Einen heißen Tanz hatte der dänische Meister KIF Kolding den Zebras aus Kiel angekündigt -
es wurde ein wahrhaft heißer Kampf. Nach unglaublich intensiven sechzig Minuten
in der dänischen Hafenstadt blieben die Kieler trotz eines Zwei-Tore-Rückstandes fünf Minuten
vor dem Ende ohne Niederlage in der
Champions-League-Gruppe D. Bester Schütze beim hart
erkämpften 31:31 (13:13)
war
Christian Zeitz, der sechs seiner insgesamt acht Tore
in der ersten Hälfte erzielen konnte. Eine noch bessere Ausbeute des THW auf der 170-Kilometer-Auswärtstour
verhinderte der Ex-Magdeburger Ole Erevik im Tor der Gastgeber, der in den Schlusssekunden
zwei Würfe von
Daniel Narcisse parieren konnte.
THW-Trainer
Alfred Gislason musste in der ausverkauften Kolding-Hallen
auf die Langzeitverletzten
Andreas Palicka,
Tobias Reichmann
und
Börge Lund verzichten. Auch
Aron Palmarsson
konnte wegen einer Knieverletzung nach einem Zusammenprall im Training mit
Igor Anic
nicht antreten - Mannschaftsarzt
Detlev Brandecker diagnostizierte bei dem
jungen Isländer in einer ersten Untersuchung eine schwere Prellung.
Gislason ließ bei den heimstarken Dänen zunächst auch seinen
angeschlagenen Kapitän
Marcus Ahlm auf der Bank, für Vielspieler und
Jungvater
Kim Andersson rückte Christian Zeitz in die Startformation.
 |
Thierry Omeyer hielt seine Farben mit 15 Paraden in der ersten Hälfte
im Spiel.
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Dass sich die Dänen viel gegen den deutschen Rekordmeister vorgenommen hatten, merkte man von
Beginn an. Hart packten die erfahrenen Kolding-Spieler in der Abwehr zu, versuchten so, den
wurfgewaltigen Kieler Rückraum mit
Momir Ilic und
Jicha
aus dem Konzept zu bringen. Da sich
Anic am Kreis nicht
wie gewohnt durchsetzen konnte, blieb es in der Kieler Offensive vorerst zumeist bei
Einzelaktion.
Jicha tat sich dabei in der Anfangsphase hervor,
der Tscheche erzielte nicht nur die ersten beiden Kieler Tore, sondern schickte auch
Zeitz auf die Reise, der nach neun Minuten zum 4:4 ausgleichen konnte.
Da hatte
Omeyer bereits erste Ausrufezeichen in der restlos ausverkauften
Kolding-Hallen gesetzt: Karlsson Siebenmeter wurde ebenso eine sichere Beute des Ausnahmetorhüters
wie wenig später der Tempogegenstoß von Jensen, der Rückraum-Kracher von Sondergaard und viele
 |
Über 300 THW-Fans unterstützen die Zebras im Hexenkessel Kolding-Hallen.
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Gitta Wieberneit |
weitere Würfe. Indes: Die in der Rückwärtsbewegung schnellen Dänen verhinderten das Kieler Tempospiel
gekonnt. Als dann Petersen im KIF-Tor vor den Augen von Dänemarks Nationaltrainer Ulrik Wilbek
einige Würfe von den Außenbahnen parieren konnte, ging Kolding mit drei Toren in Führung: Spellerberg
in Überzahl und mit einem Siebenmeter, dazu noch ein Tor vom Kreis durch
Toft Hansen: Beim 9:6 (17.)
für die Gastgeber entfachten die Fans erstmals den Hexenkessel. Gut nur, dass das Duo
Jicha/
Zeitz in dieser Phase kühlen Kopf bewahrte:
Wieder waren es Einzelaktionen, die den THW zum Ausgleich brachten (19.).
Gislason
brachte nun
Daniel Narcisse für den unglücklich spielenden
Ilic.
