Mit großem Optimismus geht der THW Kiel in die neue Saison.
Das war allen Beteiligten der Jahrespressekonferenz
im Provinzial-Hauptgebäude anzumerken. Ein Grund für
die gute Stimmung: Die Provinzial-Versicherungen und
der THW Kiel verlängerten ihren Sponsoringvertrag
vorzeitig bis zum Saisonende 2013.
"Durch eine sofortige Vertragsumstellung verbunden mit einer angemessenen
Anpassung der Sponsoringsumme, konnten wir eine dreijährige Verlängerung
der Zusammenarbeit vereinbaren", sagte Provinzial-Vorstandsvorsitzender
Ulrich Rüther. Gleichzeitig haben weitere Sponsoren
wie adidas (bis 2014 verlängert) und coop (bis 2011 verlängert) ihre Verträge angepasst, sodass
THW-Geschäftsführer
Uwe Schwenker
einen Jahres-Etat von 7,8 Millionen Euro bekannt geben konnte.
"Dieser ist wie immer konservativ geplant", so
Schwenker,
"außer der Hauptrunde in der Champions League sind keine weiteren
Pokaleinnahmen in diesem Etat eingeplant."
"Ich freue mich riesig auf den Saisonstart", gab unterdessen Neu-Coach Alfred Gislason
Einblick in seine Gefühlswelt. "Die Mannschaft ist sehr intakt und arbeitswillig,
bisher blicke ich auf eine sehr angenehme Zusammenarbeit mit
der besten Mannschaft der Welt zurück. Ich bin optimistisch,
dass wir wieder um alle Titel mitspielen können."
Neuer Provinzial-Vertrag
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Großer Medienrummel herrschte bei der Saisoneröffnungs- Pressekonferenz im Provinzial-Hauptgebäude.
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Mit einem Paukenschlag begann die Pressekonferenz.
Schwenker und Rüther gaben
die vorzeitige Verlängerung des Provinzial-Sponsoring-Vertrages um weitere drei Jahre bekannt.
"Dadurch kann der THW Kiel seine Philosophie weiterhin umsetzen, mit Sponsoren aus der Region die finanzielle Basis
für Handball auf hohem Niveau zu schaffen", freute sich Rüther über den Coup. "Handball ist teurer geworden, das weiß auch die Provinzial. Deshalb
wurde unser finanzielles Engagement deutlich erhöht", sagte Rüther. "Wir denken,
dass die Zusammenarbeit mit einem
langjährigen Partner mit Herzblut andere Qualitäten in guten wie in schlechten Zeiten hat als die
mit einem ausländischen Investor. Wir als Provinzial hätten zum Arzt gemusst, wenn wir das Sponsoring des THW
aufgegeben hätten." Die Entscheidung zur Vertragsverlängerung sei ihm nach über 30 Jahren Zusammenarbeit mit der
Provinzial leicht gefallen, räumte
Uwe Schwenker ein, sie stehe für Kontinuität und Konstanz. "Wirtschaftlich und sportlich
dürften wir damit weiter in der Spur sein", so
Uwe Schwenker, der die Einnahmen
aus allen verlängerten und verbesserten Verträgen auf etwa 800.000 Euro bezifferte. "Wer Sorgen hatte, wir könnten uns finanziell
nicht mehr steigern, kann diese begraben. Wir sind wirtschaftlich stärker aufgestellt." Die Kasi-Group, die
Interesse an einem Sponsoring des THW bekundet hatte, sei nun Sponsor von den Rhein-Neckar-Löwen, so
Schwenker. "Ich bin froh und glücklich über die neuen Regelungen mit der
Provinzial." Es sei in Zukunft Geld vorhanden, um den einen oder anderen neuen Spieler
zu holen. "Wir sind regelmäßig mit vielen Spielern in Verhandlungen. Das Ziel ist es, den Kader zusammen zu halten. Dazu gehört auch,
dass wir demnächst mit
Kim Andersson über eine Verlängerung sprechen",
so der THW-Geschäftsführer weiter. "In Kiel ist der Handball zu Hause, bei den Spielern zählt nicht nur
das Geld", weiß der Manager eines Topklubs, der sich wie Flensburg ausschließlich über den Handball selbst und
nicht Mäzene finanziere. "Wir kämpfen mit unseren Mitteln, unser Umfeld haben andere nicht zu bieten - und
die anderen müssen erst einmal unser Niveau erreichen!"
