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28.01.2010 Interview

HBL-Interview mit Uli Derad

"Die Belastungen der Klubs müssen reduziert werden"

Uli Derad:  "Es kann auf Dauer doch nicht sein, dass wir unsere Spieler  abstellen müssen, ohne dafür entsprechende Gegenleistungen zu erhalten."
Klicken Sie zum Vergrößern! Uli Derad: "Es kann auf Dauer doch nicht sein, dass wir unsere Spieler abstellen müssen, ohne dafür entsprechende Gegenleistungen zu erhalten."
Natürlich ist es Uli Derads (44) vordringlichste Aufgabe, als Manager des THW Kiel mitzuhelfen, dass der Klub Titel gewinnt. Doch jetzt aber erhielt er eine Einladung nach Wien, um mit der IHF, der EHF, weiteren Verbandsvertretern und Klubmanagern über das große Ganze zu diskutieren. Im Rahmen der EURO 2010 lud die IHF zu einem intensiven Gedankenaustausch über die seit Jahren strittigen Kalenderfragen. Uli Derads Standpunkt ist dabei eindeutig.
HBL:
Sie reisen morgen nach Wien, allerdings nicht nur, um sich die Finalspiele der EURO 2010 anzuschauen. Es gibt da eine Einladung der IHF an die Klubs. Was steckt dahinter?
Uli Derad:
Der Präsident der Internationalen Handball-Federation, Dr. Hassan Moustafa, hat die Kontinentalverbände, vier Nationalverbände und vier Klubs eingeladen, um über einen gemeinsamen Wettkampfkalender zu sprechen.
HBL:
Klingt vielversprechend. Wer wird denn an dieser Gesprächsrunde teilnehmen?
Uli Derad:
Neben den Vertretern der Kontinentalverbände werden wohl die Verbandspräsidenten der Verbände Frankreichs, Spaniens, Kroatiens und Deutschlands am Tisch sitzen. Zudem dürfen die Klubs aus Zagreb, Montpellier, Ciudad Real und der THW Kiel daran teilnehmen.
HBL:
Klingt so, als ob auf einmal Bewegung in eine Sache kommt, die eine Herzensangelegenheit der TOYOTA HBL ist, in der aber in den vergangenen Monaten nichts mehr passiert ist.
Uli Derad:
Es ist so, dass wir in Wien erst einmal nur diskutieren werden, Meinungen austauschen, aber sicher keine Entscheidungen in irgendeine Richtung treffen werden. Dennoch ist es begrüßenswert, dass die Diskussion um dieses leidige Thema aktuell startet. Zudem die Vereine bislang in solche Gespräche nicht eingebunden waren. Auch das ist ein Zeichen der internationalen Verbände und ermöglicht uns allen, die unterschiedlichen Standpunkte zu den drängenden Themen rund um den Wettkampfkalender darzulegen.
HBL:
Ihr Standpunkt ist im Grundsatz doch klar, oder?
Uli Derad:
Es gibt schon einige klare Grundpositionen, die ich vertrete. So fände ich es wünschenswert, statt der bisher fünf Großveranstaltungen in einem Vierjahres-Zeitraum nur noch drei auszurichten. Das heißt, dass sowohl die WM als auch die EM nur noch alle vier Jahre stattfänden. Zudem müssen wir dringend mit den Verbänden über die Anzahl der Abstelltage der Nationalspieler sprechen.
HBL:
Das heißt konkret?
Uli Derad:
Alle Nationalspieler verdienen ihr Geld in ihrem Klub. In den Profiligen der USA, z.B. der NBA absolvieren die Spieler inklusive Nationalmannschaftsspielen teilwiese 130 Spiele im Laufe einer Saison, davon aber rund 85 bis 90 Prozent für ihren Arbeitgeber. Das ist im Handball ein viel krasseres Missverhältnis. Die Spieler müssen den Klubs wieder in einem umfangreicheren Maße zur Verfügung stehen. Deshalb ist es so wichtig, im Umkehrschluss eben über gewisse Abstelltage für die Nationalmannschaft zu diskutieren und diese festzulegen. Es geht nicht zuletzt auch um die Gesundheit unserer Spieler, die erst überlastet werden, dann verletzungsanfälliger werden. Die Reduzierung dieser Abstelltage ist einfacher bei weniger Großereignissen. Das gilt nicht nur für WM und EM, auch die Qualifikationen für diese Veranstaltungen müssen auf den Prüfstand.
HBL:
Immer wieder ist auch von den so genannten Abstellprämien die Rede, mit der die Klubs finanziell entschädigt werden sollen.
Uli Derad:
Die Belastungen der Klubs - vor allem die finanziellen - müssen auf ein Mindestmaß reduziert werden. Wenn ein Klub einen Spieler zur Nationalmannschaft abstellt, dann muss er über Abstellprämien dafür entschädigt werden, um wenigstens eine Teil-Refinanzierung gewährleistet zu sehen. Zudem gilt es, den Versicherungsschutz der Spieler bei Nationalmannschafts-Maßnahmen neu abzuklopfen. Es kann auf Dauer doch nicht sein, dass wir unsere Spieler abstellen müssen, ohne dafür entsprechende Gegenleistungen zu erhalten.
HBL:
Das sind aber schon große Themen für ein erstes Gespräch.
Uli Derad:
Wir freuen uns dennoch auf den ersten Informationsaustausch und werden dann abwarten, was in der Folge passiert. Ich werte das einfach mal als positives Signal und hoffe, dass das künftig bestätigt wird.
HBL:
Sie fahren aber als Vertreter des THW Kiel nach Wien, oder haben Sie einen offiziellen Auftrag der TOYOTA HBL im Gepäck?
Uli Derad:
Ich bin zwar Präsidiumsmitglied der TOYOTA HBL, aber zu diesem Gedankenaustausch reise ich als Manager des THW Kiel. Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass sich die Klubs in den Grundideen einig sind. Es gibt da zum Beispiel den Wunsch aller Erstligisten, die Saison von September an ohne Unterbrechungen durchzuspielen und erst danach die entsprechenden Großereignisse zu veranstalten. Auch das ist eine wichtige Sache, die in diese Kalenderdiskussion gehört, wie auch der Zeitpunkt der Juniorenmeisterschaften. Es kann nicht sein, dass diese in die Vorbereitungszeit der Bundesligisten fallen.
HBL:
Sie sprechen für die Klubs der Liga. Sehen das Ihre Kollegen aus den anderen europäischen Ligen auch so?
Uli Derad:
Ich kann nicht für alle sprechen, gehe aber davon aus, dass solche Dinge elementare Bedürfnisse aller Spitzenklubs in Europa betrifft. Es ist deshalb wichtig, dass es - wie es die Fußballer ja auch geschafft haben - einen großen Jahreskalender gibt mit einer Belastung für die Klubs in vertretbarem Maße und entsprechenden Entschädigungen. Ich bin positiv gestimmt, dass das Treffen in Wien weitere Diskussionsanstöße geben wird.
(Das Interview führte die HBL)


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