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21./22.02.2010 - Letzte Aktualisierung: 22.02.2010 Champions League

Champions League: THW siegt erstmals in Leon

CL, Gruppe D, 8. Spieltag: 21.02.2010, So., 17.00: Ademar Leon - THW Kiel: 30:35 (17:18)
Update #3 KN-Berichte, Stimmen, Bilder und Spielbericht ergänzt ...

Peter Gentzel avancierte zum großen Rückhalt in der zweiten Halbzeit.
Klicken Sie zum Vergrößern! Peter Gentzel avancierte zum großen Rückhalt in der zweiten Halbzeit.
Der THW Kiel hat erstmals auswärts bei Ademar Leon gewonnen. Am Sonntag setzten sich die "Zebras" im Spitzenspiel der Champions-League-Gruppe D verdient mit 35:30 (18:17) in Kastilien durch und wahrten damit die Chance auf den Gruppensieg. Matchwinner beim THW waren der überragende Torhüter Peter Gentzel sowie Filip Jicha und Momir Ilic, die jeweils neun Treffer erzielten.
Während Alfred Gislason letztlich auf das vorzeitige Comeback von Europameister Daniel Narcisse verzichtete, konnte sein Gegenüber Jordi Ribera aus dem Vollen schöpfen. Sowohl der slowakische Linksaußen Martin Stranovsky als auch der argentinische Abwehrhüne Gonzalo Carou standen den Kastiliern gegen den THW Kiel wieder zur Verfügung, selbst wenn sie - wie auch Mittelmann Jorge Garcia Vega - noch angeschlagen waren und zunächst auf der Bank Platz nahmen. Gislason startete gegen die als robust und aggressiv bekannte Ademar-Abwehr mit Filip Jicha auf der Mitte, Ilic und Andersson auf den Halb- sowie Lundström und Sprenger auf den Außenpositionen. Am Kreis sollte Marcus Ahlm Lücken reißen, im Tor startete wie gewöhnlich Thierry Omeyer.

Filip Jicha erzielte acht seiner neun Treffer vor der Pause.
Klicken Sie zum Vergrößern! Filip Jicha erzielte acht seiner neun Treffer vor der Pause.
Das Positionsspiel der Kieler kam indes in der Anfangsphase gar nicht zur Entfaltung, weil die Gastgeber zunächst im eigenen Angriffsspiel völlig von der Rolle waren und den deutschen Rekordmeister zum Kontern einlud. Leon leistete sich gegen eine aufmerksame THW-Deckung mehrfach Ballverluste und technische Fehler, halbherzige Würfe von Bicanic und Buntic verfehlten das Tor, der erste Wurf von Oldie Krivoshlykov war zudem ein gefundenes Fressen für Thierry Omeyer. Als Konsequenz legten die "Zebras" ein schnelles 4:0 vor. Andersson und Lundström per zweiter Welle, danach zwei Gegenstöße des schwedischen Linksaußens - bereits in der 6. Minute sah sich Ribera gezwungen, seine Auszeit zu nehmen.

Zwar traf Bicanic im Anschluss erstmals für Leon, doch ein wie entfesselt wirkender THW legte weiter nach: Jicha per zweiter Welle, der starke Ahlm nach schönem Anspiel von Ilic und erneut Jicha per Konter nach einem eigenen Steal erhöhten auf 7:2 (9.) - im nicht ganz ausverkauften, eigentlich als Hexenkessel bekannten Sportpalast herrschte absolute Eiszeit. Erst Vize-Europameister Mirko Alilovic gelang es schließlich, seine Vorderleute und das spanische Publikum aus der Lethargie zu befreien. Drei spektakuläre Paraden des Kroaten gegen Lundström und Andersson brachten Leon endlich in die Partie, der Kieler Vorsprung stagnierte. Insbesondere der eingewechselte Agguirezabalaga und der Kroate Buntic drehten nun im Angriffsspiel der Gastgeber auf, allerdings ließ eine in dieser Phase zu passive Kieler Deckung auch zu viel zu. Dass der Kieler Vorsprung aber bis zum 14:9 (19.) weiterhin fünf Treffer betrug, hatten die "Zebras" vor allen Dingen Filip Jicha zu verdanken, der sich vom aufblühenden Alilovic sowie der offensiven Deckung der Gastgeber nicht aus dem Konzept bringen ließ und mehrfach sogar aus 10 Metern zum Torerfolg kam.

