08.04.2009 | Verein |
Dieser Druck konnte am Montag, nachdem Uwe Schwenker auf Anraten seiner Anwälte die Aufklärung über Bargeldabhebungen schuldig geblieben war, nur entweichen, indem die Gesellschafter die Ventilsteuerung betätigten. Dieser Handlung gingen fast drei emotional geprägte Stunden voraus. Die Gesellschafter - nur Hubertus Grote fehlte, da er eine länger geplante Reise in die USA angetreten hatte - befanden sich im Konflikt, sachliche Erwägungen über persönliche Empfindungen zu stellen. Ein Teilnehmer beschrieb die Atmosphäre der gemeinsamen Sitzung mit Beiratsmitgliedern als "sehr angespannt". Unmittelbar nach der von den Gesellschaftern schließlich doch einstimmig getroffenen Entscheidung lud der THW zu einer Pressekonferenz für gestern, 11Uhr, ein. Eine Stunde später berichtete KN-Online als erstes Medium über das Ergebnis, die bevorstehende Bekanntgabe des Schwenker-Sturzes am Tag darauf.
Der dann folgende Auftritt von Georg Wegner erfüllte nahezu alle Ansprüche an professionelle Krisenbewältigung. Der Sprecher der Gesellschafter redete Klartext und sparte auch nicht mit Selbstkritik. Die Medien, so Wegner, hätten sich zu Recht über das bisherige Krisenmanagement beschwert. Und dann referierte der Kieler Anwalt offen über "Ungereimtheiten in der Buchführung, die drei Geldbeträge betreffen", Schwenkers "inakzeptable Verweigerungshaltung" bei der erwarteten Aufklärung und dass das Image des THW einen Schaden erlitten habe, der nur zum Teil wieder zu reparieren sei. Sollte die Kieler Staatsanwaltschaft den Beweis erbringen, dass Schwenker Schiedsrichter bestochen habe, schließe er außerdem eine Schadenersatzklage gegen den 50-Jährigen nicht aus.
Wegner, der seit mehr als einem halben Jahrhundert Mitglied der "Zebras" ist und 1962 sowie 1963 mit dem THW deutscher Meister wurde, versäumte es dennoch nicht, Schwenkers Verdienste hervorzuheben: "Er war der wesentliche Motor unseres Erfolges. Deshalb lassen wir ihn jetzt auch nicht fallen wie einen faulen Apfel und entsorgen ihn. Ich halte es im Gegenteil für denkbar, dass er dem THW erhalten bleibt, wenn seine angeblichen Verfehlungen ausgeräumt sind."
Ulrich Rüther saß daneben, und wenn der Eindruck nicht täuschte, so bahnten sich seine Blicke bei diesen letzten Worten mit leichten Zweifeln mühsam ihren Weg durch die Mauer der Kameraleute, die sich vor dem Großaufgebot der Journalisten aufgebaut hatte. Rüther ist nicht nur der Vorsitzende des Beirats, er ist auch Vorstandsvorsitzender des Hauptsponsors Provinzial. Klar, dass seine Meinung Gewicht hat. In diesem Sinne rammte er Worte wie tragende Pfeiler eines zukünftigen THW-Hauses in den Boden, der dem Verein in den vergangenen Wochen entzogen zu werden drohte.
Dass der Manager schweige, sei ein untragbarer Zustand. Er, Rüther, wolle die Geschichte restlos aufgearbeitet wissen. Die meisten Sponsoren seien dem THW zwar über Jahre verbunden, doch das geschehe nicht aus Selbstverliebtheit. Immerhin besteht nicht die Gefahr, dass die Provinzial die Segel streicht. "Das ist für uns zurzeit kein Thema", versicherte der 41-Jährige.
Aber andere Themen stehen auf der Agenda von Rüther, der in der entscheidenden Sitzung am Montag sein Wort auch in die lange wankelmütige Waagschale geworfen haben soll. Der starke Mann im Beirat sprach schon am vergangenen Wochenende im kleinen Kreis über notwendige Strukturänderungen beim "besten Handballverein der Welt". Rüther: "Es geht um alle Gremien, sämtliche handelnde Personen gehören auf den Prüfstand. Rechte und Pflichten müssen klar definiert werden und die Kommunikation untereinander verbessert." Viel Geduld will er wohl nicht aufbringen. Bis zu den Sommerferien soll die Neustrukturierung abgeschlossen sein.