Schwenker: "Hamburg ist unser größter Konkurrent"
Sportlich könne die kommende Saison wegen des Trainerwechsels und der Möglichkeit, als erstes
deutsches Team zum fünften Mal nacheinander Meister werden zu können, denkwürdig. "Wir haben
bewegende Monate hinter uns und stellen uns den größer gewordenen sportlichen Herausforderungen",
so
Schwenker. Als größten Konkurrenten machte er den HSV Hamburg aus. "Die sind auf allen Positionen
doppelt besetzt." Aber auch die Löwen, Flensburg und Lemgo hätten große Anstrengungen unternommen,
um mit dem THW auf Augenhöhe zu kommen. "Es wird eng, aber das ist gut für die Attraktivität der Liga."
Auch die Champions League sei durch den neuen Modus attraktiver und schwerer geworden. Hier solle
man in dieser Saison auch auf Zagreb achtgeben, die Dzomba und Balic wieder in ihren Reihen
hätten. Den Fans, die
bei der ersten Vorverkaufsphase keine Tickets mehr ergattern konnten, stellte Schwenker in Aussicht,
demnächst weitere Kombitickets in den Vorverkauf zu geben, die allerdings nur ein Vorkaufsrecht für mögliche
weitere Runden haben, wenn der THW in diesen nicht auf einen deutschen Klub trifft, da dann das Gästekontingent
voraussichtlich voll ausgeschöpft werde.
Gislason: "Will nicht alles auf den Kopf stellen"
Zum neuen Trainer sagte
Schwenker schmunzelnd, man habe nach einem
Mann gesucht, der gut passe, medienkompatibler und sponsorenfreundlicher sei. Mit
Alfred Gislason
habe man einen Mann gefunden, mit dem es hervorragend harmoniere und mit dem man hervorragden
gerüstet für die neue Saison sei. "Ich bin stolz, die Gelegenheit bekommen zu haben, diese Mannschaft
trainieren zu dürfen", gab dieser das Lob zurück an die Mannschaft, deren Zusammenhalt einzigartig auf
der Welt sei. "Der THW Kiel hat nie genaue Ziele definiert, ich gehe aber davon aus, dass wir
um alle Titel mitkämpfen werden", blickt
Gislason optimistisch in die
Zukunft. "Ich hoffe, wir können auf die bisher gezeigten tollen Leistungen aufbauen." Er müsse
nicht alles ändern, so
Gislason lachend, "denn so schlecht ist es bisher ja nicht gelaufen!"
Er werde aber mehr mit der Breite des Kaders arbeiten, um mit ausgeruhteren Spielern
länger ein höheres Tempo gehen zu können. Mit seinem Vorgänger habe er sich inzwischen bei einem
Abendessen getroffen und mit ihm geredet. "Er war nicht böse, dass ich das Amt angenommen habe. Wir sind auch
weiterhin gut befreundet", fasst
Gislason das private Gespräch zusammen.
Palicka: "Hatte eine schwere Vorbereitung"
Neuzugang
Andreas Palicka hat nach eigenen Angaben
"eine schwere Zeit" hinter sich. "Wir haben hier härter trainiert
als in Göteborg", sagte der junge schwedische Nationalkeeper,
der sich auf die Rückkehr
Thierry Omeyers
besonders freut. "Von ihm kann ich noch viel lernen!" "Er wird in den
nächsten Jahren auch international auf sich aufmerksam machen",
freute sich auch
Gislason
über den "Super-Transfer des THW", "er ist ein Riesentalent."
Schwenker
denkt sogar, dass
Palicka mit seiner "leicht verrückten Art" bald
zu einem Publikumsliebling werden könne. "Vor allem aber sind
Thierry und
Andreas vollkommen verschiedene Torwarttypen."
Lövgren: "Das Ende steht fest!"