Die Gastgeber nutzten aber zwei Kieler Unaufmerksamkeiten, um mit 11:9 erneut in Führung zu gehen.
Es folgten die stärksten Minuten des THW in der ersten Halbzeit. Vor allem
Zeitz
war nun nicht mehr aufzuhalten. Ein toller Wackler, ein Tempogegenstoß - der THW glich aus.
Sprenger nach
Omeyer-Parade
und
Narcisse nach
Zeitz-Steal brachten den
THW in Unterzahl erstmals mit zwei Toren in Führung (25.) - dann kehrte jedoch die Flaute
in das Kieler Angriffsspiel zurück. Die letzten fünf Minuten bis zur Halbzeit sollte dem
THW kein Treffer mehr gelingen,
Jicha und
Ilic
verzogen, der Rest wurde eine Beute von Petersen. KIF glich durch Toromanovic und
Toft Hansen aus.
Und die Kieler konnten sich bei ihrem Torhüter
Omeyer
und
Zeitz
bedanken, dass sie nicht mit einem Rückstand in die Pause gehen mussten: Unglaubliche 15 Bälle, darunter
zwei Siebenmeter, parierte der französische Welthandballer im Zebra-Dress, sechs Tore erzielte
der Kieler Halbrechte.
Gislason erkannte Handlungsbedarf, schickte fortan
Ahlm
auf das Parkett. Zudem kam
Andersson, um der
Abwehr gegen den wurfstarken Sondergaard mehr Größe zu verleihen.
Zeitz
rückte auf Rechtsaußen. Doch der Start in die zweite Halbzeit misslang trotz der Umstellungen:
Sondergaard und Oechsler mit einem Gegenstoß sorgten für die 15:13-Führung der Rot-Weißen.
Zeitz,
Ahlm nach
Narcisse-Bodenpass
und
Narcisse höchstpersönlich sorgten wieder für den Ausgleich (36.).
Als
Zeitz sich zum wiederholten Mal in der Abwehr einen Pass der Dänen
herausfischte,
Narcisse zum Gegenstoß ansetzte und diesen eiskalt versenkte,
jubelten die über 300 mitgereisten THW-Fans über die erneute Kieler Führung, die
Zeitz wenig später auf zwei Tore ausbaute (38.). Es folgte die
temporeichste Phase des Spiels: Schnelle Mitte, Gegenstoß, Schnelle Mitte - die Partie raubte
nicht nur den 3000 Zuschauern den Atem. Kolding verkürzte, der THW legte nach. Elf Tore fielen
in fünf Minuten - unglaublich. Oechsler schaute sich diese Tempohatz derweil nur noch von der
Tribüne aus an, er hatte nach 42 Minuten bereits die dritte Zeitstrafe erhalten.
Als
Klein überlegt zum 24:22 (45.) einnetzte,
schienen die Zebras auf einem guten Weg zu sein. Indes: In dieser Phase agierten sie zu verspielt
im Angriff, versäumten mehrmals zum Teil fahrlässig, die Führung auszubauen. Die Konsequenz war bitter:
Andersson
musste für zwei Minuten auf die Bank, die Überzahl nutzten Spellerberg und
Toft Hansen zum Ausgleich.
 |
Nicht zimperlich ging Koldings-Abwehr zur Sache: Das bekam auch Filip Jicha zu spüren.
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Die Tore fielen weiter im Minutentakt, noch einmal konnte
Jicha aus zehn
Metern den THW in Führung bringen (26:25 in der 50. Minute) - dann spielte nur noch der Gastgeber.
