Aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2009:
Zagreb - Wer
Bruno Martini
beobachtet, muss unweigerlich an den Farmer Edgar aus
"Men in Black" denken. Außerirdische ergreifen in dem
Film Besitz von seinem Körper, und fortan treibt Edgar,
dem
Martini frappierend
ähnlich sieht, sein Unwesen. Wenn der 38-jährige
Martini ein Trikot überstreift,
ergreift der Handball von ihm Besitz. Und das auch nach
zwei Jahren Pause. Der zweifache Familienvater hatte
gestern in Zagreb seinen ersten
großen "THW-Moment".
Zwei Jahre ohne Handball. Zwei Jahre ohne Training.
"Ich bin nicht fit. Und als
Alfred
mich anrief, habe ich auch gesagt, dass ich mich bestimmt
nicht lächerlich machen will", betont der Weltmeister
(1995/2001), Champions-League-Sieger (Montpellier,
2003), fünfmalige französische Meister (Vitrolles,
Montpellier), Pokalsieger (Vitrolles, Toulouse, Montpellier)
und 202-malige französische Nationalspieler. Warum
er das Blitz-Engagement trotzdem angenommen hat?
"Weil Kiel die beste Mannschaft der Welt ist." Also pendelt
Martini jetzt zwischen zwei Welten.
Seiner Marketing-Firma auf der einen, mit der er von
Montpellier aus die französische Handball-Liga und einen
Klub in Istres berät, und dem THW Kiel auf der anderen Seite.
Heute fliegt er nach Montpellier, ist Donnerstag zurück,
verpasst das Spiel gegen Göppingen. Am Spielfeldrand jedoch
verpasste der 1,97 Meter große Routinier gestern keinen Ball,
"lebte" jeden Ball, den sein Freund
"Titi" Omeyer hielt.
Und dann bekam er sogar seine erste Chance. In der 52.
Minute parierte er einen Siebenmeter von Kiril Lazarov.
Anschließend strahlte er. Sogar THW-Coach
Alfred Gislason ("Das war richtig
schön für ihn. Bruno ist extrem, aber
nett"), ansonsten während eines Spiels hochkonzentriert
und nicht zu Späßen aufgelegt, spendierte ein herzliches
Lachen. Nach dem Match rief Martini
sofort bei seiner Frau Sonia und den Kindern Guilhem
(11) und Lina (6) an. Auch die spielen Martinis neues altes
Spiel mit, von dem er sich längst in den handballerischen
Ruhestand verabschiedet hatte. Sie werden wissen,
dass ihr Vater, von dem der Handball irgendwie Besitz ergriffen
hat, den Sport lebt. Und der kleine Guilhem ist
ohnehin nicht auf den Kopf gefallen. "Wenn Papa den Ball
jetzt hält", sagte er in der 52. Minute des gestrigen Matches
zu seiner Mama. "Dann hat er die beste Statistik aller Torhüter
in der Champions League." Papa hielt den Ball und
explodierte förmlich. Denn Papa ist einer, der nicht anders
kann: "Ich will dem Kieler Team etwas geben. Und es
ist ja so: Wer einmal Titel gewonnen hat, der will immer
noch mehr."
(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2009)