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23.10.2007 Interview

"In der Hitze des Nordens": Autor fühlt sich bestätigt

Das Buch "In der Hitze des Nordens" erzählt "Geschichte und Geschichten einer Rivalität".
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Hamburg/Kiel - Nach einem Viertel der Bundesliga-Saison hat es sich bereits wieder herauskristallisiert: Die Meisterschaft wird wohl erneut im Norden entschieden. Neben Vizemeister HSV sind es einmal mehr der THW Kiel, frischgebackener Vereins-Europameister, und sein ewiger Rivale, die SG Flensburg-Handewitt, die sich tabellarisch abheben. Das Nordtrio liegt an der Spitze, der THW auf Rang eins. Handball-Insider Frank Schneller hat vor der Saison das Buch "In der Hitze des Nordens" über die Rivalität zwischen Kiel und Flensburg veröffentlicht - und sieht die Vormachtstellung des Nordens, insbesondere Schleswig-Holsteins bestätigt...
Frage:
Kiel vor Flensburg und Hamburg - haben Sie beim Blick auf die Bundesligatabelle schon Gedanken an eine Fortsetzung Ihres Buches entwickelt?
Frank Schneller:
Nein. Zumal das Buch ja erst seit Mitte August auf dem Markt ist und der Verlag verständlicherweise das Weihnachtsgeschäft abwarten will. Die erste Auflage dürfte aber in Kürze vergriffen sein. Dann wird voraussichtlich nachgelegt. Ob es in Folge dessen aber zu Aktualisierungen oder gar Fortsetzungen kommt, ist fraglich. Das entscheide ich auch nicht allein. Zumal Kiel und Flensburg - das hatte ich ja geschrieben - wahrscheinlich auch in Zukunft das Geschehen in der Liga entscheidend mitbestimmen. Ich kann ja nicht nach jedem weiteren Triumph nachlegen, fühle mich aber bestätigt: Der Norden rockt die Liga. Sogar die HSG Nordhorn setzt wieder Akzente. Höchstens die Rhein-Neckar-Löwen könnten sich diese Saison noch einmischen. Doch am Ende dürften der THW, Hamburg und Flensburg den Titel unter sich ausmachen. Vorausgesetzt, der THW knickt aufgrund seiner immensen Verletzungsprobleme nicht doch noch mal ein. Bislang sieht es ja nicht danach aus, was ich übrigens enorm, ja fast schon sensationell finde!
Frage:
Ihr Buch "In der Hitze des Nordens" hat einige Gemüter erregt. In Kiel und bundesweit kommt es sehr gut an und erhält sehr positive Kritiken. In Flensburg aber wurde das Buch zunächst kontrovers diskutiert. War das abzusehen?
Frank Schneller:
Damit musste ich zumindest rechnen. Mir war klar, dass vor allem das Abbild der letzten Saison für viele Flensburger - insbesondere aus dem Verein - natürlich schwere Kost und somit schwer verdaulich ist. Andererseits habe ich sehr viel positives Feedback bekommen - auch von Beteiligten aus Flensburg, nicht nur aus Kiel oder Kollegenkreisen. Im Prinzip von allen, die das Buch nicht schon nach knapp 40 Seiten, auf denen die letzte Saison und die Erfolge des THW beschrieben sind, weggelegt und voreilig beurteilt haben.
Frage:
Das erste Kapitel kann man aber auch eigentlich nur mit Spaß lesen, wenn man Kieler oder zumindest neutral ist...
Frank Schneller:
... weil es eine Art "Kieler Heldensage" ist, ja. War es das - selbst bei distanzierter Betrachtung - nicht auch?
Frage:
Aus Flensburger Seite eine sehr unpopuläre Haltung...
Frank Schneller:
Wer sich - wie wohl vereinzelt geschehen - mit dem Rest des Buches deshalb gar nicht mehr auseinandergesetzt hat, auseinandersetzen will, den kann ich dazu nicht zwingen. Ich frage mich nur, ob das nun die Enttäuschung über das Buch ist, oder über die letzte Saison. Nur sei die Frage gestattet, ob Kritik dort auch aufgekommen wäre, hätte ich über den Flensburger Gewinn von Pokal und Champions League schreiben können. Das hätte ich dann genauso ausschmückend getan. Ob sich dann jemand beschwert hätte, die letzte Saison in diesem Umfang nachzuerzählen, sei unpassend?
Frage:
In der ansonsten ihrem Buch gegenüber wohlwollenden TAZ heißt es sinngemäß, Sie hätten das vorläufige Ende der Story an den Anfang des Buches geholt...
Frank Schneller:
Stimmt. Diese Entscheidung hat sicher polarisiert. Und zugegeben: Wäre die Saison 2006/2007 dramaturgisch nicht derart verlaufen zwischen THW und SG, sie wäre wahrscheinlich als Kapitel am Ende des Buches aufgetaucht. So aber war sie der perfekte Aufhänger für das Buchthema. Und für das "3:0" kann ich nun mal nichts.
