Aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2008:
Trondheim - Am 22. Januar trafen sich mehr als 30
Handballer europäischer Top-Nationen wie
Deutschland, Frankreich oder Spanien in Trondheim,
um eine Interessenvertretung zu gründen. Sie
wollen sich gegen die zunehmende Termindichte im
internationalen Kalender wehren. Die Deutschen
vertrat Weltmeister Christian Schwarzer (Rhein-Neckar
Löwen), der die EM-Hauptrunde als Fernsehexperte
erlebt.
- Kieler Nachrichten:
-
Was wollen Sie mit dieser Spielervereinigung
erreichen?
- Christian Schwarzer:
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Wir möchten unter anderem den Terminplan entzerren und
uns an dem Vorbild der Fußballer orientieren, die große
Turniere nur alle zwei Jahre ansetzen. Und was machen
wir? Wir spielen nach der Saison auch noch Qualifikationsturniere
für Olympia. Es kann doch nicht sein, dass eine WM
und eine EM nicht mehr genügen, um diese Plätze zu ermitteln.
Die Belastung ist einfach zu hoch. Die Spieler kommen
am Montag zurück und haben dann sechs Wochen lang englische
Wochen - das geht so nicht weiter.
- Kieler Nachrichten:
-
Acht Spiele in elf Tagen bei dieser
EM. Was halten Sie davon?
- Christian Schwarzer:
-
Dazu muss man nicht viel sagen.
Es ist kein Wunder, dass unsere Sportart
leidet, wenn in der Hauptrunde
drei Spieltage auf allerhöchstem
Niveau hintereinander ausgetragen
werden. Dazwischen lagen nicht einmal 24 Stunden
Pause, um sich zu regenerieren. Die Isländer gehen
abends um neun aus der Halle und spielen am nächsten Tag
um 15 Uhr - das ist doch absoluter Wahnsinn. Optimal wäre
es, wie bei den Olympischen Spielen, immer mindestens einen
Tag Pause zu haben.
- Kieler Nachrichten:
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Bundestrainer Heiner Brand wünscht sich jedes Jahr ein großes
Turnier, um dem Handball auch eine entsprechende Aufmerksamkeit
zu garantieren. Was halten Sie davon?
- Christian Schwarzer:
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Das kann auch zu einer Übersättigung führen. Wir spielen
jetzt eine EM, im August sind
die Olympischen Spiele, im Januar 2009 die WM in Kroatien.
Wenn so oft Handball angeboten
wird, picken sich die Fans die besten Stücke
raus. Zudem ist die Verfallszeit eines Titels zu groß.
Den Aktiven bleibt keine Zeit, einen Erfolg zu genießen. Und
im September weiß auch keiner
mehr, wer hier Europameister geworden ist.
- Kieler Nachrichten:
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Die Spieler haben sich jetzt zum ersten Mal in einem solch prominenten
Kreis getroffen. Wie geht es weiter?
- Christian Schwarzer:
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Bisher wurden wir von den Verbänden nie gefragt, ein
Mitspracherecht hatten wir nicht. Was mit uns ist, interessiert
keinen. Wichtig für uns war, dass wir gesehen haben,
dass die Sorgen überall die gleichen sind. Wir haben eine
Unterschriftenaktion gestartet, um das auch zu dokumentieren.
Ich gebe diese Liste auch meinen Jungs. Sie wollten
sich hier aufs Turnier konzentrieren, deshalb war ich als
deutscher Vertreter bei dem Treffen. Ich bin sicher, dass die
meisten aus unserer Mannschaft unterschreiben. Diese
Liste legen wir den Verbänden vor. Das ist der erste Schritt,
weitere werden folgen.
(Das Interview führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2008)