Ole Erevik im Tor schwang sich zu beachtlicher Form auf und bildete mit seinen Paraden die Grundlage dafür,
dass seine Farben fünf Minuten vor dem Ende mit 30:28 in Führung gehen konnte. Und hätte Schnuchel,
von den eigenen Fans nur "Rakete" genannt, den folgenden Tempogegenstoß nicht im Kreis stehend
abgefeuert - die Niederlage für die Kieler wäre wohl kaum noch zu verhindern gewesen. So aber kämpfte
sich der THW zurück,
Kim Andersson und
Narcisse
erzielten wichtige Treffer zum erneuten Gleichstand drei Minuten vor Ultimo. Und der THW hatte Glück: Gleich dreimal
scheiterten die Angreifer der Gastgeber am Gebälk des Kieler Tores, in dem nun weder
Omeyer noch der für drei Minuten auf die Platte beorderte
Gentzel nennenswerte Akzente setzen konnten. Ganz anders Erevik: Nach
Sondergaards Ausgleich zum 31:31 entschärfte er eine
Sprenger-Chance,
kaufte
Narcisse einen freien Ball ab und parierte in der letzten
Sekunde des Spiels auch noch einen Freiwurf-Hammer des Kieler Franzosen - der Jubel in Kolding kannte
kaum noch Grenzen: Das 31:31 gegen den THW feierten die Dänen wie einen Sieg.
 |
Nach dem Schlusspfiff bedankten sich die Zebras bei den vielen mitgereisten, lautstarken Fans.
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Doch auch die Kieler durften sich hoch erhobenen Hauptes von ihren lautstarken
Fans verabschieden: Schließlich hatten sie der Müdigkeit nach den Länderspielen der vergangenen
Woche und dem harten
Fight in Magdeburg zum Trotz auch in der Schlussphase eines
ebenso intensiv geführten Spiels gegenhalten können - und letztlich die erste Pflichtspielniederlage
der Saison verhindert. Zeit, den geschundenen Knochen eine Erholungspause zu gönnen, bleibt indes wenig: Bereits
am Dienstagabend (20.45 Uhr, live im DSF) warten die Füchse in Berlin auf die Bundesliga-Revanche für
das
Aus im Pokal.
Im dritten Spiel der
Champions-League-Gruppe D trennten sich Vadar Skopje (MKD) und
Amicitia Zürich (SUI) unentschieden 22:22 (14:10). Zuvor hatte der FC Barcelona im rein spanischen Duell
klar mit 28:22 (13:10) gegen Ademar Leon gewonnen.
(Christian Robohm)
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Wir haben viel zu viele klare Chancen vergeben und uns zu viele
technische Fehler geleistet, um ein besseres Ergebnis zu erzielen.
Wir haben viel zu viel verworfen, besonders von außen, aber auch aus dem
Rückraum kam kein Druck. Man sieht, dass uns die Länderspielwoche
noch in den Knochen steckt: Wir spielen seit ewiger Zeit
englische Wochen, und dann werden in der einzigen freien Woche
vier Länderspiele gespielt. Das ist völliger Schwachsinn,
das gehört abgeschafft, ein völlig überaltertes Modell, nur um
Geld in die Kassen zu spülen. Es sind noch vier Monate bis zum
Turnier, was bringt das? Die Spieler
können ihren Nationalmannschaften nicht absagen,
da sie sich ja für Januar präsentieren wollen.
Wir wussten, dass es ein schwieriges Spiel werden würde, ahnten
aber nicht wie schwierig. Kolding stand in der Abwehr gut, so
dass wir mit einem Punkt zufrieden sein können. Wir haben
das Spiel nie wirklich kontrolliert und konnten ihm nicht
unseren Stempel aufdrücken. Kompliment an Kolding,
sie haben gut gespielt. Wir haben heute zu Beginn ein anderes System gespielt,
und da passte Zeitzi hervorragend hinein.
Er hat seine Sache heute hervorragend gemacht.
Momir hingegen war platt, er war völlig leer.
Frage: Sind die deutsche und die dänische Liga auf Augenhöhe?
Die TOYOTA Handball-Bundesliga ist die beste, die dänische Liga ist die drittbeste Liga
der Welt. Die Lücke wird aber immer kleiner. Die Dänen spielen mit einer sehr
gut ausgebildeten Technikern.
gegenüber den KN zur der Terminierung der Länderspiele:
Das ist ein völliges Desaster. Narcisse
und Ilic sind total platt von ihren
Nationalmannschaften zurück gekommen. Für die EM im Januar
bringen diese Tests überhaupt nichts. Aber die Spieler können
auch nicht absagen, weil sie bei der EM dabei sein wollen.
