21.10.2008 | Mannschaft |
Gestern am späten Nachmittag um 17.10 Uhr landete der THW-Tross auf dem Flughafen Hamburg. Und während sich seine Kameraden direkt zum Training nach Russee aufmachten, schlug Börge Lund den Heimweg nach Kronshagen ein. Ganz Handball-Kiel hatte in der 44. Minute von Barcelona den Atem angehalten: Ein Gerangel, ein Knall, ein Schrei - Time-Out. Selbst an das gellende Pfeifkonzert, mit dem die spanischen Zuschauer Lund vom Parkett geleitet hatten, erinnert sich der 29-Jährige nur noch schemenhaft. Zu deutlich zeichnete der Schmerz die Mimik des Ex-Nordhorners.
"Ich dachte, mir hätte jemand von hinten auf den Fuß getreten", sagte Lund, dessen Gefühlszustand derzeit zwischen "traurig, enttäuscht und ratlos" hin und her schwankt. "Das ist meine erste große Verletzung. Die realisiere ich wohl erst, wenn ich die Jungs spielen sehe." Unter den Fittichen von THW-Mannschaftsarzt Dr. Frank Pries soll heute Mittag eine Kerspin-Tomographie Aufschluss über die Schwere der Blessur Lunds geben. Ist nur ein Teil der Achillessehne in Mitleidenschaft gezogen, würde der Norweger um eine Operation herumkommen, sind die Fasern komplett zertrennt, liegt der 150-fache Nationalspieler vermutlich schon morgen Vormittag bei Pries auf dem OP-Tisch. "Wir müssen uns erst einmal die Schwellung anschauen. Aber egal, ob die Sehne gerissen ist, oder nicht, Börge wird so oder so lange ausfallen", sagte Pries gestern. Im schlimmsten Fall wird Lund dem THW fünf bis sechs Monate nicht zur Verfügung stehen.
Eine Tatsache, die THW-Trainer Alfred Gislason schon kurz nach dem Schlusspfiff realisierte und ankündigte: "Wir brauchen Ersatz für Börge, damit nicht ein anderer die Doppelbelastung tragen muss. Vor allem in der Deckung. Mal sehen, was jetzt möglich ist." Vermutlich wird demnächst also wieder ein Stand-by-Spieler wie einst Tobias Karlsson, Andrej Xepkin oder Ales Pajovic beim Deutschen Meister in die Bresche springen. Dass jemand Lund im Mittelblock gleichwertig ersetzen kann, daran verschwendete Gislason aber keine Gedanken: "Ersatz auf diesem Niveau wird es wohl nicht geben."
Zusammen mit THW-Manager Uwe Schwenker will Gislason den Markt nach potenziellen Spielern sondieren. "Aber ganz in Ruhe", wie Schwenker erklärte. "Eine Blitzaktion wird es von unserer Seite aus nicht geben. Das muss alles passen. In dieser Woche wird auf jeden Fall nichts mehr passieren." Namen wollte Schwenker naturgemäß nicht nennen. Nur so viel: "Ein Bundesliga-Spieler muss bis zum Ende der Saison bleiben. Ein Ausländer könnte auch für wenige Monate ausgeliehen werden. Ist der in dieser Saison schon in der Champions League im Einsatz gewesen, bringt der uns aber auch nichts."
(von Frank Molter, aus den Kieler Nachrichten vom 21.10.2008)
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