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07.04.2008 Mannschaft

Zebra: Andrei Xepkin - Unvergessen!

Andrei Xepkin zeigt auf Barcelonas Klubmotto im Stadion Camp Nou.
Klicken Sie zum Vergrößern! Andrei Xepkin zeigt auf Barcelonas Klubmotto im Stadion Camp Nou.
Aus dem offiziellen THW-Hallen-Magazin "zebra", von living sports:

Es ist die wohl ungewöhnlichste Erfolgsgeschichte, welche der Handball je schrieb: Im vergangenen Jahr krönte Andrei Xepkin sein Comeback mit dem Triple beim THW Kiel. Am Sonntag kehrte die Barca-Legende noch einmal zurück.
Eigentlich scherzten sie nur, als sich Andrei Xepkin im vergangenen Jahr wieder einmal mit seinen alten Freunden Enric Masip und Xavier O'Callaghan auf einen Kaffee traf. "Barcelona und Kiel werden im kommenden Jahr das Endspiel der Champions League bestreiten", war sich Xepkin damals sicher. "Und ich möchte so gern noch einmal gegen meine neuen Freunde aus Kiel spielen", lachte er mit leuchtenden Augen. "Klar, das sollte kein Problem sein", entgegnete ihm der heutige Barca-Manager O'Callaghan grinsend, "frühestens ab dem Halbfinale werden wir Dir dann einen neuen Vertrag unterbreiten."

Nun, ganz Recht sollten sie nicht behalten: Barcelona und Kiel begegnen sich schon im Halbfinale - und Andrei Xepkin läuft bereits seit Januar wieder für die Katalanen auf. Dabei sollte Xepkin seinem zu dem Zeitpunkt von Verletzungen arg gebeutelten Verein eigentlich zunächst nur im Training aushelfen, um die verbliebenen Mannen auf Trainingsspielstärke aufzufüllen. Doch der inzwischen 42-Jährige präsentierte sich nach wie vor topfit. Am 6. Februar feierte "El Gigante" bei GOG Gudme/Svendborg sein erneutes Comeback in der Champions League.

Rückblende: Barcelona, Sommer 2007. 32 Grad, die Sonne brennt. Im dichten Verkehrsgedränge geht es nicht minder heiß zu. Doch Andrei Xepkin behält einen kühlen Kopf. "Barcelona ist Chaos. Dagegen ist Kiel das Paradies", sagt der gebürtige Ukrainer, der vor nunmehr 14 Jahren seine neue Heimat in der katalanischen Metropole am Mittelmeer fand. Xepkin steuert sein Auto beinahe lässig durch die Massen. Ein kurzer Blick zur Seite, die Hand aus dem Fenster, Spurwechsel. Er kommt ohne Hupen aus - laute Töne waren nie sein Ding. Fast nie. "Das ist mein Lieblingslied", sagt Xepkin. "Und das meiner Söhne auch", fügt er lachend hinzu, während er die Kassette einschiebt und lauter dreht. "Wenn nicht jetzt, wann dann?" fragen sich die "Höhner". Die Erinnerungen an den wohl verrücktesten Abschnitt seiner langen, äußerst erfolgreichen Handballkarriere sind für Xepkin allgegenwärtig.

Eigentlich hatte Andrei Xepkin seine Handballschuhe seit zwei Jahren an den Nagel gehängt, ehe ihn im März vergangenen Jahres wie aus dem Nichts ein Hilferuf des THW Kiel erreichte. Nachdem die Verletztenmisere beim Deutschen Meister durch den Ausfall von Marcus Ahlm einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte, erinnerte man sich an den damals 41 Jahre alten Abwehrrecken und Kreisläufer, der dem THW Kiel einst im Trikot des FC Barcelona das Leben schwer gemacht hatte. Als Xepkin daraufhin seinem Kumpel Xavier O'Callaghan, den heutigen Barca-Manager, am Telefon hatte, traute er seine Ohren nicht und hielt das Kieler Anliegen zunächst für einen Scherz. Zwei Tage später allerdings stand Xepkin, der sich zwischenzeitlich mit Langstreckenläufen fit gehalten hatte, erstmals in neuen Trainingsklamotten in der Sporthalle Russee auf dem Parkett. Als er rund zehn Wochen später nach Spanien zurückkehrte, hatte er drei weitere Goldmedaillen im Gepäck.

"Die Zeit in Kiel war wie ein Traum", schüttelt ausgerechnet der Mann noch immer verwundert den Kopf, der zuvor bereits sechs Mal die Champions League gewann und maßgeblichen Anteil daran hatte, dass der FC Barcelona zur erfolgreichsten Handball-Mannschaft der Welt wurde. Während es im fußballverrückten Spanien nach Handball-Triumphen ruhig blieb, stand nach dem Kieler "Triple" eine ganze Stadt Kopf - und Xepkin mittendrin. "Solche Feiern wie in Kiel habe ich in meiner ganzen Karriere noch nirgendwo anders erlebt", schwärmt Xepkin. "Das ist für mich noch heute beinahe unglaublich. Der THW und seine Fans werden immer einen festen Platz in meinem Herzen haben. Ich bin so dankbar, dass ich das noch einmal erleben durfte."

Dann taucht plötzlich hinter einem Häuserblock wie aus dem Nichts das Camp Nou auf. Xepkin ist zurück in seiner Welt, in der Welt des FC Barcelona. "Das ist die Ostseehalle des Fußballs", erläutert Xepkin und deutet auf das gewaltige Bauwerk. "Wenn Barca spielt, ist das Stadion immer ausverkauft." 98.000 enthusiastische Zuschauer machen jedes Spiel in diesem Stadion zu einem Erlebnis. "Mes que un club", heißt das Selbstverständnis des mit 140.000 Mitgliedern größten Sportvereins der Welt - "mehr als ein Klub". Für die stolzen Katalanen ist Barca nicht nur eine politische Instanz, die traditionellen Farben "blaugrana" sind Insignien einer Religion. "Auch wenn ich Kiel in kurzer Zeit lieben gelernt habe", sagt Andrei Xepkin, "Barca ist mein Leben."

Kaum aus dem Auto ausgestiegen, bestätigt sich diese Ansicht. Auf dem FCB-Gelände scheint Xepkin jeden Mitarbeiter zu kennen, den Sicherheitsbeamte am Eingang des zweigeschossigen Fanshops, den Wirt an der Theke der Eishalle oder den Direktor des vereinseigenen Museums - hier ist Xepkin zuhause. Während zwei seiner alten Weggefährten und besten Freunde, Xavier O'Callaghan und Enric Masip, die Geschicke der FCB-Handballer als Manager bzw. Sportlicher Direktor leiten, startet Xepkin in jenen Tagen sein Praxisjahr in der Trainerausbildung als Assistent in der zweiten Mannschaft. "Irgendwann einmal könnte ich mir gut vorstellen, als Trainer in der Liga Asobal zu arbeiten", sagt er. Ein Vorhaben, welches er wenige Monate später erneut unterbrechen wird. Sein Barca braucht ihn noch einmal an anderer Stelle - zurück auf dem Platz. Und jetzt ruft auch noch Kiel. Für Andrei Xepkin erfüllt sich binnen eines Jahres zum zweiten Mal ein Traum in schwarz-weiß.

(Aus dem offiziellen THW-Hallen-Magazin "zebra", von living sports)


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