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01.12.2007 Mannschaft

Kieler Nachrichten: Wer sich zu wohl fühlt, hört auf, an sich zu arbeiten

Der etwas unzufriedene THW-Handballer B›rge Lund kehrt heute nach Nordhorn zurück

Aus den Kieler Nachrichten vom 01.12.2007:

Börge Lund kehrt heute nach Nordhorn zurück.
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Kiel - Ein düsterer Tag in Kronshagen, perfektes Sofa-Lümmel-Wetter. Börge Lund vom Deutschen Handball-Meister THW Kiel reibt sich nach einem Nickerchen die Augen, Sohn Lukas schläft, Freundin Tone Bjerkgard forscht im Internet nach Konzertkarten. Vor einem halben Jahr kam die Kleinfamilie aus Nordhorn nach Kiel, heute (15 Uhr) kehrt der 28-jährige Norweger mitden "Zebras" in die Grafschaft Bentheim zurück.
In schwarzen Jeans und T-Shirt öffnet Lund die Tür, Bjerkgard trägt abgerockte Jeans und schwarzes T-Shirt. Die Einrichtung des Einfamilienhauses, in dem zuvor Henning Fritz wohnte, ist eine skandinavische Mischung aus warmem Holz und kühlem Schwarz-Weiß. Rock'n'Roll-Familie trifft IKEA-Katalog, in jedem Fall spannend, auf keinen Fall langweilig. Genau wie die Bücher von Jo Nesb›, norwegischer Krimiautor, der den skurrilen Hauptkommissar Harry Hole auf die Straße schickt. Zwei dicke Bände stehen im Regal und ein "Lonely Planet"-Reiseführer vom letzten Thailand-Urlaub.

Viel mehr - noch - nicht. "Alle Möbel sind mittlerweile da, aber ein wenig fehlt noch." Tone lacht. Bilder an den Wänden zum Beispiel oder Licht in dem kleinen Zimmer, in dem sich CDs die Wand hoch stapeln. Dennoch, während Lukas, inzwischen wach, mit einem vorweihnachtlichen Stück Schokolade im Mund glücklich gluckst, sagt Lund: "Es ist gut, hier in Kiel zu sein. Wir fühlen uns wohl." Beide gestehen ein, "Freunde und Familie zu vermissen", und doch hat der Rückraum-Rotschopf seinen Entschluss, Nordhorn zu verlassen, nie bereut. Und das, obwohl sich die HSG in dieser Saison bislang als einer der ärgsten THW-Verfolger entpuppte. "Das ist für mich keine Überraschung", sagt Lund vor dem heutigen Spitzenduell. "Ich hoffe, dass es für mich ein normales Spiel wird."

Mit seiner eigenen Saison in Kiel ist der 133-fache norwegische Nationalspieler (254 Tore) nicht zufrieden: "Ich will nicht sagen, dass ich enttäuscht bin. Ich war es gewohnt, immer 50 bis 60 Minuten zu spielen. Und auch wenn ich wusste, dass das in Kiel nicht so sein würde, will ich immer auf dem Feld stehen." Er könne, sagt Lund, "noch direkter" spielen, meint damit den Zug zum Tor. "Aber sobald man sich zu wohlfühlt, hört man auf, an sich zu arbeiten." Also arbeitet Lund in Kiel hart. So hart, dass kaum Zeit bleibt. Börge trainiert, Tone ist zu Hause mit Lukas. Beide suchen eine Tagesmutter für den Einjährigen, beide waren noch nicht richtig fleißig in Sachen Deutsch-Unterricht. "Ich habe auch den Strand noch nicht gesehen", sagt der junge Vater. "Und von netten Restaurants höre ich immer nur von meinen Mitspielern. Ich fahre nach dem Training lieber nach Hause." Zum Essengehen ging's bislang ein paar Mal ins Forsthaus Wittland um die Ecke, freie Tage im Oktober führten die kleine Familie nach Berlin zum Shopping und Sightseeing. Lund: "Auf einmal standen wir im Schneeregen."

Zeit ist ein knappes Gut, zu Hause trällern Kinderlieber, Lunds Audi Q7 wird per iPod - momentan mit dem neuen Album der Foo Fighters - zur Konzertbühne. "Es ist schwer, in Sachen Musik auf dem neuesten Stand zu bleiben", sagt Tone, stürzt sich wieder ins Internet. Eintrittskarten kaufen, die wiedervereinigten Smashing Pumpkins kommen im Februar nach Hamburg. "Am nächsten Tag spielen wir in Wilhelmshaven, und die Champions-League-Termine stehen auch noch nicht fest", sagt Lund. Drei Tage Silvester-Urlaub in Südnorwegen bleiben dem Trio vor der Europameisterschaft. "Unsere Chancen waren nie so gut", sagt Lund über die Aussichten seiner Mannschaft im eigenen Land. Draußen ist's düster, Lukas kaut an Papas Handy, Papa muss zur Mannschaft.

(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 01.12.2007)


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