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29./30.03.2009 - Letzte Aktualisierung: 30.03.2009 Champions League

Champions League: THW erkämpft Unentschieden in Zagreb

CL, Viertelfinale, Hinspiel: 29.03.2009, So., 17.30: RK Zagreb - THW Kiel: 28:28 (13:12)
Update #2 KN-Bericht, Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt...

Zeigte eine Weltklasseleistung: Thierry Omeyer.
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Der THW Kiel hat sich am Sonntagnachmittag im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League eine gute Ausgangssituation für das Rückspiel am kommenden Samstag in Kiel erarbeitet. Beim kroatischen Serienmeister RK Zagreb erkämpfte sich der THW in der ausverkauften Halle "Dom Sportova" ein 28:28-Unentschieden und benötigt in der Sparkassen-Arena "nur" einen Sieg zum Halbfinal-Einzug. Garanten für diesen Teilerfolg waren ein starker Thierry Omeyer im Kieler Tor, eine konzentrierte Abwehrarbeit sowie Filip Jicha mit acht Treffern.
In der mit 7.000 frenetischen Fans ausverkauften Halle konnte Alfred Gislason wieder auf seinen Rechtsaußen Vid Kavticnik zurückgreifen, vorerst schenkte er aber dem in den letzten Wochen starken Christian Zeitz das Vertrauen. Auch Kapitän Stefan Lövgren blieb zunächst auf der Bank, die Spielmacherposition bekleidete Nikola Karabatic.

Höllenstimmung im ausverkauften Dom Sportava in Zagreb.
Klicken Sie zum Vergrößern! Höllenstimmung im ausverkauften Dom Sportava in Zagreb.
Schnell bestätigte sich die im Vorfeld erwartete Abwehrschlacht: Der THW vertraute gegen den starken Rückraum um Balic, Valcic und Lazarov auf die eingespielte 6:0-Deckung, Zagreb spielte eine für den Kieler Angriff sehr unangenehme, offensive 3:2:1-Deckung mit dem zentral vorstoßenden Igor Vori. Kiril Lazarov, Top-Torschütze der letzten WM und Champions-League-Saison, erarbeitete sich gleich nach wenigen Sekunden einen Siebenmeter, mit dem er aber am vom ersten Moment an hellwachen Thierry Omeyer scheiterte. Da aber auch Gorazd Skof im RK-Tor einen blendenden Start erwischte, fiel auch nach drei Minuten noch kein Tor auf beiden Seiten, Jicha, Karabatic und Vori scheiterten. Erst als Denis Spoljaric nach Foul an Karabatic früh die erste Zeitstrafe bekam, bot sich mehr Platz für den THW. Nach einem Fehlpass Anderssons gelang Zagreb zwar durch Horvat der erste Treffer, dann aber nutzten die Kieler Angreifer die Überzahl und gingen durch Karabatic und Ahlm mit 2:1 in Führung. Als Filip Jicha wenig später gar das 3:1 erzielte, konnte man aus Kieler Sicht den Start als durchaus gelungen bezeichnen.

Igor Vori war mit neun Treffern bester Schütze der Partie.
Klicken Sie zum Vergrößern! Igor Vori war mit neun Treffern bester Schütze der Partie.
An diese Anfangsphase der Zebras schloss sich dann aber die insgesamt schwächste an: Im Angriff fehlten die Ideen, insbesondere die rechte Seite war nicht präsent. Kim Andersson gelang im ersten Durchgang nicht ein Wurf aufs gegnerische Tor, seine spärlichen Versuche wurden stets geblockt. Hinzu kamen technische Fehler der Kieler und einige gute Paraden Skofs - dem THW gelang in sechs Minuten kein einziger Treffer, den Gastgebern hingegen gleich deren sechs. Der hochgelobte Zagreber Rückraum wusste allerdings nicht zu überzeugen, die Treffer gingen allesamt auf die Konten von Kreisläufer Igor Vori sowie der beiden Außen Vukic und Horvat, die die Kieler Fehler eiskalt ausnutzten. Plötzlich stand es 7:3 für den Gastgeber, der Dom Sportova brodelte.