Einen Wermutstropfen steuerte Kapitän
Stefan Lövgren
bei, wenngleich er ebenfalls gut gelaunt die Pressekonferenz
verfolgte. "Ich werde definitiv nach dieser Saison zurück nach
Schweden gehen und dort Handballlehrer an einem Sportgymnasium",
sagte
Lövgren. "Ob ich traurig oder froh
über den Abschied vom Leistungssport bin, kann ich noch nicht
so genau sagen. Die Vorbereitung war so hart, dass ich mir
darüber keinen Gedanken machen konnte." Die Vorbereitung sei auch unter
Gislason
"richtige Drecksarbeit" gewesen, bei der man nicht nur Cola getrunken habe. Deshalb freue er sich auch
auf den Saisonstart. Er erwartet eine spannende Saison und freut sich
auch über das Olympiagold für Frankreich. "Dann kommen
Nikola und
Omeyer glücklich nach Kiel,
Dominik
und
Zeitzi können es dann ja hier werden", schmunzelte der Kapitän.
Schwenker: "Terminhatz ist Wahnsinn"
Olympia war ein weiterer
heiß diskutierter Punkt auf der Pressekonferenz. "Die Terminhatz ist ein Wahnsinn, der auf den
Rücken der Spieler und der Vereine ausgetragen wird", polterte der THW-Manager. "Wenn man sieht, was
wir für Spiele im September und Oktober haben, wie wenig Zeit aber zum Einspielen des Teams bleibt,
weiß man, dass diese Belastungen nicht mehr normal sind." Ändern werde sich indes frühestens 2011 etwas
am internationalen Spielplan, der bis dahin festgezurrt sei. "Es will aber auch keiner auf Geld verzichten", machte
Schwenker wenig Hoffnung auf Besserung. Die olympischen Spiele hätten
gezeigt, dass der Akku bei vielen Spielern bereits jetzt leer sei. "Das Niveau in der Bundesliga
ist wesentlich höher als es bei Olympia war", so
Schwenkre. Dem pflichtete
Gislason bei: "Das Tempo bei Olympia war so hoch wie vor 20 Jahren - trotzdem
haben die Spieler keinen Urlaub gehabt. Irgendwann ist dann Ende."
Der Forderung Heiner Brands, mehr deutsche Jugendspieler einzusetzen, wollte Schwenker
nicht unkommentiert lassen. "Heiner ist mit zwölf Weltmeistern ausgeschieden, gleichzeitg wurde die
Jugend-Nationalmannschaft Europa- und die Junioren Vizeweltmeister. So schlecht kann unsere Jugend also gar nicht sein."
Das DHB-Jugendkonzept belaste den Etat des THW Kiel in jeder Saison mit einem "deutlich sechsstelligen Betrag", den
man aber bereit sei zu leisten. Zudem schließe der THW langfristige Verträge mit jungen deutschen Spielern. "In den
nächsten Jahren wollen wir die Kooperation mit dem TSV Altenholz ausbauen, so die Jugend an den
Spitzenhandball heran führen." Er sehe nicht so schwarz für den deutschen Handball, sei aber strikt
gegen eine Quotenregelung für deutsche Handballer: "Qualität wird sich durchsetzen, Quote führt zu höheren Preisen
für deutsche Spieler und könnte deshalb kontraproduktiv sein."
Am Ende von zum Großteil launigen 75 Minuten zog Schwenker ein erstes Fazit: "Wir haben die
Maßnahmen getroffen, um in der Erfolgsspur zu bleiben, wir können den gewachsenen Herausforderungen begegnen. Ich freue
mich auf die Saison!
(Christian Robohm)
Aus den Kieler Nachrichten vom 28.08.2008:
THW hält an Sponsor "mit erheblich mehr Geld" fest
Handballmeister und "Provinzial" einigten sich auf vorzeitige Vertragsverlängerung
Kiel - Neuer Trainer, personelle Veränderungen in der Geschäftsstelle,
selbst die saftigen Filetsteaks,
die Hauptsponsor "Provinzial" den Journalisten seit Jahrzehnten
bei der Jahrespressekonferenz
gereicht hatte, wurden gestern durch ein Büfett ersetzt: Bei Handballmeister
THW Kiel weht der von Manager Uwe Schwenker nach der
Trennung von Trainer Noka Serdarusic
prophezeite frische Wind. Eines aber bleibt wie in Stein gemeißelt:
Die "Zebras" tragen auch in Zukunft den Schriftzug der "Provinzial"
auf ihrer Brust.