Mirko Alilovic ermöglichte mit seinen Paraden die Aufholjagd Leons.
Klicken Sie zum Vergrößern! Mirko Alilovic ermöglichte mit seinen Paraden die Aufholjagd Leons.
In den letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit aber machte sich das stockende Kieler Aufbauspiel auch im Spielstand bemerkbar. Jicha verließ ein wenig das Wurfglück, Andersson fand mehrfach in Alilovic seinen Meister. Selbst die Einwechslung Palmarssons half dem THW in dieser Phase nicht mehr. Bei Leon hingegen drehten Buntic und Agguirezabalaga weiter auf: Als der von Krivoshlykov gefoulte Lundström mit einem Dreher am Pfosten scheiterte und vergeblich auf den Pfiff des ansonsten gut pfeifenden lettischen Schiedsrichtergespanns wartete, war es erneut Vize-Europameister Denis Buntic, der beim 16:16 den ersten Ausgleich erzielte und Gislason dazu bewegte, Peter Gentzel in die Partie zu bringen. Das Spiel drohte zu kippen, doch ein tolles Anspiel Palmarssons auf Ahlm rettete den THW in die Halbzeitpause. Denn Ahlm traf nicht nur zur neuen Kieler Führung, Castresana bekam zudem eine Zeitstrafe aufgebrummt. In Überzahl schaffte Jicha mit seinem bereits achten Treffer das 18:17, einen famosen Wurf Doders von der Mittellinie konnte Gentzel parieren und damit die knappe Halbzeitführung retten.

Marcus Ahlm erzielte fünf Treffer.
Klicken Sie zum Vergrößern! Marcus Ahlm erzielte fünf Treffer.
Nach Wiederanpfiff erhöhte Andersson nach schöner Ballstafette zum 19:17, doch Stranovsky und Ortigosa nutzten eine Strafe gegen Ahlm, um erneut auszugleichen. Als Alilovic daraufhin einmal mehr gegen Jicha parierte, bekam Leon erstmals die Chance, selbst in Führung zu gehen. Doch Oldie Peter Gentzel parierte zweimal glänzend gegen Buntic sowie Stranovsky und legte damit den Grundstein für eine furiose zweite Halbzeit. Ahlm schaffte per zweiter Welle die erneute Kieler Führung zum 20:19, der eigentlich in der Abwehr durch Chernov ersetzte Buntic bekam wegen Haltens auch noch eine Zeitstrafe aufgebrummt. Und diese nutzten die "Zebras" eiskalt aus: Gentzel hielt gegen Chernov und Stranovsky, Ilic und Lundström erhöhten auf 22:19 (36.). Stranovsky verkürzte per Siebenmeter noch einmal, doch Ilic und Gentzel waren nun nicht mehr zu bremsen. Während der Serbe - zuletzt in einem Formtief - nun Verantwortung im Angriff übernahm und Tore am Fließband beisteuerte, verzweifelten die Kastilier mehr und mehr am schwedischen Torhüter. Ob Buntic, Krivoshlykov oder Stranovsky - sie alle fanden in Gentzel ihren Meister. Auch die THW-Feldspieler zogen aus den Paraden ihres Hintermanns eine Menge Selbstvertrauen. Zweimal Ilic und ein Siebenmeter Jichas brachten das 25:20, weitere Treffer von Ilic behaupteten den Vorsprung. Als Peter Gentzel einen weiteren Gegenstoß Krivoshlykovs vereitelte und auf der anderen Seite Lundström mit einem traumhaften Anspiel auf Ahlm das 29:24 einleitete, nahm der erste Kieler Sieg bei Ademar Leon langsam Konturen an.

