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Das Buch "In der Hitze des Nordens" erzählt "Geschichte und Geschichten einer Rivalität".
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Hamburg/Kiel - Nach einem Viertel der Bundesliga-Saison hat es sich
bereits wieder herauskristallisiert: Die Meisterschaft wird wohl
erneut im Norden entschieden. Neben Vizemeister HSV sind es einmal
mehr der THW Kiel, frischgebackener Vereins-Europameister, und sein
ewiger Rivale, die SG Flensburg-Handewitt, die sich tabellarisch
abheben. Das Nordtrio liegt an der Spitze, der THW auf Rang eins.
Handball-Insider Frank Schneller hat vor der Saison das Buch
"
In der Hitze des Nordens" über die
Rivalität zwischen Kiel und Flensburg veröffentlicht - und sieht
die Vormachtstellung des Nordens, insbesondere Schleswig-Holsteins
bestätigt...
- Frage:
-
Kiel vor Flensburg und Hamburg - haben Sie beim
Blick auf die Bundesligatabelle schon Gedanken an
eine Fortsetzung Ihres Buches entwickelt?
- Frank Schneller:
-
Nein. Zumal das Buch ja erst seit Mitte August
auf dem Markt ist und der Verlag verständlicherweise
das Weihnachtsgeschäft abwarten will. Die erste Auflage
dürfte aber in Kürze vergriffen sein. Dann wird
voraussichtlich nachgelegt. Ob es in Folge dessen
aber zu Aktualisierungen oder gar Fortsetzungen
kommt, ist fraglich. Das entscheide ich auch nicht
allein. Zumal Kiel und Flensburg - das hatte ich ja
geschrieben - wahrscheinlich auch in Zukunft das
Geschehen in der Liga entscheidend mitbestimmen. Ich
kann ja nicht nach jedem weiteren Triumph nachlegen,
fühle mich aber bestätigt: Der Norden rockt die Liga.
Sogar die HSG Nordhorn setzt wieder Akzente. Höchstens
die Rhein-Neckar-Löwen könnten sich diese Saison
noch einmischen. Doch am Ende dürften der THW,
Hamburg und Flensburg den Titel unter sich ausmachen.
Vorausgesetzt, der THW knickt aufgrund seiner
immensen Verletzungsprobleme nicht doch noch mal
ein. Bislang sieht es ja nicht danach aus, was ich
übrigens enorm, ja fast schon sensationell finde!
- Frage:
-
Ihr Buch "In der Hitze des Nordens" hat einige Gemüter
erregt. In Kiel und bundesweit kommt es sehr gut an
und erhält sehr positive Kritiken. In Flensburg aber
wurde das Buch zunächst kontrovers diskutiert. War das
abzusehen?
- Frank Schneller:
-
Damit musste ich zumindest rechnen. Mir war klar, dass
vor allem das Abbild der letzten Saison für viele
Flensburger - insbesondere aus dem Verein - natürlich
schwere Kost und somit schwer verdaulich ist. Andererseits
habe ich sehr viel positives Feedback bekommen - auch
von Beteiligten aus Flensburg, nicht nur aus Kiel oder
Kollegenkreisen. Im Prinzip von allen, die das Buch
nicht schon nach knapp 40 Seiten, auf denen die letzte
Saison und die Erfolge des THW beschrieben sind,
weggelegt und voreilig beurteilt haben.
- Frage:
-
Das erste Kapitel kann man aber auch eigentlich nur
mit Spaß lesen, wenn man Kieler oder zumindest neutral
ist...
- Frank Schneller:
-
... weil es eine Art "Kieler Heldensage" ist, ja. War
es das - selbst bei distanzierter Betrachtung - nicht auch?
- Frage:
-
Aus Flensburger Seite eine sehr unpopuläre Haltung...
- Frank Schneller:
-
Wer sich - wie wohl vereinzelt geschehen - mit dem Rest
des Buches deshalb gar nicht mehr auseinandergesetzt hat,
auseinandersetzen will, den kann ich dazu nicht zwingen.
Ich frage mich nur, ob das nun die Enttäuschung über das
Buch ist, oder über die letzte Saison. Nur sei die Frage
gestattet, ob Kritik dort auch aufgekommen wäre, hätte
ich über den Flensburger Gewinn von Pokal und Champions
League schreiben können. Das hätte ich dann genauso
ausschmückend getan. Ob sich dann jemand beschwert hätte,
die letzte Saison in diesem Umfang nachzuerzählen, sei
unpassend?
- Frage:
-
In der ansonsten ihrem Buch gegenüber wohlwollenden TAZ
heißt es sinngemäß, Sie hätten das vorläufige Ende der
Story an den Anfang des Buches geholt...
- Frank Schneller:
-
Stimmt. Diese Entscheidung hat sicher polarisiert. Und
zugegeben: Wäre die Saison 2006/2007 dramaturgisch nicht
derart verlaufen zwischen THW und SG, sie wäre
wahrscheinlich als Kapitel am Ende des Buches aufgetaucht.
So aber war sie der perfekte Aufhänger für das Buchthema.