Und sie werden es mindestens noch bis
ins Jahr 2013 tun. Ulrich Rüther, Vorstandsvorsitzender
des regionalen Versicherungsunternehmens,
gab bekannt, dass der noch bis 2010 laufende
Sponsoren-Vertrag mit dem THW vorzeitig
um weitere drei Jahre bis 2013 verlängert wurde. "Mit erheblich mehr
Geld", wie Rüther betonte. Dadurch werde der THW wirtschaftlich in die
Lage versetzt, auch in der Zukunft als europäisches Topteam bestehen zu
können. Man habe nicht abgewartet,
ob sich ein anderer großer Sponsor, "der Mal Lust auf Handball hat", engagiere.
Ohne Namen zu nennen, meinte Rüther wohl die dänische "Kasi-Group". Eine Firma, die im Frühjahr in
ernsthafte Verhandlungen mit dem Rekordmeister
eingetreten war. Die Dänen sollen bereit gewesen sein, rund
400 000 Euro pro Jahr in den THW zu investieren. Damit hätten sie den bisherigen
Trikotsponsor um rund 150 000 Euro übertroffen. Das Versicherungsunternehmen
muss seine Schatulle also weit geöffnet haben, um den Konkurrenten
aus Dänemark abzuwehren. Zahlen nannten die Beteiligten nicht.
Die Kasi-Group aber landete statt auf den THW- jetzt auf den Trikots der
Rhein-Neckar Löwen.
Die regionale Partnerschaft habe
sich in den letzten 30 Jahren absolut bewährt, erläuterte Ulrich Rüther weiter.
"Wir hätten zum Arzt gemusst, wenn wir das freiwillig aufgegeben
hätten." Uwe Schwenker machte angesichts der wirtschaftlichen Lage einen
sehr zufriedenen Eindruck. "Mit dieser
Entscheidung", so der THW-Manager,
"bleiben wir wirtschaftlich und sportlich in der Erfolgsspur." Schwenker
verkündete stolz, dass der Jahresetat
um 800 000 Euro auf jetzt 7,8 Millionen angestiegen sei. Auch, weil mit anderen
Sponsoren gute Abschlüsse getätigt worden seien. Kiels Manager, der seit
1992 im Amt ist, erwartet eine "denkwürdige Saison." Zum einen habe es
den Trainerwechsel gegeben, außerdem
könnten die "Zebras" zum fünften
Mal in Folge Meister werden, "was noch keine andere Mannschaft geschafft
hat." Als härteste Konkurrenten nannte er den HSV und die Löwen.
Auf der sportlichen Kommandobrücke steht seit Juli 2008 Alfred Gislason.
Der isländische Trainer, den der THW
für rund 700 000 Euro Ablöse aus Gummersbach geholt hatte, genießt
das uneingeschränkte Vertrauen von Schwenker. Überall, wo
Gislason gearbeitet
habe, habe er auch für positives Aufsehen gesorgt. "Wir haben einen
Trainer gefunden, der gut zu uns
passt." Außerdem, so der THW-Manager, sei Alfred Gislason
etwas medienkompatibler
und sponsorenfreundlicher
als Serdarusic. Kiels neuer Trainer
gestand, "dass ich vor einigen Monaten
nicht gedacht hätte, heute hier
sitzen zu können." Er sei seit 17 Jahren
Trainer und habe jetzt mit dem THW
eine Mannschaft bekommen, "mit der
zu arbeiten ich als Riesenherausforderung
betrachte." Die Kieler Handball-Welt wolle er indes nicht aus den Angeln
heben, denn "so schlecht ist es bisher ja auch nicht gelaufen."
Erste Lorbeeren könnte der 48-Jährige am Sonnabend beim Supercup (15
Uhr, DSF) gegen den HSV in München
ernten. Nach dem Schlussfeuerwerk in Peking und der Rückkehr der vier Kieler
Olympiateilnehmer hätte Gislason erstmals seinen kompletten Kader beisammen.
Doch ausgerechnet hinter "Welthandballer" Nikola Karabatic
steht ein dickes Fragezeichen. Der Franzose bezahlte seinen Olympiasieg
mit einer Ellenbogenverletzung und dürfte nur Zuschauer sein. Eine MRT-Untersuchung
am kommenden Montag soll Licht in die Schwere seiner Verletzung
bringen.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 28.08.2008)