Aron Palmarsson setzte die letzten Akzente.
Klicken Sie zum Vergrößern! Aron Palmarsson setzte die letzten Akzente.
Leon legten noch einmal alles auf eine Karte und stellte die Abwehr noch offensiver auf. Allerdings unterliefen den Spaniern weiterhin eklatante Fehler im Aufbauspiel - und auch Peter Gentzel war weiterhin nur schwer zu überwinden. Als Palmarsson sieben Minuten vor Schluss für den müden Filip Jicha aufs Spielfeld kam, betrug der Kieler Vorsprung noch immer fünf Treffer. Und nachdem Zeitz mit einer tollen Weiterleitung hinter seinem Rücken Christian Sprenger bediente, welcher das 31:25 markierte, war das Spiel endgültig entschieden. Die Schlusspunkte setzten einerseits der junge Isländer Palmarsson mit zwei schönen Treffern, der im zweiten Durchgang achtmal erfolgreiche Momir Ilic mit zwei weiteren "Fackeln" sowie Peter Gentzel, der nach Stranovsky mit Ortigosa auch den zweiten Linksaußen der Gastgeber zum Verzweifeln brachte.

Mit nun drei Punkten Vorsprung auf den Tabellendritten brauchen die "Zebras" in der Champions League sich wohl nicht mehr "nach hinten" absichern und sich stattdessen weiter Hoffnung auf den Gruppensieg in der Gruppe D machen. Zwei Heimsiege gegen Kolding und Skopje vorausgesetzt, benötigen die "Zebras" allerdings noch Schützenhilfe ausgerechnet von Reale Ademar - die Kastilier erwarten Tabellenführer FC Barcelona am kommenden Wochenende. Für den THW gibt es nach zwei "englischen Wochen" nach der Europameisterschaft indes erst einmal eine kleine Verschnaufpause, ehe es am kommenden Samstag gegen Kolding IF weitergeht.

In den beiden weiteren Partien der Gruppe D setzten sich bereits am Samstag jeweils die Favoriten durch: Der FC Barcelona (ESP) gewann sein Heimspiel gegen Amicita Zürich (SUI) mit 37:26 (18:11) und verteidigte damit erwartungsgemäß die Tabellenführung. Die Dänen von Kolding IF siegten gegen Vardar Skopje (MKD) mühelos mit 28:21 (15:9) und zogen damit an Ademar Leon vorbei auf Rang 3.

(Sascha Krokowski)

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason gegenüber den KN:
Ich hatte gedacht, dass es hier bis zur letzten Sekunde spannend werden würde. Die Mannschaft hat überragend gearbeitet, vor allem die Abwehr hat in der zweiten Halbzeit sehr gut gestanden. Wir hatten nie eine Krise, die Jungs haben immer voll mitgezogen. Dass wir eine solche Leistung abrufen können, hat sich in den letzten Spielen angedeutet. Jetzt bin ich gespannt, was Barcelona hier erreichen wird.
THW-Geschäftsführer Uli Derad gegenüber den KN:
Die Mannschaft hat sensationell gespielt, das war eine sehr geschlossene Leistung. Und: Momir Ilic ist wieder da! Wenn wir unsere Heimspiele gegen Kolding und Skopje gewinnen, dann ist der zweite Platz sicher. Schauen wir mal, wie es Barcelona hier ergehen wird. Mit den Schiedsrichtern konnten wir heute gut leben.
THW-Rückraumspieler Momir Ilic gegenüber den KN:
Ich habe in der ersten Halbzeit ein paar Bälle verworfen, dann aber meine Sicherheit gefunden. Das war auch für mich ein sehr wichtiges Spiel, aber auch für die ganze Mannschaft.
THW-Linkshänder Christian Zeitz gegenüber den KN:
Als wir unseren Fünf-Tore-Vorsprung verspielt hatten, macht man sich schon seine Gedanken. Aber Alfred hat uns in der Auszeit noch einmal daran erinnert, nicht die Konzentration zu verlieren. Das haben wir dann auch nicht. Für uns als Mannschaft war das ein Befreiungsschlag. Kompliment an Peter Gentzel, er hat gezeigt, dass man auch mit 41 noch überragend halten kann.
THW-Rückraumspieler Filip Jicha gegenüber den KN:
In der Endphase der ersten Halbzeit haben wir in der Abwehr wie Einzelsportler gearbeitet, da kam Leon noch einmal ran. Wir hatten sehr viele gute Phasen in unserem Spiel, aber auch sehr tiefe. Die guten müssen länger werden. In der Pause gab es keine Unruhe in der Kabine. Wir hatten mit fünf Toren geführt und wussten, dass wir das noch einmal schaffen können.
Leons Spielmacher Dalibor Doder gegenüber den KN:
Die bessere Mannschaft hat gewonnen. Wir haben einfach zu viele Chancen verballert, sonst wäre das Spiel viel enger geworden. Wir hatten zwar mit Thierry Omeyer im Tor gerechnet, wussten aber, dass Kiel zwei Klasse-Torhüter hat. Das hat Peter Gentzel dann ja auch bewiesen. Zu Hause können wir jede Mannschaft in Europa schlagen, also auch Barcelona. Und das haben wir vor.

