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19.04.2008 Bundesliga

Zebra: Die Bundesliga rüstet auf

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Lange Zeit galt Spanien als das Land, in dem man mit Handball "großes" Geld verdienen kann. Doch die Zeiten haben sich geändert - die TOYOTA Handball-Bundesliga rüstet auf.
Domingo Diaz de Mera ist ein reicher Mann, ein sehr reicher sogar. Der Multimilliardär kann es sich leisten, mit Ciudad Real das teuerste Team der Welt beinahe im Alleingang zu unterhalten. 13,5 Millionen Euro soll der Jahresetat des spanischen Topklubs betragen - Domingo Diaz de Mera trägt einen Großteil davon. Und die Handballstars, die dem Lockruf des Geldes folgen, haben zumindest vorerst ausgesorgt. Denn bei Ciudad Real achtet man nicht auf das Kleingeld. Bei Titelgewinnen soll der allmächtige Präsident, der als zweitreichster Mann Spaniens gilt, seinen Spielern einfach nur Blankoschecks überreichen - den Betrag als Titelprämie dürfen sie selbst eintragen. Als Mirza Dzomba einst mit einem Wechsel zu Ciudad Real liebäugelte, fuhr Diaz de Mera mit ihm durch die Straßen der Stadt - er durfte sich ein Haus aussuchen, wer darin wohnte, wurde fürstlich für den Umzug entlohnt.

Nun, in der Bundesliga sind solche beinahe paradiesisch anmutenden Zustände noch nicht die Regel. Die Zeiten aber, in denen Spieler noch mit Arbeitsplätzen oder einer mietfreien Wohnung zu den Klubs gelockt wurden, sind auch längst vorbei. Die Bundesliga rüstet auf - die Kader und auch die finanziellen Spielräume. Der THW Kiel, der viele Jahre lang als Klassenprimus im Konzert der Bundesliga-Vereine galt, spielt in der Etatrangliste längst nicht mehr die erste Geige. "Wir werden uns wirtschaftlich besser aufstellen müssen", berichtete THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker vor kurzem in einem Interview. Eine Notwendigkeit, die durch die gestiegene wirtschaftliche Potenz der ligainternen Konkurrenz hervorgerufen wurde. "Ich gehe davon aus, dass wir wirtschaftlich längst überholt worden sind von Klubs wie den Rhein-Neckar Löwen, dem HSV Hamburg oder dem TBV Lemgo", sagt der Manager des Vereins, der jahrelang die Etatrangliste der Liga anführte. Auch wegen der stets ausverkauften heutigen Sparkassen-Arena, der ehemaligen Ostseehalle. Auch durch die großartige Unterstützung regionaler Sponsoren. Doch die Zeiten haben sich geändert. Trotzdem bleibt sich der THW Kiel treu und spricht zuerst mit seinen langjährigen Partnern. Schwenker weiß aber auch: "Unbestritten ist, dass wir im Konzert der Großen bleiben wollen. Deshalb müssen wir den Rahmen anpassen. Wenn es mit regionalen Sponsoren nicht geht, müssen wir uns anders aufstellen."

Das muss man sich in Hamburg nicht - wenngleich der HSV Hamburg alles daran setzt, das Image des Vereins von Rudolphs Gnaden los zu werden. "Ich mag weder das Wort Mäzen noch das Wort Sponsor", sagt Andreas Rudolph, der den HSV in den letzten Jahren mit geschätzten 13 Millionen Euro aus der Privatschatulle zu dem gemacht hat, was er heute ist: Ein europäischer Top-Verein, bei dem sich viele Spieler von Rang und Namen tummeln. "Ich bin handballverrückt", sagt der Unternehmer aus der Medizinbranche, "deshalb bin ich auch privat initiativ geworden, sehe den HSV nicht nur als Werbeträger für mein Unternehmen." Private Initiative, das bedeutet auch, dass Iwan Ursic, Per Sandström, Bruno Souza, Dimitri Torgowanow, Kyung-Shin Yoon, Johannes Bitter, Hans Lindberg, Heiko Grimm und Oleg Velyky den Weg in die Hansestadt fanden - neun der insgesamt zwölf Neuzugänge in den letzten zwei Jahren. Und im kommenden Jahr kommen Marcin Lijewski und aller Voraussicht nach auch noch Blazenko Lackovic aus Flensburg. Transfers, die ohne die Rudolph-Millionen nicht möglich gewesen wären...