Diese Termine sollten wie im Basketball am Ende der Saison stattfinden.
Koldings Trainer Ingemar Linnell:
Ich bin seit einem Jahr hier und habe heute das beste Spiel meiner Mannschaft
gesehen. Wir haben in der Abwehr einen guten Kampf abgeliefert,
aber das Spiel war über die gesamte Spielzeit nicht gut. Kiel
hat viel Druck ausgeübt, Handball ist heutzutage
ein sehr schneller Sport geworden. Der THW ist in diesem
Spiel die beste Mannschaft der Welt, die Gegenstöße sind
sehr schnell, da hatten wir keine Chance. Meine Mannschaft hat aber
eine sehr gute zweite Halbzeit gespielt.
Wir hatten die Chance, beide Punkte zu holen, haben es aber leider
nicht geschafft. Das machen wir dann das nächste Mal.
Wir hatten einige Chancen in der zweiten Halbzeit, das Spiel
für uns zu entscheiden, aber Erevik hat sehr gut gehalten und
wir haben unsere Chancen nicht genutzt - gerade die klaren
hätten wir viel besser nutzen müssen.
Es ist derzeit ein harter Spielplan, nach den Spielen sind
alle müde...
Die deutschen und dänischen
Fans waren laut und haben sich einen tollen Stimmungs-Kampf geliefert.
Es ist immer ein Vergnügen, hier zu spielen, denn in einer vollen Halle spielt es sich immer gut.
Koldings Anders Oechsler:
Ich möchte mich ausdrücklich bei den Fans bedanken.
Sie waren ausschlaggebend dafür, dass wir hier einen
Punkt geholt haben. Der eine Punkt wird uns helfen,
zumindest den vierten Platz in der Gruppe zu halten: Skopje und Zürich werden
sich schwer tun, einen Punkt gegen den THW zu holen.
gegenüber den KN:
Meine Rote Karte war zu hart, nur
die erste Zeitstrafe war gerechtfertigt. Ich habe mich fünf Minuten
lang fürchterlich geärgert, dann aber gemerkt, dass wir im
Spiel bleiben. Wir haben einen Punkt gegen Kiel gemacht, das
ist total geil. Für uns ist in der Gruppe nun wieder alles offen.
THW-Linkshänder Kim Andersson gegenüber den KN:
Das ist ein Punktverlust für uns. Das
Spiel war extrem hart, und es wurde deutlich, wie müde unsere
Mannschaft im Moment ist.
THW-Linksaußen Henrik Lundström gegenüber den KN:
Ich bin enttäuscht. Wir haben immer wieder mit zwei Toren geführt,
konnten uns aber nicht absetzen, weil wir dann sofort das Tempo
gedrosselt haben. Und das langsame Spiel liegt uns nicht. Sicher,
die Abwehr hat hart zupackt. Aber die Magdeburger hatten
damit Erfolg, jetzt versuchen es alle so.
THW-Kreisläufer Igor Anic gegenüber den KN:
Wir sollten uns nicht immer wieder einreden,
dass es an den Schiedsrichtern oder den Länderspielen gelegen
hat, wenn wir schlecht spielen. Wir müssen besser miteinander
und mit Tempo spielen, das hat gegen Göppingen gut geklappt.
Das war der echte THW. Wir müssen als Mannschaft besser spielen.
KIF-Spieler Bo Spellerberg:
Kiel ist nur zu schlagen, wenn sie
nicht am Limit spielen. Heute war so ein Tag. Als Oechsler und
Karlsson nicht mehr dabei waren, haben wir uns keine Gedanken
darüber gemacht. Wir haben weitergekämpft, das hatte besonders
in der Abwehr zwar nichts mehr mit System zu tun, aber der Einsatz stimmte.