Ein Schlüsselmoment für die Zebras war sicherlich, dass Marcus Ahlm im nächsten Kieler Angriff zwar erneut an Gorazd Skof scheiterte, der Ball aber hinter dem Rücken des Slowenen doch noch ins Tor sprang zum 4:7-Anschlusstreffer. Karabatic und erneut Ahlm verkürzten dann sogar auf 6:7 und brachten den THW wieder auf Kurs. RK Zagreb konnte im Positionsspiel weiterhin nicht überzeugen, auch mit Jungstar Duvnjak änderte sich dies nicht. Besonders der Mazedonier Kiril Lazarov ließ seine gewohnte Torgefährlichkeit komplett vermissen und scheiterte im ersten Durchgang mit allen seinen vier Wurfversuchen. Dies war sogar für Trainer Maglajlija irgendwann zu viel, der zwischenzeitig mit drei Rechtshändern im Rückraum spielen ließ.

Halbrechte unter sich: Weder Kim Andersson (links) noch Kiril Lazarov gelang in der ersten Halbzeit ein Tor.
Klicken Sie zum Vergrößern! Halbrechte unter sich: Weder Kim Andersson (links) noch Kiril Lazarov gelang in der ersten Halbzeit ein Tor.
Der THW hätte in dieser Phase sogar wieder in Führung gehen können statt den Rückstand in Grenzen zu halten - wenn man im Angriff die Chancen besser genutzt hätte. Dominik Klein aber scheiterte zweimal aus gutem Winkel an Skof, Christian Zeitz und später Vid Kavticnik auf Rechtsaußen wurden kaum ins Spiel eingebunden, und der Kieler Rückraum hatte es gegen die aggressive Abwehr weiterhin schwer, überhaupt einmal in eine Wurfposition zu kommen. Immer wieder wichen Karabatic und Jicha daher zum Kreis aus - das bislang einzige Erfolgskonzept gegen Zagreb.

Bis zur 27. Spielminute betrug der Vorsprung Zagrebs in einer bislang recht torarmen Partie daher nur einen Treffer - 12:11 stand es bis dahin. Mittlerweile war auch Stefan Lövgren im Spiel, ohne allerdings ein Mittel gegen die Abwehr Zagrebs zu finden. Als Mirza Dzomba dann erstmals aufs Parkett zum Siebenmeterpunkt schritt und das 13:11 markierte und Ahlm an Skof scheiterte, war kurz vor der Pausensirene doch noch die Möglichkeit für die Gastgeber gekommen, ein wenig davonzuziehen. Der überragende Vori wurde von Valcic gefunden und konnte nur durch ein Foul gestoppt werden, für Dzomba die Möglichkeit, mit einem weiteren verwandelten Strafwurf den Vorsprung auf drei Tore auszubauen. Doch er scheiterte am bärenstarken Thierry Omeyer, dem allein zehn Paraden vor dem Pausenpfiff gelangen. Die verbleibenden Sekunden nutzte der THW dann in Weltklasse-Manier: eine wunderschöne Ballstafette über Zeitz und Kavticnik nutzte Kreisläufer Marcus Ahlm mit seinem vierten Treffer zum 12:13-Halbzeitstand.