Anders aufgestellt hat sich bereits der ehemalige Dorfverein SG Kronau-Östringen. Mit dem Umzug nach Mannheim in die gigantische SAP-Arena mauserten sich die "Kröstis" nicht nur im Namen zu Löwen. Sie gelten jetzt als Zugpferde der Rhein-Neckar-Region, aber auch als wirtschaftliches Interesse von SAP-Gründer Dietmar Hopp. Der streckte der Stadt Mannheim die Baukosten der Arena von rund 70 Millionen Euro vor, betreibt in den nächsten 30 Jahren die Halle auf eigenes Risiko, während die Stadt das zinslose Darlehen zurückzahlt. Sein Sohn Daniel kümmert sich indes als Geschäftsführer um die SAP-Arena - und sieht dabei die Löwen als Mittel zum Zweck. "Ich will mich nicht über Handball selbst verwirklichen", gab Hopp zu Protokoll, "die Rhein-Neckar Löwen sind Teil einer wirtschaftlichen Überlegung." Deshalb sei das Engagement der Familie Hopp bei den Löwen nicht in direkten Zahlungen, sondern in der Anfangsinvestition durch die Arena zu sehen. "Ohne die spielten die Löwen vielleicht gar nicht oder nur im Niemandsland der Liga." Emotionslos fügt er an, dass das Verhältnis zwischen ihm und den Löwen nicht nur, aber überwiegend aus geschäftlichen Zahlen bestehe. Und die scheinen zu stimmen - ansonsten hätten die Löwen mit Manager Torsten Storm vor dieser Saison nicht so aktiv auf dem Transfermarkt werden können: Christian Schwarzer, Andrei Klimovets, Henning Fritz und Oliver Roggisch wechselten nach Mannheim - alles aktuelle Weltmeister. Kurz vor dem EM-Pause kamen auch noch die Vizeweltmeister Gregorz Tkaczyk und Karol Bielecki hinzu - gegen eine stattliche Ablösesumme.

Die ist inzwischen auch der TBV Lemgo bereit zu zahlen. Einzige Voraussetzung: Die Spieler müssen in das Konzept des "TBV Deutschland" passen. Gerry Weber, Modeproduzent aus Halle/Westfalen und einer der Groß-Sponsoren des TBV, setzt auf junge deutsche Spieler - und die Qualifikation für die Champions League. Lemgo wäre im vergangenen Jahr bei der Sponsorenbindung beinahe noch einen Schritt weiter gegangen als alle anderen Klubs zuvor. Die Idee stand im Raum, den Namen des Hauptsponsors mit in den Vereinsnamen zu integrieren. Doch die Statuten der TOYOTA HBL verhinderten diesen Schritt. Dennoch: Auch in Ostwestfalen ist inzwischen ausreichend Geld vorhanden, um im Konzert der Großen mitzuspielen. Das haben jetzt auch die Vereine bemerkt, die bisher nichts von dem großen Kuchen abbekommen haben. Unlängst sorgte Frisch Auf! Göppingen für Aufsehen, jener Klub, der vor dieser Saison seinen Star Michael Kraus an den TBV verlor. Als FAG-Torhüter Martin Galia, der zuvor seinen Vertrag in Göppingen bis 2011 verlängert hatte, bekannt gab, er könne in Lemgo doppelt soviel verdienen als bei seinem aktuellen Klub und wolle deshalb schon zur kommenden Saison wechseln, reagierte FAG-Geschäftsführer Gerd Hofele daraufhin verschnupft, sprach von einer "Verrohung der Sitten" bei Transfergeschäften. Das Angebot der Ostwestfalen, für Galia 350.000 Euro nach Göppingen zu überweisen, schlugen Hofele & Co. lächelnd aus. Nach Informationen der "Stuttgarter Nachrichten" verlangen die Göppinger 1 Million Euro vom TBV Lemgo - eine Zahl, die vor drei Jahren noch ebenso undenkbar war wie die 700.000 Euro festgeschriebene Ablösesumme, die der HSV Hamburg bereit sein soll, für den vorzeitigen Wechsel von Blazenko Lackovic zu zahlen. Die Zeiten in der TOYOTA Handball-Bundesliga haben sich rasant geändert - und Geld verdient man längst nicht mehr nur in Spanien...

(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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