27.02./01.03.2010 - Letzte Aktualisierung: 01.03.2010 | Champions League |
Update #3 | KN-Bericht, weitere Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt ... |
Christian Zeitz ließ sich auch von der manchmal robusten Gangart Koldings nicht aus dem Konzept bringen und überzeugte als Ideengeber und Torschütze. |
Aron Palmarsson führte glänzend Regie und traf selbst dreimal. |
Als Sondergaard nach elf Minuten zum 6:8 verkürzen konnte, begannen die tollen Kieler Handball-Festspiele erst richtig. Zwölf Minuten sollten die Zebras nun ohne Gegentor bleiben, während im Angriff konsequent die Chancen verwertet wurden. Begeisternde Ballstafetten rissen das Publikum von den Sitzen - tolle Tore sorgten für eine begeisternde Stimmung in der wie immer ausverkauften Sparkassen-Arena. Zeitz vernaschte mit einer tollen Finte die komplette KIF-Abwehr zum 9:6, Palmarsson fing kurz darauf einen Koldinger Gegenstoß ab und schickte Sprenger zum 10:6 auf die Reise, Palmarsson und Jicha spielten die Abwehr schwindelig, ehe Ahlm zum 11:6 einnetzte (14.), und Sprenger verwandelte einen weiteren Tempogegenstoß zum 12:6 - Koldings Trainer Ingemar Linnell versuchte, den Kieler Sturmlauf mit einer Auszeit zu bremsen. Doch der Erfolg dieser Maßnahme ließ auf sich warten. Zunächst zeigte sich Momir Ilic, in der ersten Hälfte nur bei Siebenmetern auf der Platte, zweimal von der Strafwurflinie sicher, ehe Zeitz sich durch die Verteidigung wackelte - beim 15:6 (21.) war die Partie so gut wie entschieden.
Streckenweise konnte Gästetrainer Ingemar Linnell gar nicht mehr hinsehen. |
Zur zweiten Hälfte wurde weiter munter durchgewechselt. Andreas Palicka kam für den guten Omeyer, Ilic ersetzte Palmarsson, und Kim Andersson durfte für Zeitz auf die Platte. In der Abwehr durfte Lund erstmals ran - nach dreißig Sekunden legte der Norweger aber zunächst einmal eine zweiminütige Zwangspause ein. Als er zurück auf die Platte kam, durfte Jicha Luft schnappen, denn Lund organisierte fortan auch den Kieler Angriff. Und der zeigte sich weiterhin torhungrig, Andersson markierte das 22:12, bediente kurz darauf Anic mit einem Traumpass zum 23:12 (34.) - die Kieler machten zunächst dort weiter, wo sie kurz zuvor aufgehört hatten trotz der vielen Wechsel - einen Bruch konnte man an diesem Tag nicht im Kieler Spiel ausmachen.
Igor Anic nutzte seine vielen Spielanteile zu insgesamt fünf Treffern. |
Und tatsächlich tat diese kurze Pause den Gästen gut: Karlsson und Spellerberg erzielten in Unterzahl die Tore 15 und 16 für die Gäste, die Ilic, Andersson und Klein nach einem weiten Palicka-Pass postwendend zum 32:16 konterten (45.). Erevik hatte nun genug, machte entnervt Platz für Koldings Nummer drei, Bols. Und der hatte offenbar richtig Lust, seinen Trainer in Kiel von seinem Leistungsvermögen zu überzeugen. Da fortan auch die Konzentration im Angriff etwas unter dem großen Vorsprung litt, konnte sich Bols ein ums andere Mal auszeichnen. Auf der Gegenseite zeigte Andreas Palicka, dass auch mit ihm in den kommenden Spielen gerechnet werden kann. Klasse Paraden zeigte der Schwede, doch hinter einer nun etwas langsameren Abwehr konnte auch er nicht verhindern, dass Kolding in der Schlussphase vor allem durch Karlsson und Sondergaard noch Ergebniskosmetik betreiben konnte.
Gefährden konnten die Gäste diesen starken THW Kiel indes nicht mehr - als Ilic das 38:23 und damit seinen neunten Treffer markierte, hatten sich die THW-Fans in der Sparkassen-Arena längst von ihren Plätzen erhoben. Sie feierten einen THW Kiel, der mit einer Gala-Vorstellung seine Ansprüche in dieser Saison eindrucksvoll anmeldete.
(Christian Robohm) Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...