Ivano Balic war nach einem rüden Foul an Nikola Karabatic mit einer Zeitstrafe noch gut bedient.
Klicken Sie zum Vergrößern! Ivano Balic war nach einem rüden Foul an Nikola Karabatic mit einer Zeitstrafe noch gut bedient.
Kurz nach dem Seitenwechsel - Ahlm und Vori erhöhten ihr Torkonto zuvor jeweils einen weiteren Treffer - platzte dann auch endlich der Knoten bei Kim Andersson: Sein erster Torwurf krachte zum 14:14 in die Maschen. Als der weiterhin unterirdisch spielende Lazarov den Ball an Karabatic verlor, war der Franzose auf dem Weg zur ersten Kieler Führung seit der Anfangsphase, doch wurde er von Ivano Balic durch einen rot-würdigen, aber nur mit einer Zeitstrafe geahndeten Bodycheck gestoppt. Den fälligen Siebenmeter - den ersten für die Zebras in der Partie - konnte aber Vid Kavticnik doch letztlich zum 15:14 aus Kieler Sicht verwandeln.

Zwar gelang anschließend Kiril Lazarov ausgerechnet in Unterzahl sein erster Treffer, doch die Kieler blieben in dieser Phase spielbestimmend. Thierry Omeyer parierte drei weitere Male glänzend gegen Valcic, Vori und Balic, Lundström, Ahlm und erneut Kavticnik vom Siebenmeter-Punkt erhöhten für die Gäste auf 18:15. Als Lundström einen von Stefan Lövgren initiierten Gegenstoß erfolgreich zum 19:16 (41.) abschloss, war es mittlerweile merklich ruhiger geworden im Dom Sportova.

Henrik Lundström erzielte zu Beginn  der zweiten Halbzeit zwei wichtige Tore.
Klicken Sie zum Vergrößern! Henrik Lundström erzielte zu Beginn der zweiten Halbzeit zwei wichtige Tore.
Andersson mit einem Unterarmwurf und Jicha mit vollem Anlauf verwalteten den Vorsprung zunächst, doch Fehlpässe und "Fahrkarten" Kavticniks und Jichas brachten die Gastgeber durch den immer stärker werdenden Tonci Valcic und einen Strafwurf Lazarovs wieder heran. Beim Stand von 21:21 (48.) hatte Zagreb sogar die große Chance, wieder in Führung zu gehen, als den Kielern ein weiterer technischer Fehler unterlief und Mirza Dzomba allein auf Thierry Omeyer zustürmte, sein Aufsetzer aber vom Keeper an die Latte gelenkt wurde. Stattdessen drehte nun der THW noch einmal auf, zweimal Jicha und einmal Karabatic schraubten das Ergebnis wieder auf 24:21 für die Gäste. Auch Blitztransfer Bruno Martini kam in dieser Phase zu seiner ersten Aktion im Zebra-Dress, als er einen Strafwurf Lazarovs entschärfte.

Nikola Karabatic musste in der 50. Minute das Spielfeld verletzt verlassen.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nikola Karabatic musste in der 50. Minute das Spielfeld verletzt verlassen.
Allerdings verletzte sich Karabatic bei seinem Treffer vom Kreis an seinem ohnehin angeschlagenen Knie und konnte die letzten zehn Minuten nicht mehr eingesetzt werden. Diese Schwächung nutzte Zagreb binnen 80 Sekunden zum erneuten Ausgleich, doch der THW blieb weiterhin ruhig. Vid Kavticnik drehte nun auf, verwandelte auch seinen dritten Siebenmeter souverän, und als der Slowene ein tolles Jicha-Anspiel mit einem Heber gegen seinen Landsmann Skof zum 27:25 abschloss, schien sogar wieder ein Sieg in Reichweite. Dass es am Ende dann doch "nur" zu einem Unentschieden reichte, lag an zwei Paraden Skofs ausgerechnet gegen den lange Zeit starken Marcus Ahlm und an Tonci Valcic, der mit seinen Treffern 5 und 6 am Ende das leistungsgerechte 28:28 markierte.

Für den THW ist dieses Unentschieden sicherlich eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel am kommenden Samstag (Anpfiff: 17.00 Uhr in der Sparkassen-Arena). Gegen die gefährliche Mannschaft von RK Zagreb benötigen die Zebras aber erneut eine starke Leistung über 60 Minuten, um die Startruppe in Schach zu halten. Zunächst aber wird Alfred Gislason seine Konzentration auf den Mittwoch richten, wenn seine Mannschaft in der Stuttgarter Porsche-Arena bei den aktuell stark auftrumpfenden Göppingern zwei weitere Punkte auf dem Weg zur deutschen Meisterschaft einsammeln will.

(Sascha Krokowski)

Lesen Sie bitte auch den Spielbericht der Kieler Nachrichten sowie den KN-Bericht über das Debüt von Bruno Martini.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason gegenüber den KN:
Ich bin alles andere als zufrieden mit den Schiedsrichtern. So wie Karabatic immer gefoult wird, ist es kein Wunder, dass er schon wieder verletzt ist. Ich gehe davon aus, dass er am Mittwoch gegen Göppingen nicht spielen kann. Und es gab nicht einmal "zwei Minuten" für das Foul, bei dem er sich verletzt hat. Gegen die 3:2:1-Deckung haben wir uns teilweise zu langsam bewegt. Wir hätten einen Sieg mit vier bis sechs Toren verdient gehabt.
Zagrebs Trainer Senjanin Maglajlija gegenüber den KN:
Gegen Kiel können wir uns einfach nicht erlauben, dass drei, vier Spieler einen schlechten Tag haben. Das waren nicht einmal 50 Prozent unserer Möglichkeiten. Ich erwarte in einer Woche ein viel besseres Spiel.
THW-Kreisläufer Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Mit dem Endergebnis können wir zufrieden sein. Jetzt geht es bei Null los. Dabei brauchen wir die Hilfe der Fans.
THW-Kapitän Stefan Lövgren gegenüber den KN:
Dort, wo es am lautesten ist, will man unbedingt spielen. Beide Mannschaften konnten weniger mit dem Angriff als mit der Abwehr zufrieden sein. Für das Rückspiel erwarte ich jetzt Kampf ohne Ende.
THW-Rückraumspieler Filip Jicha gegenüber den KN:
Ein schweres Spiel vor einer tollen Kulisse. Eigentlich hatten wir das Spiel auf unserer Seite, haben aber leider nur Unentschieden gespielt. Aber die zweite Halbzeit in Kiel kommt ja erst noch. Ich bin optimistisch.
Zagrebs Torhüter Gorazd Skof gegenüber den KN:
Unsere Chancen in Kiel stehen Fifty-fifty.
Zagrebs Linksaußen Ljubo Vukic gegenüber den KN:
Immerhin haben wir nicht 40 Tore kassiert, wie es sonst üblich ist, wenn Mannschaften gegen Kiel spielen.

 


Champions League, Viertelfinale, Hinspiel: 29.03.09, So., 17.30: RK Zagreb (CRO) - THW Kiel: 28:28 (13:12)

Logo Zagreb RK Zagreb (CRO Flagge CRO):
Sego (n.e.), Skof (1.-60., 12 Paraden); Koloper (n.e.), Duvnjak (2), Lazarov (3/2), Spoljaric, Vori (9), Dzomba (1/1), J. Valcic (n.e.), Kopljar (n.e.), Horvat (3), Vukic (3), T. Valcic (6), Balic (1); Trainer: Maglajlija
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-60., 17/2 Paraden), Martini (bei einem Siebenmeter, 1/1 Parade); Lund (n.e.), Andersson (2), Lundström (2), Kavticnik (6/3), Anic (n.e.), Lövgren, Ahlm (6), Zeitz, Karabatic (4), Klein, Jicha (8); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Oliver Buy / Stevanne Pichon (Frankreich)
Zeitstrafen:
Zagreb: 4 (Spoljaric (4.), Balic (33.), Dzomba (36.), Valcic (54.));
THW: 3 (2x Ahlm (20., 35.), Lövgren (47.))
Siebenmeter:
Zagreb: 6/3 (Omeyer hält Lazarov (1.) und Dzomba (30.); Martini hält Lazarov (51.));
THW: 3/3
Spielfilm:
1. Hz.: 1:0 (4.), 1:3 (7.), 7:3 (13.), 7:6, 8:6, 8:7, 9:7, 9:9 (21.), 11:9, 11:10, 12:10 (24.), 12:11, 13:11, 13:12;
2. Hz.: 13:13, 14:13, 14:15 (33.), 15:15, 15:18 (39.), 16:18, 16:19, 18:19 (43.), 18:20, 19:20, 19:21, 21:21 (47.), 21:24 (52.), 24:24 (53.), 24:25, 25:25, 25:27 (57.), 27:27, 27:28, 28:28.
Zuschauer:
7000 (ausverkauft) (Dom Sportova, Zagreb (CRO))