KIF Kolding (DEN
):-
Erevik (39.-60., 8 Paraden),
Petersen (1.-39., 8 Paraden);
Karlsson (3),
Garralda,
Toromanovic (3),
Oechsler (2),
Toft Hansen (3),
Spellerberg (6/1),
Nielsen,
Schnuchel (7),
Forslund,
Nesbit,
Sondergaard (6),
Mikkelsen (2),
Enggaard (n.e.),
Jensen;
Trainer: Linnell
THW Kiel:-
Omeyer (1.-53., 56.-60., 20 Paraden),
Gentzel (53.-56., 0 Paraden);
Wessig (n.e.),
Andersson (3),
Lundström,
Anic,
Sprenger (2),
Ahlm (1),
Zeitz (8),
Narcisse (6),
Ilic (2/2),
Klein (2),
Jicha (7);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Olivier Buy / Stevann Pichon (Frankreich)
- Zeitstrafen:
-
Kolding: 4 (3x Oechsler (15., 35., 42.), Spellerberg (60.));
THW: 3 (Zeitz (14.), Jicha (24.),
Andersson (47.))
- Rote Karte:
-
Kolding: Oechsler (42., nach dritter Zeitstrafe)
- Siebenmeter:
-
Kolding: 3/1 (Omeyer hält Karlsson (2.) und Spellerberg (30.));
THW: 2/2
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:1, 2:1 (5.), 3:2, 5:4 (9.), 6:6 (12.), 9:6 (17.), 9:9 (19.), 11:9 (21.), 11:13 (25.), 13:13;
2. Hz.: 15:13 (33.), 16:14 (34.), 16:18 (38.), 17:19, 18:20 (40.), 19:21, 20:22, 21:23 (43.),
22:24, 24:24 (48.), 25:26 (50.), 27:26 (51.), 29:27 (54.), 30:28 (55.), 30:30 (57.), 30:31, 31:31 (59.), 31:31.
- Zuschauer:
-
3000 (ausverkauft) (Kolding-Hallen, Kolding (DEN))
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
Die vier deutschen Teams im
EHF-Pokal und
Pokalsieger-Cup haben noch spielfrei und
werden erst Mitte November eingreifen.
Die Rhein-Neckar Löwen büßten am Donnerstag gegen Chambery Savoie (FRA) beim 31:31 (16:13)
in der Gruppe B einen wichtigen Punkt ein.
Yannick Palma erzielte fünf Sekunden vor dem Ende den Treffer für Chambery zum Ausgleich,
nachdem Bjarte Myrhol beim letzten Löwen-Angriff nur die Latte getroffen hatte.
In der Gruppe C gewann der HSV Hamburg beim FC Kopenhagen
klar mit 34:27 (20:16) und bleibt damit Tabellenführer Ciudad Real dicht auf den Fersen (siehe
auch Extra-Bericht der KN).
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Aus den Kieler Nachrichten vom 09.11.2009
Handball-Krimi in Kolding
Champions League: Wenig Glanz, viel Leidenschaft - THW Kiel rettet in der Schlussphase einen Punkt
Kolding - Nach dem Schlusspfiff gab es kein Halten mehr. Ausgelassen
feierten die Spieler von Kolding IF am Sonnabend das
31:31 (13:13) gegen den THW Kiel. Für sie fühlte sich das Remis im
vierten Gruppenspiel der Champions League wie ein Sieg an, für
die "Zebras" wie eine Niederlage. Dabei hatte das Team von
Alfred Gislason Glück, in der aufgeheizten Atmosphäre der mit knapp
3000 Zuschauern ausverkauften Kolding-Hallen nicht beide
Punkte zu verlieren.