Auch Georg Wegner scheint sich bereits mit dem Vorschlag der Einführung des Vier-Augen-Prinzips mit einer Doppelspitze in Form eines Sportdirektors und eines kaufmännischen Geschäftsführers anfreunden zu können. "Darüber werden wir diskutieren", versprach der Gesellschafter. Auszuschließen ist nicht, dass es auch im Kreis der Gesellschafter Änderungen geben wird. Angedacht ist, den Beiratsvorsitzenden grundsätzlich in dieses Gremium zu integrieren. Hintergrund sind jedoch nicht Spekulationen, ein Gesellschafter habe alles über Schwenkers Machenschaften gewusst und gedeckt. Das, sagt Wegner, könne er völlig ausschließen.
(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 08.04.2009)
Für uns tauchen jetzt viele Fragen auf. Was passiert jetzt beim THW? Diese Fragen haben wir intern an Willi Holdorf und Sabine Holdorf-Schust gerichtet. Hoffentlich kehrt jetzt Ruhe ein. Ob das Ganze für mich in meiner letzten Saison schade ist? Den Knall hatte es ja schon vorher gegeben. Uwe wird nicht aus Kiel verschwinden, und ich werde den Kontakt zu ihm halten.
Für uns Spieler erscheint der Rücktritt komisch, denn es gibt noch keine Beweise, keine Verurteilung. Aber in der Presse ist Uwe ja schon längst vorher geköpft worden. Er hat Jahre lang bewiesen, wie man erfolgsorientiert arbeitet. Ihm war immer wichtig, dass wir uns in der Mannschaft gut verstehen und Neuzugänge zu uns passen. Er hatte immer sehr viel Energie. Und ich hatte wirklich das Gefühl, dass er Spaß an seiner Arbeit hatte, dass er seine Arbeit geliebt hat.
Mit dem Rücktritt hatte ich jetzt nicht gerechnet, dennoch ist der Schritt natürlich nach den Veröffentlichungen der jüngsten Tage nachvollziehbar. Uwes leitendes Motiv dabei wird sicher gewesen sein, den Verein ein bisschen zu schützen und aus der Schusslinie zu nehmen.
Uwe Schwenker hat offensichtlich unter einem extrem hohen Druck gestanden, dem er jetzt nachgegeben hat. Dennoch müssen die weiterhin offenen Fragen beantwortet werden. Im Handball hat er extrem viel bewegt. Sollte allerdings an den Vorwürfen gegen ihn etwas dran sein, hätte er dem Sport einen Bärendienst erwiesen.
Gemessen an dem Weltklasse-Niveau, auf dem in Kiel Handball gespielt wird, ist die Geschichte ein herber Schlag. Hinsichtlich der Rufschädigung ist es vermutlich schon zu spät, wenn jetzt der Manager geht. Man kann nur hoffen, dass es gelingt, möglichst schnell reinen Tisch zu machen, damit der Blick auf den Sport wieder frei wird.
Als Jurist sage ich: Es gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung. Als THW-Fan hoffe ich, dass dieser Schritt wieder die Sicht frei macht auf die hervorragenden sportlichen Leistungen der Mannschaft.
Ich kenne Uwe Schwenker noch aus seiner eigenen Zeit als aktiver Handballer und habe ihn stets als Sportsmann geschätzt. Ich hoffe nach wie vor, dass sich sämtliche Vorwürfe gegen ihn als unbegründet erweisen. Alles andere würde nicht nur dem Handball-Sport insgesamt schaden, sondern auch der für die Region wirtschaftlich bedeutsamen Institution "THW".
Sport hat eine Vorbildfunktion, die für viele Jugendliche weit wichtiger als die Politik ist. Deshalb ist es auch von großer Bedeutung, dass es im Sport sauber zugeht und bei Unregelmäßigkeiten klare Konsequenzen gezogen werden.
Uwe Schwenker hat durch seine langjährige Arbeit wesentlichen Anteil an den großen Erfolgen des THW; unverzeihlich wäre aber, wenn sich die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestätigen würden. Wir hoffen, dass es dem Verein gelingt, auch diesen Wechsel gut zu überstehen. Der THW Kiel ist und bleibt einer der bedeutendsten Imageträger unserer Stadt.
THW, Kiel und der deutsche Handball haben Uwe Schwenker sehr viel zu verdanken. Es gilt die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils. Darauf hat auch er einen Anspruch.
Für die Mannschaft und Alfred Gislason tut es mir richtig leid. Die spielen in dieser Saison einen Traum-Handball und haben das ganze Theater nicht verdient.
(08.04.2009) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |