29.11.2009 | Handball international |
"Das Weltauswahl-Konzept dient nicht dem Profit", erklärte IHF-Präsident Hassan Moustafa dazu auf der Webseite des Weltverbandes. "Wir wollen damit den Spielern und auch den Nationalverbänden unseren Respekt zollen und sie unterstützen, um mit ihnen besondere Anlässe wie den 60. Geburtstag des kroatischen Verbandes zu feiern." In Bezug auf die Weigerung der GCH-Vereine, ihre Spieler zum Spiel in Kroatien abzustellen, sagte der Ägypter: "Vor allen Dingen tut es mir Leid für den kroatischen Verband." Man habe sich nach der Bitte des kroatischen Verbandspräsidenten darauf verständigt, das Spiel abzusagen, obgleich nach Aussage von Moustafa die Spieler der Vereine, die nicht in der GCH organisiert sind, ihre Teilnahme zugesichert hätten. "Die IHF war bereit, das Spiel durchzuführen", so Moustafa. Gleichwohl sprach der Verbandspräsident den großen Vereinen seinen Respekt aus und bot Gespräche an: "Die IHF wünscht sich eine weitere Förderung des Handballs und verbesserte Beziehungen in der Handball-Familie."
Die Nicht-Abstellung der Spieler war eine weitere Reaktion der Vereinsmannschaften auf den EHF-Kongress im zyprischen Limassol. Dort hatte ein Antrag, mit dem die EHF-Führung die Interessen der Vereine, Spieler und Nationalmannschaften in die Strukturen der EHF zu integrieren versuchte, keine Mehrheit gefunden. Letzten Endes stimmten 22 Verbände für den "Antrag Nummer 5", 21 dagegen, vier Nationalverbände enthielten sich - die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit wurde um zehn Stimmen verfehlt. "Zum zweiten Mal hat das Exekutivkomitee der EHF versucht, die Klubs in die Strukturen des europäischen Handballs zu integrieren und zum zweiten Mal, nach Rom 2007, wurde der entsprechende Antrag nicht mit der entsprechenden Mehrheit des höchsten EHF-Gremiums bedacht", erklärte die GCH in einer Pressemitteilung enttäuscht. Daraufhin entschlossen sich die Clubvertreter, die bis zum Kongress in Limassol ruhende, bereits Anfang April gegen die IHF und EHF eingereichte Beschwerde bei der EU-Kommission wieder aufleben zu lassen. Mit der Beschwerde will die GCH nach eigenen Angaben die "Vereinbarkeit von Transferreglementen sowie die Regeln für die Durchführung von Vereinswettbewerben (Champions League) mit Hilfe des EU-Wettbewerbsrechts prüfen". Über die 42-seitige Klageschrift soll im März oder April 2010 entschieden werden. "Wenn es zu dem Statement kommt, welches wir erwarten, dann wird das gewaltige Folgen für die Sportwelt haben", orakelte der GCH-Geschäftsführer Gerd Butzeck.
Während die EHF nach der Abstimmungsniederlage von Limassol nun nach neuen Wegen suchen muss, um die Vereine ihren Forderungen entsprechend in die Verbandsarbeit zu integrieren (Butzeck: "Die Kommunikation mit der EHF-Exekutive ist weiterhin gut, man ist dort bestrebt, Lösungen zu finden, wie man uns mitgeteilt hat"), zeigte auch die Internationale Handball-Förderation inzwischen Verhandlungsbereitschaft. Der Warnschuss der Clubs, ihre Spieler nicht für die Partie in Zagreb abzustellen, sowie die unverhohlene Drohung, künftig auch IHF-Wettbewerbe wie die Weltmeisterschaften zu boykottieren, scheinen ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. "Wir sind dabei, die Versicherungsfragen zu regeln. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Thema bis zur WM 2011 erledigt ist", teilte IHF-Geschäftsführer Ekke Hoffmann mit. "Die IHF hat bereits die Statistiken hinsichtlich der Verletzungen bei IHF-Turnieren erstellt. Diese dienen den Versicherungen als Basis für die Prämien."
Der Plan sei gut, habe aber ein zentrales Manko, bemängelt Gerd Butzeck: "Die IHF leiht sich kostenlos und unversichert unsere Spieler aus, um mit ihnen Geld zu verdienen", ärgerte sich Butzeck auch über den Fall des Düsseldorfers Andrej Kurchew, der sich im Training der weißrussischen Nationalmannschaft das Kreuzband gerissen hatte: "Die HSG Düsseldorf muss nun als Arbeitgeber von Kurchew den Schaden tragen, denn der Nationalverband hat keine Versicherung für die Spieler abgeschlossen." Für Butzeck ist auch das jetzige Vorgehen der IHF ein Ärgernis: "Es kann nicht sein, dass nun einseitig von einer Partei eine Regelung vorgegeben wird. So lange es einseitige Entscheidungen gibt, kann das keine Grundlage für eine Verständigung sein." Mit der IHF gebe es keinen Kontakt, stellte Butzeck Mitte November noch einmal klar - eine weitere Eskalation des schon lange schwelenden Streits scheint trotz aller guten Vorzeichen deshalb nicht ausgeschlossen. Dem Handball stehen turbulente Zeiten bevor.
(Von Christian Robohm, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)
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