeppesen
wurde mit der SG Flensburg Meister, gewann dreimal
den DHB-Pokal und nach seinem Wechsel zum
FC Barcelona die spanische Meisterschaft und die
Champions League. Derzeit leidet der Neuzugang
des THW Kiel unter einer Rippenprellung, die den
27-jährigen Dänen um seine Teilnahme an der
Handball-WM (19. Januar bis 4. Februar) bringen
könnte. Im Interview mit den KN spricht der 125-malige
Nationalspieler über die Belastung von Handball-Profis.
Aus den Kieler Nachrichten vom 06.11.2006:
- Kieler Nachrichten:
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Herr Jeppesen, nach dem World Cup
ist die Diskussion neu entfacht worden, ob die Bundesliga angesichts der zahlreichen
Spieltermine nicht um zwei Vereine reduziert werden soll. Was halten Sie davon?
- Lars Krogh Jeppesen:
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In Spanien haben wir in einer Liga mit 16 Mannschaften gespielt.
Da hatten wir - anders als hier in Deutschland - immer zwischen
Weihnachten und Silvester frei. Da konnten wir richtig
abschalten und kamen mit neuen Kräften im Januar zur
Nationalmannschaft. Das war super. Die Reduzierung sollte
aber in erster Linie eine Frage der Qualität sein. Sind
die unteren Mannschaften zu schlecht, macht eine kleinere
Liga Sinn. In der Bundesliga ist die Qualität aber in Ordnung.
- Kieler Nachrichten:
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Welche Alternativen gäbe es denn, um den Terminplan zu lichten?
Schließlich kommt ein Nationalspieler pro Jahr derzeit auf rund 100 Einsätze.
- Lars Krogh Jeppesen:
-
Wichtig wäre es, nur noch alle zwei Jahre ein großes Turnier zu spielen.
Das würde den Spielern eine Pause geben und auch den Respekt für
die jeweiligen Sieger erhöhen. Je- des Jahr eine EM und WM führt
doch dazu, dass keiner mehr weiß, wer beispielsweise 2001 Weltmeister
geworden ist. Wenn das nicht möglich ist, sollte man doch darüber
nachdenken, die Liga von 18 auf 16 Klubs zu reduzieren. Das sind
vier freie Wochenenden mehr für uns - damit wäre viel erreicht.
- Kieler Nachrichten:
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Der deutsche Bundestrainer Heiner Brand hat vorgeschlagen, in
einer Woche alle zwei Tage zu spielen und in der nächsten
gar nicht, um sich richtig regenerieren zu können. Was halten
Sie davon?
- Lars Krogh Jeppesen:
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Zwei Spiele in einer Woche sind okay. Deshalb weine ich nicht rum.
Aber drei sind zuviel. Ich kann diese Idee aber verstehen. Wenn
wir immer mittwochs und sonnabends spielen, hat der Trainer
schließlich nur am Montag einmal die Chance, richtig mit der
Mannschaft zu arbeiten.
- Kieler Nachrichten:
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Was halten Sie von einem Turnier wie dem World Cup,
bei dem in sechs Tagen fünf Spiele absolviert wurden?
- Lars Krogh Jeppesen:
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So ein Turnier mitten in der Saison ist einfach unmöglich. Fast alle
Spieler, die nach Kiel und Flensburg zurück gekommen sind,
hatten irgendeine Verletzung. So ein Cup entscheidet am
Ende über die Deutsche Meisterschaft. Der französische
Verband hat für dieses Turnier abgesagt, weil ihm die
Belastung für die eigene Mannschaft zu hoch schien.
Davor ziehe ich meinen Hut. Fünf Spiele in sechs Tagen - das
ist einfach unglaublich. Das gäbe es in keiner anderen
Sportart. Und nur bei uns ist es möglich, dass sich dagegen
keiner wehrt. Die Trainer trifft keine Schuld. Über die
Anzahl der Spiele bei einem World Cup
entscheiden ja nicht sie.
- Kieler Nachrichten:
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Wohin führt Ihrer Meinung nach die starke Belastung der Nationalspieler?
- Lars Krogh Jeppesen:
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Wer nach einer solchen Saison im Halbfinale einer
Weltmeisterschaft steht, der ist müde. Damit wird
nicht nur die Qualität des Spiels schlechter. Auch
das Verletzungsrisiko steigt. Beides kann nicht
im Interesse der Sponsoren und Verbände sein, die
sich immer mehr Wettbewerbe wünschen.
- Kieler Nachrichten:
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Welche Möglichkeiten haben die Spieler, um sich dagegen zu wehren?
- Lars Krogh Jeppesen:
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Wir sprechen viel darüber und sind uns auch alle einig, dass die
Belastung zu hoch ist. Vielleicht müssen wir die Trainer mit
ins Boot nehmen, schließlich haben sie auch nichts davon,
wenn ihre Spieler alle verletzt sind. Als Einzelner ist es
schwierig, schließlich willst du ja für dein Land spielen.
Sagst du ab, spielt eben ein anderer. Gerade in Dänemark
gibt es genug Alternativen. Aber vielleicht müssen wir mehr
machen, als nur zu reden. Schließlich wissen alle, dass
wir ein Problem haben. Vielleicht ist es für uns Spieler
nun an der Zeit, den nächsten Schritt zu machen.
(Das Interview führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 06.11.2006)