Kurzumfragen:

Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.

 

Die anderen deutschen Europapokal-Teilnehmer

Neben dem THW Kiel kämpfen auch die restlichen drei deutschen Starter in der Champions League um den Halbfinaleinzug. Mindestens eine Mannschaft wird allerdings auf der Strecke bleiben.

Denn mit der SG Flensburg-Handewitt und dem HSV Hamburg treffen im Viertelfinale zwei Bundesligisten direkt aufeinander. Dabei haben die Hanseaten momentan die besseren Karten, denn das Hinspiel in der Campushalle gewann der HSV am Mittwoch mit 28:25 (14:12). Somit ist die Mannschaft von Martin Schwalb klarer Favorit aufs Weiterkommen, wenn am Freitag, den 3. April, um 19 Uhr das Rückspiel in der Color-Line-Arena angepfiffen wird. Eurosport überträgt das Derby live.

Die Rhein-Neckar Löwen verloren am Samstag ihr Hinspiel beim russischen Meister Chekhovskie Medvedi Moskau knapp mit 31:33 (15:21). Nachdem man schnell mit 3:10 hinten lag, konnte sich die Mannschaft von Wolfgang Schwenke besonders im zweiten Durchgang steigern und hat mit dem Ergebnis gute Möglichkeiten, das Halbfinale zu erreichen. Die Entscheidung fällt am nächsten Sonntag, den 5. April, um 17.15 Uhr, Eurosport überträgt erneut.

Im Viertelfinale des EHF-Pokals erarbeitete sich der VfL Gummersbach am Sonntag eine sehr gute Ausgangsposition: Beim französischen Club US Ivry siegten die Oberbergischen durch 13 Ilic-Tore mit 33:27 (19:12). Das Rückspiel wird am Samstag, den 4. April um 15.00 Uhr angepfiffen.

Und auch die Rumpftruppe der HSG Nordhorn mischt trotz Insolvenz und feststehendem Zwangsabstieg aus der Bundesliga nach Ende dieser Saison weiter im Europacup mit. Im Pokal der Pokalsieger gewannen die Grafschafter ihr Hinspiel am Sonntag im Euregium überraschend deutlich mit 34:25 (18:12) und haben damit beste Karten auf den Halbfinaleinzug. Das Rückspiel in Ungarn steigt am Samstag, den 4. April um 17.30 Uhr.

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2009:

Im Hexenkessel Ruhe bewahrt

Viertelfinale Champions League: THW erkämpft bei RK Zagreb 28:28 - Abwehrreihen beherrschen die Angreifer
Zagreb - Die Zutaten stimmten: Hysterie wie bei einem Tokio-Hotel-Konzert, dann die Verwandlung von Halle in Hölle, schließlich eine (Abwehr-) Schlacht für Liebhaber rustikaler Handball-Kunst, am Ende eine Punkteteilung. Nur, ob dieses 28:28 (12:13) des THW Kiel im Viertelfinale der Champions League bei RK Zagreb eine gute oder doch eher eine schlechte Ausgangsposition für das Rückspiel in Kiel ist, wusste gestern so recht niemand.

