Aus den Kieler Nachrichten vom 01.03.2010:
Kiel - In der 29. Minute bekam
Andreas Palicka
das Zeichen: Er sollte nach der Pause
Thierry Omeyer
ersetzen. Ein besonderer Moment für
Palicka, der
schwere Zeiten durchgemacht hat. Vor knapp einem Jahr riss der große
Bizepsmuskel vom Sitzbein ab, für einen Torhüter eine Horrorverletzung.
Zumal für einen wie ihn, der bei einer Größe von "nur" 1,89 m von seiner
Explosivität lebt. Der Körper hat sich regeneriert, der Lohn für stumpfe
Mühsal im Kraftraum. "Ich habe mich nie fitter gefühlt", sagt der 23-Jährige
nach seinem
starken Auftritt gegen Kolding. Doch der
Kopf bereitete zuletzt Probleme, die Zweifel, ob er jemals wieder sein hohes
Niveau würde erreichen können. "Ich hatte zuletzt eine schlimme Phase,
das Selbstvertrauen war weg", sagt
Palicka, der
in Kiel einen Vertrag bis 2012 besitzt. "Erst beim Abschlusstraining am
Freitag hatte ich endlich wieder ein gutes Gefühl."
An seine Nationalmannschaft, die schwedische, denkt er derzeit nicht.
"Hier herrscht weltweit der härteste Wettkampf zwischen sechs, sieben
Klasse-Leuten. Ich bin die Nummer sieben." Zuletzt hatte er bei THW II
in der Regionalliga ausgeholfen, doch das Kapitel hat er nun geschlossen.
"Nach einem Spiel der Zweiten hatte ich immer große Probleme, im
Training der Ersten das entsprechende Niveau zu erreichen", sagt
Palicka, der unbedingt das Vertrauen
zurückzahlen will, das der Verein in ihn setzt. Um ihm die Regeneration
zu ermöglichen, hatte der THW für diese Saison schließlich
Peter Gentzel verpflichtet. Der 41-Jährige
ist mit seiner Routine längst ein väterlicher Freund für den
Junioren-Weltmeister 2007 geworden. "Er hilft mir unglaublich mit seinen
Tipps. Und mit mir ist es nicht immer einfach, ich kann ganz schön sauer
werden."
Ein Fall für den gelassenen Gentzel. In
Schweden, so der 224-fache Nationalspieler, sei es üblich, dass
Torhüter sich als Team begreifen. Mit Thierry Omeyer
hätte der THW einen Typ, der konsequent seinen eigenen Weg gehen würde.
"Für den Verein ist das gut", sagt Gentzel.
"Er ist die Nummer eins in der Welt. Ohne diesen Charakter hätte er sich
diese Position nicht erarbeitet." Palicka sei
ihm aber nicht unähnlich. Hilfe, so Gentzel,
würde er deshalb nur jetzt, nach dieser langen Pause, benötigen.
"In der nächsten Saison werden sie sich einen harten Kampf liefern. Wer
spielt, wird gut halten." Der dreifache Europameister kann sich sogar
vorstellen, dass Palicka bei der WM 2011 in Schweden dabei sein wird.
"Für ein Team ist es wichtig, unterschiedliche Typen zu haben." Mit seinem
Temperament sei er eine gute Ergänzung zu den Flensburgern Dan Beutler und
Johan Sjöstrand. "Palle" will er auf jeden Fall
auch nach seiner Rückkehr nach Schweden im Juni 2011 als Freund erhalten
bleiben. "Er kann immer anrufen."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 01.03.2010)