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18.02.2009 Karlchens Einwurf

Zebra: Karlchens Einwurf

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Chaos ist für viele schrecklich, obwohl doch die Welt aus dem Chaos entstanden sein soll. Im Hebräischen heißt das übrigens Tohuwabohu - und das kennst man nicht nur aus den Zimmern unserer Kinder.
Wie sagt es ein amerikanischer Dichter: Das Chaos besiegt die Ordnung, weil es einfach besser organisiert ist. Das kann man am Schönsten erleben in den Filmen von Stan Laurel und Oliver Hardy, den legendären "Dick und Doof". Was mit der Renovierung eines Schiffs beginnt, endet stets im wildesten Chaos. Das passiert mit solcher Effizienz, dass jeder Firmenchef das Tun der beiden nur bewundern kann. Am Ende ist das Schiff natürlich gesunken, aber der Zuschauer hat seinen Spaß. Meist streiten sich Stan und Olli, weil einer von beiden sich ungerecht behandelt fühlt und sie sich ständig aneinander "rächen".

Kennen Sie Homer? Nicht den faulen, schmierbäuchigen Comic-Helden aus dem Fernsehen, sondern den aus der antiken Geschichte. Der hat die Ilias geschrieben. Diese beginnt mit den berühmten Worten "Singe den Zorn des Pleiaden Achill". Da geht es um den Streit des bedeutendsten griechischen Kämpfers Achill mit seinem Heerführer. Der hatte ihm eine Frau weggenommen. Weil Achill das als himmelschreiend ungerecht empfand, sagte er: "Nun gut, dann kämpfe ich einfach nicht mehr, und ihr könnt sehen, was passiert." Achill will Gerechtigkeit.

Wenn ich zur Zeit die Zeitungen aufschlage oder den Fernseher anmache, könnte man meinen, da wäre auch ein "Singe den Zorn des Nikola Karabatic, der tapfere Streiter, der unnennbaren Jammer erregte" möglich. Achill kämpft erst dann wieder, als die Trojaner einen Freund von ihm niederstrecken. Ein bisschen erinnert das an die Szene in der ersten Halbzeit gegen Balingen, als Nikola nach einem bösen Foul gegen Marcus Ahlm fast ausrastete. Nikola kann halt nicht aus seiner Haut, er ist ein leidenschaftlicher Handballer und Freund. Und dafür mögen wir Kieler ihn.

Nun, die Ungerechtigkeit kann man ja auch klar benennen, es ist nicht Briseis, die Frau, die Agamemnon dem Achill nahm, sondern Nikola vermisst den väterlichen Freund, der ab kommender Saison die Handballwerfer in Mannheim befehligt. Wobei es mir ein Rätsel ist, warum man unbedingt in eine Metropolregion (scheußliches Wort) möchte, wenn man auch im herrlichen Kiel leben kann.

Es ist die Auseinandersetzung um eine als Ungerechtigkeit empfundene Entscheidung. Dass solch ein Kampf alt ist, zeigen ungemein viele Beispiele aus der Literatur und der Geschichte. Das Tragischste ist das des Michael Kohlhaas, der zwar vollkommen im Recht ist, aber sich so an seinem Recht "festbeißt", dass er daran zugrunde geht.

In Frankreich heißt es "Gerechtigkeit gibt es nur in der Hölle, im Himmel ist Gnade" - und auf der Erde? Da sollte man erdulden. Aber das hat mit Geduld zu tun, und die hat in unserer rasanten Welt ja keiner mehr. Ach ja, noch einmal zu den Filmen von Stan Laurel und Oliver Hardy. Es muss viel Spaß gebracht haben, die Geschichten vom Chaos zu inszenieren. Der Regisseur, Hal Roach, wurde immerhin 100 Jahre alt ...

(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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