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09.11.2008 Interview

Zebra-Interview mit Börge Lund: Krankenbesuch

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Börge Lund: "Die Atmosphäre bei den Heimspielen ist atemberaubend."
Klicken Sie für weitere Infos! Börge Lund: "Die Atmosphäre bei den Heimspielen ist atemberaubend."

Ein wenig müde und geschafft klingt Börge Lund wenige Tage nach seiner Operation an der Achillessehne. Den Blondschopf des THW Kiel hat es im Spiel in Barcelona böse erwischt. Im ZEBRA-Interview spricht der 29-jährige Norweger aus Bodö aber nicht nur über seine Verletzung.
Zebra:
Was genau ist in Barcelona passiert?
Börge Lund:
Meine Achillessehne war zu drei Vierteln gerissen, und nun stehen mir fünf bis sechs Monate Pause bevor. Das ist allerdings auch das Maximum, also hoffe ich doch insgeheim, dass es vielleicht ein bisschen schneller gehen könnte.
Zebra:
Was ging Ihnen im Moment der Verletzung durch den Kopf?
Börge Lund:
Mein erster Gedanke war: Mein Gegenspieler ist mir von hinten in den Fuß gelaufen oder hat mich getreten. Doch als ich mich umgeschaut habe, war dort niemand. Ein wenig später erinnerte ich mich, dass Freunde aus der Nationalmannschaft mir schon einmal erzählten, dass sie dieses Gefühl hatten, und am Ende eine gerissene Achillessehne dabei herausgekommen war - also wusste ich in etwa, was es hätte sein können. Leider hat mich mein Gefühl nicht getäuscht.
Zebra:
Und das, wo es gerade sportlich aufwärts ging .
Börge Lund:
Als Sportler ist so eine lange Pause wirklich bitter. Egal, zu welchem Zeitpunkt sie kommt. Dies ist meine erste richtig schwerwiegende Verletzung, und so werde ich ab jetzt viele neue Erfahrungen machen und lernen müssen, damit umzugehen.
Zebra:
Wie haben Sie die ersten Tage nach der Operation verbracht?
Börge Lund:
Die ersten Tage habe ich nur auf dem Sofa gelegen. Noch ist es nicht so schwer, mit der Verletzung umzugehen. Das wird erst nach ein bis zwei Monaten kommen. Dann, wenn ich meine Mitspieler auf dem Feld spielen und trainieren sehe. Und ich bemerke, dass ich nicht dabei sein kann.
Zebra:
Versuchen Sie trotzdem, Positives darin zu sehen?
Börge Lund:
Das fällt schwer. Ich hoffe einfach, nur noch stärker aus der "Zwangspause" herauszugehen.
Zebra:
Bis vor einigen Wochen lief es sportlich wesentlich besser als in der vergangenen Saison. Sind Sie in Kiel angekommen?
Börge Lund:
Ich habe mich vom ersten Tag an in Kiel wohlgefühlt. Die Mannschaft, die Stadt und die Atmosphäre sind toll. Was mir anfangs gefehlt hat, waren die Spielzeiten. Doch das war in den letzten Monaten auch besser geworden. Umso ärgerlicher ist es, nun gebremst zu werden.
Zebra:
Was haben Sie in dem einen Jahr in Kiel lieben gelernt?
Börge Lund:
Was wirklich anders ist als sonst überall, wo ich schon gewesen bin, ist die Atmosphäre bei unseren Heimspielen. Die liebe ich wirklich - sie ist atemberaubend.
Zebra:
Wie haben Sie es sich zu Hause gemütlich gemacht?
Börge Lund:
Meine Frau Tone macht all das, was mit Einrichtung, Stil und Möbeln zu tun hat - es ist ein bunter Mix aus allem. Norwegischer und deutscher Stil, aber auf jeden Fall sehr modern. Wir machen es so, wie es uns gefällt, dann fühlen wir uns wohl.
Zebra:
Zweifelsohne gehören Sie zu den hervorstechenden Persönlichkeiten beim THW .
Börge Lund:
Viele denken das. Doch ich bin vom Charakter her eher etwas zurückhaltend und stehe im Hintergrund. Also vielleicht mag ich durch mein Äußeres auffallen, in Wirklichkeit bin ich aber anders, was die anderen auf den ersten Blick nicht wahrnehmen.
Zebra:
Ist Kiel Ihnen vielleicht ein bisschen zu schlicht?
Börge Lund:
Die Stadt ist in keinem Fall langweilig. Ich brauche kein großes Programm oder große Möglichkeiten in einer Stadt. Durch den Sport und meine Familie habe ich nicht wirklich Zeit, etwas anderes zu machen. Ich genieße es einfach, den Moment zu leben, und das nicht mit großen Attraktionen, sondern im Kreise meiner Familie. In Norwegen haben wir in einer Stadt gewohnt, die gerade einmal 45 Einwohner hat.
Zebra:
Bodö - Ihr Heimatort - liegt am Polarkreis. Man könnte meinen, Sie passen überhaupt nicht in eine Großstadt.
Börge Lund:
Kiel ist auch keine typische Großstadt für mich. Hamburg schon eher, doch in Kiel ist vieles persönlicher, die Menschen sind mehr zusammen. Das gefällt mir, aber sicherlich sind Bodö und Kiel zwei Extreme und völlig unterschiedlich.
Zebra:
Haben Sie Ihre Heimat denn erst wertschätzen können, nachdem Sie ins Ausland gewechselt sind?
Börge Lund:
Ja, auf jeden Fall. Als ich damals nach Dänemark gekommen bin, wusste ich, was ich in meiner Heimat so genossen habe. Als ich irgendwann zurückkam, merkte ich, wie schön dort doch alles ist. Man sieht dies erst im Nachhinein. Es ist doch auch bei vielen anderen Dingen so, dass man sie erst dann zu schätzen weiß, wenn man sie nicht mehr hat.
Zebra:
Was sind das für Gefühle, wenn Sie nach Hause zurückkehren?
Börge Lund:
Es ist jedes Mal schön zurückzukehren, die Familie und die Freunde zu sehen. Das gibt einem Kraft, auch wenn ich dann nur für ein paar Tage dort bin.
Zebra:
Ist Börge Lund ein Naturtyp?
Börge Lund:
Ich bin weißgott kein Mensch, der durch die Natur streift. Das bin ich früher nicht gewesen, und das bin ich auch heute noch nicht. Ich mache keine ausgiebigen Spaziergänge, doch ich freue mich, die Natur zu sehen - ich genieße zum Beispiel die Aussicht in Norwegen und genieße dies auf meine Art und Weise.
Zebra:
Wollen Sie, Ihre Frau Tone und Ihr Sohn Lukas nach der sportlichen Karriere nach Bodo zurückkehren?
Börge Lund:
Ja unbedingt!
Zebra:
Man könnte meinen, Sie seien der Typ Rocker, der gerne auf die Piste geht und feiert .
Börge Lund:
Ob man aussieht wie ein Rocker oder ob man einer ist - das ist ein großer Unterschied. Die Leute, die nur vom Äußeren her urteilen, sind mir zu oberflächlich. Ich liebe schon die Musik, doch habe ich für mehr gar nicht wirklich Zeit. Durch unseren Sohn Lukas sind wir erwachsener geworden und setzen unsere Prioritäten anders. Es geht nicht immer nur ums Feiern und Spaß haben. Für meine Karriere war es auch von Vorteil, das Glück mit der Familie zu haben. Als ich in Dänemark war, gab es nur Handball und eben die Musik - man hat sich zwischenzeitlich gar nicht mehr so auf den Sport konzentriert, sondern mehr auf das Abendprogramm. Inzwischen stehen Familie und Sport im Vordergrund.
Zebra:
Musik ist aber weiterhin eines Ihrer großen Hobbys?
Börge Lund:
Auf jeden Fall. Ich war schon öfter auf Festivals in Dänemark und Konzerten, Musik ist eine meiner Leidenschaften und hilft mir beim Abschalten vom Sport. Letztes Jahr habe ich es aber nur zu zwei oder drei Konzerten geschafft. Schade, dass nur sehr wenige Konzerte in der Kieler Sparkassen-Arena statt finden.
Zebra:
Welches war Ihr letztes Konzert?
Börge Lund:
Das letzte Mal waren wir bei den Smashin Pumpkins in Hamburg. Für ein gutes Konzert reisen wir auch gerne mal - und wenn es eben nur nach Hamburg ist.
Zebra:
Welche Bands sind momentan bei Ihnen angesagt?
Börge Lund:
Es gibt zurzeit doch wirklich unglaublich viele Gruppen und Bands, die aus dem Boden schießen. Eine wirklich gute Musikgruppe habe ich aber in den letzten Monaten nicht neu kennengelernt. Ich interessiere mich für norwegische Musik, aber auch deutsche Künstler finde ich durchaus gut. Ich bin beispielsweise ein Fan von Reamon und Rammstein - Rockmusik eben.
Zebra:
Wie viele CDs haben Sie in Ihrem Haus?
Börge Lund:
Wir haben vier volle CD-Ständer, die vom Fußboden bis zur Decke reichen. Ich meine, es sind zwischen 400 und 600 CDs, die sich dort stapeln. Mir liegt halt etwas an einem schönen Album, bei dem man das Booklet herausnehmen und die Texte nachlesen kann. Man hat etwas in der Hand und nicht nur eine Datei auf dem Computer. Die CDs habe ich dann grob nach Alphabet sortiert, anders behält man bei den Mengen auch keinen Überblick und findet nichts wieder (lacht).
Zebra:
Sind Sie ein ordnungsliebender Mensch?
Börge Lund:
Bei einigen Dingen, wie zum Beispiel meinen CDs, ist mir die Ordnung schon wichtig. Ich habe auch gemerkt, dass ich in der Beziehung mit mir selbst strenger geworden bin. Früher sah es bei mir zu Hause so aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Je älter ich wurde, desto ordentlicher sah es bei mir aus. Heute freue ich mich, wenn ich in ein aufgeräumtes Zuhause komme.
(Das Gespräch führte Annika Stöllger, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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