Und für das "3:0" kann ich nun mal nichts.
- Frage:
-
HSV-Trainer Martin Schwalb hat sich als Gastautor in der
FAZ auch positiv über das Buch geäußert und geschrieben,
man wolle dafür sorgen, dass über einen Dreikampf berichtet
wird.
- Frank Schneller:
-
Das muss ja aus seiner Sicht auch das Ziel sein. Der HSV
hat zwar die Tradition nicht und auch nicht das Flair von
Kiel und Flensburg, aber sportlich ist in der Ära Schwalb
ja längst Spitzenniveau erreicht worden. Kein Wunder, bei
dem Kader! Es ist ja schon ein Dreikampf. Man muss allerdings
sehen, ob sich in einer Großstadt wie Hamburg dieses Thema
auch flächendeckend und auf Sicht so durchsetzt wie in den
Hochburgen. Ich lebe ja in Hamburg, habe da aber meine
Zweifel, was nichts mit der Leistung von Trainer und Team
zu tun hat. Hamburg ist einfach keine Handballhochburg wie
Kiel oder Flensburg. Übrigens: Schwalbs Buchbesprechung hat
mich sehr gefreut.
- Frage:
-
Ist die Region Kiel der Hauptabsatzmarkt des Buches?
- Frank Schneller:
-
Natürlich ist das Interesse und die Freude über das
Buch dort bislang am größten - aber das beurteile ich
mit einer gewissen Distanz, denn das war angesichts
der faktischen Machtverhältnisse und der letzten
Saison auch zu erwarten.
- Frage:
-
Sie sind mit SG-Idol Jan Holpert befreundet und leugnen
dennoch eine gewisse Nähe zum THW nicht. Nach der
jedenfalls wurden Sie in Flensburg mitunter befragt.
Dabei haben Sie Flensburger Wurzeln. Und Ihr Co-Autor
Frank Heike stammt sogar von dort.
- Frank Schneller:
-
Stimmt alles. Auch der Hinweis auf meine "Nähe" zum THW.
Das ist aber ein ermüdendes Thema. Für das Buchprojekt
und eine Wertung war dieser Umstand unbedeutend. Ich bin
als Buchautor völlig unparteiisch. Und Frank Heike ist
ein exzellenter Beobachter seiner Heimat wie auch ein
Insider in Sachen SG. Sein Beitrag über die "Stadt
Flensburg und ihr liebstes Kind" sowie die Geschichte
über die Stadt Kiel sind aus meiner Sicht absolut gelungen.
Auch er ist übrigens keineswegs verdächtig, in
THW-Bettwäsche zu schlafen...
- Frage:
-
Wird am Ende doch wieder Kiel Meister?
- Frank Schneller:
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Unter normalen Umständen wäre für mich die Antwort eindeutig.
Aber: Angesichts der riesigen Personalprobleme beim THW
haben Hamburg und Flensburg gute Chancen. Und beide Teams
bekennen sich ja auch zu ihren Zielen. Jedenfalls ist der
THW in der augenblicklichen Besetzung und angesichts der
Tatsache, dass die derzeit Verletzten bei ihrer Rückkehr
auch nicht gleich wieder bei 100 Prozent sein können, nicht
die viel zitierte Übermannschaft. Was
Noka Serdarusic aus der momentanen
Situation herausholt, ist unglaublich. Das erneute Tripel
aber wird wahnsinnig schwer. Davon sollten die THW-Fans nicht
ausgehen, auch wenn man im Zuge der Erfolge irgendwann so
manches unterschwellig als selbstverständlich erachtet. Das
ist es nicht.
- Frage:
-
Dürfen derweil die SG-Anhänger aus Ihrer Sicht vom
zweiten Meistertitel träumen?
- Frank Schneller:
-
Die SG könnte die Überraschung werden. Im Moment scheint
es so, als wäre sie immens unterschätzt worden, auch wenn
sie gerade gegen Nordhorn verloren hat. Warum Flensburg
eingangs selten als Mitfavorit genannt wurde, ist schwer
zu sagen. Ich habe diese Einschätzung von Anfang an nicht
geteilt. Und auch Noka Serdarusic
fragte sich von Beginn an, warum man die SG nicht auf dem
Zettel haben solle. Abgesehen vom Karriereende Jan Holperts,
der auch als Persönlichkeit nicht gleich zu ersetzen ist,
sind die Einschnitte dort geringer als prognostiziert. Im
Gegenteil: Die SG hat auch schon eine schwierige
Personalsituation - vor allem im linken Rückraum - gut
überstanden, kann relativ frei aufspielen, hat einen
frischen und agilen neuen Mittelmann in Thomas Mogensen,
der zwar noch wenig Routine hat, dafür aber viel fitter
ist als Joachim Boldsen es war, einen erholten Trainer
Kent-Harry Andersson und in Fynn Holpert wieder einen
angriffslustigen Manager, der entsprechende Impulse gibt.
- Frage:
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Also doch eine Fortsetzung Ihres Buches ...
- Frank Schneller:
-
Ich will nicht voreilig sein. Verlag und Autor
haben zunächst einmal andere Etappenziele.