Frage:
HSV-Trainer Martin Schwalb hat sich als Gastautor in der FAZ auch positiv über das Buch geäußert und geschrieben, man wolle dafür sorgen, dass über einen Dreikampf berichtet wird.
Frank Schneller:
Das muss ja aus seiner Sicht auch das Ziel sein. Der HSV hat zwar die Tradition nicht und auch nicht das Flair von Kiel und Flensburg, aber sportlich ist in der Ära Schwalb ja längst Spitzenniveau erreicht worden. Kein Wunder, bei dem Kader! Es ist ja schon ein Dreikampf. Man muss allerdings sehen, ob sich in einer Großstadt wie Hamburg dieses Thema auch flächendeckend und auf Sicht so durchsetzt wie in den Hochburgen. Ich lebe ja in Hamburg, habe da aber meine Zweifel, was nichts mit der Leistung von Trainer und Team zu tun hat. Hamburg ist einfach keine Handballhochburg wie Kiel oder Flensburg. Übrigens: Schwalbs Buchbesprechung hat mich sehr gefreut.
Frage:
Ist die Region Kiel der Hauptabsatzmarkt des Buches?
Frank Schneller:
Natürlich ist das Interesse und die Freude über das Buch dort bislang am größten - aber das beurteile ich mit einer gewissen Distanz, denn das war angesichts der faktischen Machtverhältnisse und der letzten Saison auch zu erwarten.
Frage:
Sie sind mit SG-Idol Jan Holpert befreundet und leugnen dennoch eine gewisse Nähe zum THW nicht. Nach der jedenfalls wurden Sie in Flensburg mitunter befragt. Dabei haben Sie Flensburger Wurzeln. Und Ihr Co-Autor Frank Heike stammt sogar von dort.
Frank Schneller:
Stimmt alles. Auch der Hinweis auf meine "Nähe" zum THW. Das ist aber ein ermüdendes Thema. Für das Buchprojekt und eine Wertung war dieser Umstand unbedeutend. Ich bin als Buchautor völlig unparteiisch. Und Frank Heike ist ein exzellenter Beobachter seiner Heimat wie auch ein Insider in Sachen SG. Sein Beitrag über die "Stadt Flensburg und ihr liebstes Kind" sowie die Geschichte über die Stadt Kiel sind aus meiner Sicht absolut gelungen. Auch er ist übrigens keineswegs verdächtig, in THW-Bettwäsche zu schlafen...
Frage:
Wird am Ende doch wieder Kiel Meister?
Frank Schneller:
Unter normalen Umständen wäre für mich die Antwort eindeutig. Aber: Angesichts der riesigen Personalprobleme beim THW haben Hamburg und Flensburg gute Chancen. Und beide Teams bekennen sich ja auch zu ihren Zielen. Jedenfalls ist der THW in der augenblicklichen Besetzung und angesichts der Tatsache, dass die derzeit Verletzten bei ihrer Rückkehr auch nicht gleich wieder bei 100 Prozent sein können, nicht die viel zitierte Übermannschaft. Was Noka Serdarusic aus der momentanen Situation herausholt, ist unglaublich. Das erneute Tripel aber wird wahnsinnig schwer. Davon sollten die THW-Fans nicht ausgehen, auch wenn man im Zuge der Erfolge irgendwann so manches unterschwellig als selbstverständlich erachtet. Das ist es nicht.
Frage:
Dürfen derweil die SG-Anhänger aus Ihrer Sicht vom zweiten Meistertitel träumen?
Frank Schneller:
Die SG könnte die Überraschung werden. Im Moment scheint es so, als wäre sie immens unterschätzt worden, auch wenn sie gerade gegen Nordhorn verloren hat. Warum Flensburg eingangs selten als Mitfavorit genannt wurde, ist schwer zu sagen. Ich habe diese Einschätzung von Anfang an nicht geteilt. Und auch Noka Serdarusic fragte sich von Beginn an, warum man die SG nicht auf dem Zettel haben solle. Abgesehen vom Karriereende Jan Holperts, der auch als Persönlichkeit nicht gleich zu ersetzen ist, sind die Einschnitte dort geringer als prognostiziert. Im Gegenteil: Die SG hat auch schon eine schwierige Personalsituation - vor allem im linken Rückraum - gut überstanden, kann relativ frei aufspielen, hat einen frischen und agilen neuen Mittelmann in Thomas Mogensen, der zwar noch wenig Routine hat, dafür aber viel fitter ist als Joachim Boldsen es war, einen erholten Trainer Kent-Harry Andersson und in Fynn Holpert wieder einen angriffslustigen Manager, der entsprechende Impulse gibt.
Frage:
Also doch eine Fortsetzung Ihres Buches ...
Frank Schneller:
Ich will nicht voreilig sein. Verlag und Autor haben zunächst einmal andere Etappenziele.


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