Schon mittags harren die Fans des kroatischen Abonnement-Meisters vor dem "Dom Sportova" aus. Dann öffnen sich die Tore. Die Fans stapeln sich bis unter die vergilbte Beton-Decke des 1972 errichteten ehemaligen sozialistischen Prachtbaus. Sieht aus wie eine DDR-Simulation für Nostalgiker, hört sich aber an wie ein WM-Finale vor 100 000. Besonders Kiels Franzosen Nikola Karabatic und Thierry Omeyer bekommen die Abneigung der 7500 zu spüren.

Von der Kulisse zeigen sich die "Zebras" jedoch unbeeindruckt, gehen mit 3:1 in Führung (8.), erleben dann aber doch das, wovor so ziemlich jeder im THW-Ensemble vorher gewarnt hatte. Den Kielern gehen die Rezepte gegen die unangenehme 3:2:1-Deckung des Gegners aus. An deren Spitze nimmt stets der baumlange und in seiner Präsenz irgendwie einzigartige Igor Vori die Spieler von Alfred Gislason in Empfang. Das schwarz-weiße Positionsspiel kommt zum Erliegen. "Die sind die einzigen auf der Welt, die diese Abwehr spielen. Wir kamen nicht richtig in Bewegung", erkennt Gislason und bringt Vid Kavticnik (15.) auf Rechtsaußen für Christian Zeitz (und mit ihm Impulse in Richtung Mitte), Stefan Lövgren in der Rückraum-Mitte (und mit ihm Ideen) und Henrik Lundström für Dominik Klein.

Nicht mehr nur Marcus Ahlm, der am Kreis Phänomenales leistet, soll treffen, sondern auch vermehrt der Rückraum. Ein Rezept, das nur bedingt aufgeht. Ahlm trifft zunächst weiter, später auch Filip Jicha, der auch für den verletzt ausgeschiedenen Nikola Karabatic (50., Innenbanddehnung) Verantwortung übernimmt. Kim Andersson indes bleibt über weite Strecken harmlos. Ein Zustand, den der Linkshänder mit dem viel gelobten Rückraum des Gegners gemein hat. Auch dort ein ähnliches Bild: Vori erzielt neun Tore vom Kreis (Gislason: "Mindestens fünfmal stand er aber auch im Kreis"). Die Superstars Ivano Balic und Kiril Lazarov bleiben indes unter ihren Möglichkeiten. Zagrebs Trainer Senjanin Maglajlija zürnt nach dem Abpfiff sogar: "Lazarov war heute so schlecht wie noch nie."

Lazarov, Andersson, Balic - Opfer einer wechselseitigen Hemmung, deren Schauspiel sich im Viertelfinalhinspiel der Königsklasse bietet. Ein anderer Begriff dafür wäre "Abwehr-Schach", in dem beide Mannschaften sich immer wieder schrittweise Vorteile erarbeiten. Ein starker Thierry Omeyer im Kieler Tor legt nach der Pause (41.) den Grundstein zur 19:16-Führung (später noch einmal zum 24:21, 52.). Ein nicht ganz so starker Gorazd Skof im Tor des Gastgebers ermöglicht Zagreb das 21:21 (47.) und 24:24 (54.). Die Halle tobt in Rot-Weiß mit allem, was Klang erzeugt. Hin und her und hin und her. Die Antwort auf die Tore des genesenen Vid Kavticnik geben abermals Vori und Tonci Valcic. Pfeifen, Kreischen, Klatschen, Trommeln. Was wie Tokio Hotel begann, endet wie Led Zeppelin. Handball für Erwachsene auf höchstem taktischen Niveau, voller Kraft und Leidenschaft. "In allen Spielen von Zagreb, die ich gesehen habe, waren die auswärts besser als zu Hause." Alfred Gislason beschäftigt sich sofort nach dem Spiel mit aufkeimenden Sorgen. Auch Kiel muss jetzt 'mal Hölle sein.

(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2009)


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