30:28 hatte der zwölffache dänische Meister drei Minuten vor dem Abpfiff
geführt. Auch ohne ihren Regisseur Lukas Karlsson, der sich nach einem
Zusammenprall mit Filip Jicha den Mittelfinger der rechten Hand brach
(40.). Ohne den Abwehrchef Anders Oechsler, dessen Rote Karte ungerechtfertig
gewesen war (41.). Doch angefeuert von ihren unglaublichen
Fans, die sich auf den Stehplätzen wie Sardinen in Dreierreihen
aneinander quetschten, wuchs das Team des ehemaligen schwedischen
Nationaltrainers Ingemar Linnell über sich hinaus. 30:28 stand es,
als Linksaußen Boris Schnuchel bei einem Tempogegenstoß erst im Kreis
landete und dann warf. Es wäre das 31:28 gewesen. Im Gegenzug traf
Kim Andersson, der eine Halbzeit lang zusehen
durfte, wie sich Christian Zeitz
mit acht Toren zum erfolgreichsten Werfer entwickelte. Dann narrte
Schnuchel erneut die brüchige THW-Deckung, knallte den Ball aber an den
Pfosten. Im Gegenzug glich Daniel Narcisse elegant zum 30:30 aus. Nun
tauchte Kreisläufer Rene Toft Hansen frei vor dem guten Thierry Omeyer
auf und scheiterte mit einem Aufsetzer
an der Latte.
Freundlich hatten sie gewirkt, die dänischen Fans. Nett begrüßt hatten
sie die Spieler des THW. Die "Zebras" durften einzeln einlaufen und sich
von rund 350 Anhängern feiern lassen.
Das ist in der Fremde ungewöhnlich. Wie ein echtes Auswärtsspiel in
einer als Hexenkessel bekannten Halle hatte es sich nicht angefühlt. Bis
Hansen die Latte traf. Ein gellendes Pfeifkonzert begleitete nun jede Aktion
der Kieler, auch das wuchtige 31:30 durch Jicha. In der Pause musste
eine blutende Wunde an seiner Nase behandelt werden, zu stören schien es
ihn nicht. Linnell nahm eine Auszeit. Zehnmal hatten die Rot-Weißen gegen
deutsche Teams gespielt, stets verloren. Nun sah es wieder so aus.
Doch Sondergaard traf zum 31:31, die Zuschauer drehten durch. In Kürze
wird eine Hallenwand abgerissen, bis
März sollen sechs weitere VIP-Logen und 1400 Stehplätze entstehen. Kaum
vorstellbar, was dann für eine Stimmung
hier herrschen wird.
Nach einer Parade von Ole Erevik gegen Christian Sprenger hämmerte
Sondergaard den Sieg an den Pfosten, im Gegenzug scheiterte Narcisse an
Erevik. Noch 40 Sekunden. Bo Spellerberg
kassierte nach einem rüden Einsatz gegen Andersson eine Zeitstrafe.
Sechs Kieler, fünf Dänen doch Narcisse scheiterte in letzter Sekunde
an Erevik - Aus.
"Ich bin enttäuscht", fasste Zeitz
das Stimmungsbild seiner Kollegen in Worte. "Mit meiner Leistung war ich
einigermaßen einverstanden", meinte der Linkshänder, der mit sechs Toren
in der ersten Halbzeit den THW im Gleis gehalten hatte. "Aber freuen
kann ich mich nicht." Auch seine persönliche Erfolgsgeschichte hätte
schnell enden können, stand der 28-Jährige doch bereits nach sechs Minuten
vor einer Auswechslung. In der Abwehr hatte er sich eine unnötige
Zeitstrafe eingehandelt, im Angriff völlig überhastet verzogen. "Alfred
hatte gesagt, ich sollte mir für meinen ersten Wurf Zeit lassen. Das habe ich
nicht gemacht." Gislason reagierte mit einem Kopfschütteln, ließ
Zeitz
aber gewähren. "Ich hatte mir vorgenommen, ihn nicht gleich auszuwechseln.
Egal, was passiert." Auch, weil er sein Personal schonen wollte.
Schließlich wird der THW morgen Abend in Berlin erwartet.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 09.11.2009)