Wir sind selbstverständlich nicht zufrieden, mit 15 Toren zu verlieren. Das Spiel war bereits zur Halbzeit klar entschieden. Wir haben zu viele technische Fehler gemacht und unser Angriffsspiel nicht so durchgezogen, wie wir es wollten. Die Kieler sind dann ganz einfach zu stark.[Frage: Bo Spellerberg sagte nach dem Spiel, Kolding würde Barcelona auf jeden Fall schlagen, wenn man die heutigen Schiedsrichter nächste Woche bekäme. Teilen Sie diese Meinung?]
Die Schiedsrichter sind sicherlich nicht die Erklärung dafür, dass wir heute mit 15 Toren verloren haben. Wenn wir Barcelona schlagen müssen, um den dritten Platz zu erreichen, ist es völlig egal, welcher Schiedsrichter die Partie pfeift. Es kommt einzig auf unsere Leistung an. Was die heutigen Schiedsrichter betrifft, so ist dies die Meinung von Bo Spellerberg. Diese teile ich nicht.
Ich hatte ein sehr enges Spiel erwartet. Von daher bin ich natürlich sehr glücklich darüber, wie die Mannschaft hier aufgetreten ist. Nach einer sehr schweren Phase haben wir die letzten Wochen immer besser und besser gespielt, die Mannschaft hat überragend gearbeitet. Deshalb freue ich mich für sie, dass sie so gut spielen konnte. Das war schon in Leon abzusehen. Es freut mich auch, dass alle Spieler bis auf Lundström gespielt haben. Henrik hatte ja zuletzt durchgespielt. Heute haben alle ihre Leistung gebracht: Super Abwehr, super Torhüter in beiden Halbzeiten und ein starker Angriff.Ich hoffe, dass Kolding durch dieses Ergebnis keine Krise bekommt, denn wir benötigen unbedingt, dass sie Barcelona nächste Woche für uns schlagen.
Wir wussten, dass wir nicht einfach nach Kiel kommen und mit zwei Punkten zurückreisen können. Wir wollten aber zumindest ein enges, ein besseres Spiel abliefern. Wenn wir in der Sparkassen-Arena gegen Kiel nicht kämpfen, verlieren wir eben mit 15 Toren - mindestens sieben, acht Tore zu viel. Wir mussten kämpfen um die Bälle, aber das haben wir nicht über die gesamten 60 Minuten gemacht.
Wir standen von Anfang an gut in der Abwehr, Titi hat sehr gut gehalten. Wir haben genau so gespielt, wie wir uns das vorgenommen hatten - und dann sind wir als Mannschaft einfach stark. Ich bin glücklich, dass wir heute so gut gespielt haben. Wir haben eine sehr schwierige Periode hinter uns.
Wir haben jetzt zwei Spiele gegen Kolding gemacht und heute bewiesen, dass wir die bessere Mannschaft sind. Von Kolding war ich schon ein bisschen enttäuscht, die waren sehr blass. Aber bei uns läuft es jetzt auch viel besser als nach der EM-Pause. Wir hatten jetzt mehrere Trainingseinheiten zusammen, das merkt man.
Es war wichtig, zu zeigen, dass der THW noch lebt. Also nicht mit einem oder zwei Toren Abstand gewinnt, sondern so. Wir hatten alle großen Spaß, auch weil das Publikum für tolle Stimmung gesorgt hat. Alle haben gespielt, und das ist wichtig. Einen Titel gewinnen wir nur mit 15, 16 Männern. Und die haben wir ja.
Mit diesen Schiedsrichtern war es noch schwieriger für uns, in Kiel etwas auszurichten. Bekommen wir solche im Heimspiel gegen Barcelona, dann haben wir eine gute Chance, das Spiel zu gewinnen. Aber auch mit besseren Schiedsrichtern hätten wir heute hier nichts erreicht. Wir haben schon nach zehn Minuten gemerkt, dass wir keine Chance hatten.
Die Rhein-Neckar Löwen haben den zweiten Platz in der Gruppe B hinter MKB Veszprem nun sicher gebucht: Nach dem 29:24 (12:13)-Erfolg bei Chambery Savoie (FRA) geht für die Mannheimer sowohl nach vorne als auch nach hinten nichts mehr. Spannung herrscht in der Gruppe aber noch, denn mit Bosna Sarajevo, Chambery und Gorenje Velenje kämpfen gleich drei punktgleiche Teams um den allerletzten freien Achtelfinalplatz.
In der Gruppe C hat der HSV Hamburg am Samstag durch einen 33:25 (14:15)-Heimerfolg über den FC Kopenhagen (DEN) den siebten Sieg im neunten Spiel gefeiert. Da der letzte HSV-Gegner RK Zagreb (CRO) sein Heimspiel gegen Ciudad Real (ESP) mit 24:27 verlor, können sich die Hanseaten in Kroatien nun eine Niederlage mit bis zu acht Toren erlauben, ohne den zweiten Platz zu verlieren.
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Aus den Kieler Nachrichten vom 01.03.2010:
Das bedauernswerte Team von Ingemar Linnell wirkte wie ein T-Shirt aus Baumwolle, das sich in der Kochwäsche verirrt hatte. Irgendwie geschrumpft. Nichts zu spüren von der Leidenschaft im Hinspiel, von dem Feuer, als jeder seinem Nebenmann bei der Arbeit die Hand gereicht hatte. In der ausverkauften THW-Arena erlebte der dänische Meister stattdessen eine bittere Lehrstunde.
Sicher, mit Anders Oechsler hatte der Kopf der Kolding-Deckung sich am Vormittag mit Bauchschmerzen abgemeldet. Auch bitter für die Dänen, dass der routinierte Linksaußen Boris Schnuchel mit Verdacht auf Handbruch ausgewechselt werden musste. Eine Erklärung für Leblosigkeit waren diese Handicaps aber nicht. Zehn Minuten hielten die Gäste mit, dann brachen sie auseinander. Lediglich der starke Torhüter Ole Erevik (18 Paraden), Mittelmann Lukas Karlsson und Kreisläufer Rene Toft Hansen, der zur AG Kopenhagen wechseln wird, wehrten sich gegen einen THW, der seine Gala-Uniform aus dem Schrank geholt hatte. 8:6 führten die "Zebras" in dieser 10. Minute, dann zogen sie in den nächsten zehn Minuten eindrucksvoll auf 15:6 davon. Durch die Halle schwappte die erste La-Ola-Welle, THW-Trainer Alfred Gislason, sonst ein Dauerläufer an der Seitenlinie, saß bereits entspannt auf der Bank und erlebte mit, wie sich seine Mannschaft in einen Rausch spielte.
Sein Gegenüber, Linnell, hatte ganz andere Sorgen. Besonders Kasper Sondergaard, der einzige Linkshänder im Rückraum, stand völlig neben sich. Dem dänischen Nationalspieler unterliefen technische Fehler am Fließband, einen Siebenmeter knallte er an die Latte. Hitze entwickelte er nur in Wortwechseln mit seinem Trainer, der ihn nach einer Viertelstunde weitgehend durch den jungen Rechtshänder Lasse Mikkelsen ersetzte.
Phasenweise wurden die Dänen nun vorgeführt. So narrte der spielfreudige Christian Zeitz vor dem 16:7 die gesamte Deckung mit einer schnellen Drehung. Anschließend traf Filip Jicha in Unterzahl, obwohl die Dänen ihn gerade in Manndeckung genommen hatten. Zwei Beispiele von vielen.
Nach der Pause setzte der THW seine Show fort, allerdings mit neuem Personal. Nur Dominik Klein, der den 35:30-Sieg in Leon am vorvergangenen Sonntag auf der Bank erlebte hatte, durfte durchspielen. Für den starken Aron Palmarsson lenkte nun Börge Lund die Kieler Angriffe auf gleichem Niveau. Kim Andersson fütterte Kreisläufer Igor Anic ("das war super von Kim") mit herrlichen Anspielen und Momir Ilic zeigte, warum der THW ihn einst für knapp 700 000 Euro aus Gummersbach ausgelöst hatte. Der Serbe verwandelte nicht nur seine vier Siebenmeter souverän. Auch für seine weiteren fünf Tore benötigte er nur fünf Versuche.
Die zweite Halbzeit lässt sich deshalb mit zwei Szenen beschreiben: Einmal klatschte Andersson nach einem Tor auf dem Rückweg freudestrahlend mit den Fans in der ersten Reihe ab. Gute Laune pur. Symptomatisch auch das Tor zum 28:14, als Lund nicht wusste, wem er den Ball nun geben sollte. Da er keinen fand, zog er selbst aus ungünstiger Position ab und traf durch die Beine von Erevik, der kurz darauf entnervt aufgab. Es war eben ein Tag, an dem den Kielern alles gelingen sollte. Ein Trostpflaster auf die gegen Gummersbach (28:35) und Barcelona (30:32) geschlagenen Wunden.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 01.03.2010)
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