 


Champions League, Gruppe D, 8. Spieltag: 21.02.10, So., 17.00: Ademar Leon (ESP) - THW Kiel: 30:35 (17:18)

Logo Leon Ademar Leon (ESP Flagge ESP):
Alamo (bei einem Siebenmeter, keine Parade), Alilovic (1.-60., 20 Paraden); Ugarte (n.e.), Carou, Martins (n.e.), Vega (n.e.), Castresana (4), Buntic (8), Krivoshlykov (2), Chernov (1), Prce (n.e.), Aguirrezabalaga (5), Ortigosa (2), Stranovsky (4/2), Doder (2), Bicanic (2); Trainer: Ribera
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-26., 4 Paraden), Palicka (n.e.), Gentzel (26.-60., 18 Paraden); Lund, Andersson (2), Lundström (4), Anic (n.e.), Sprenger (4), Ahlm (5), Reichmann (n.e.), Zeitz, Palmarsson (2), Ilic (9), Klein (n.e.), Jicha (9/2); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Zigmars Stolarovs / Renars Licis (LAT)
Zeitstrafen:
Leon: 2 (Castresana (28.), Buntic (34.));
THW: 3 (Ahlm (32.), 2x Zeitz (47., 55.))
Siebenmeter:
Leon: 2/2;
THW: 2/2
Spielfilm:
1. Hz.: 0:4 (6.), 1:4, 1:5, 2:5, 2:7 (9.), 4:7, 4:9, 5:9, 5:10, 6:10, 6:11 (15.), 7:11, 7:12, 8:12, 8:13, 9:13, 9:14 (19.), 12:14, 12:15, 13:15, 13:16, 16:16 (26.), 16:17, 17:17, 17:18;
2. Hz.: 17:19, 19:19, 19:22 (36.), 20:22, 20:25 (42.), 21:25, 21:26, 22:26, 22:27, 23:27, 23:28, 24:28, 24:30 (51.), 25:30, 25:32 (56.), 27:32, 27:34, 28:34, 28:35, 30:35.
Zuschauer:
5.500 (Palacio de los Deportes, Leon (ESP))

Kurzumfragen:

Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.

 


Die anderen deutschen Europapokal-Teilnehmer

Der HSV Hamburg gewann am Samstagnachmittag sein Auswärtsspiel beim schwedischen Überraschungsmeister Alingsas HK souverän mit 37:27 (17:13) und verteidigte damit den zweiten Platz in der Gruppe C vor den ebenfalls siegreichen Kroaten von RK Zagreb. Der Gruppensieg ist indes für Hamburg nicht mehr möglich: Nach dem 33:25-Sieg von Ciudad Real am Sonntag in Kopenhagen können die weiter verlustpunktfreien Spanier allerdings theoretisch noch von Zagreb von der Spitze verdrängt werden.

Für die Rhein-Neckar Löwen ist am Sonntag der Gruppensieg in der Gruppe B in weite Ferne gerückt. Beim bislang punktgleichen ungarischen Meister MKB Veszprem kassierten die Mannheimer eine 30:34-Pleite und verloren damit auch den direkten Vergleich. Die Magyaren brauchen aus den ausstehenden zwei Partien somit nur noch zwei Punkte, um den Spitzenplatz zu verteidigen.

Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.

Auch die vier deutschen Teams in den anderen Europapokal-Wettbewerben sind derzeit im Einsatz. Im EHF-Pokal erreichte Frisch Auf Göppingen am Freitag als erster Club die nächste Runde. Nach dem 39:30-Hinspielsieg musste man bei AaB Handbold aber lange zittern. Zeitweise lag Göppingen mit acht Treffern zurück, am Ende stand "nur" ein 26:30 (8:15) zu Buche.

Auch der TBV Lemgo konnte am Samstag nachlegen und das Viertelfinale erreichen. Nach der blamablen 27:30-Heimpleite gegen Benfica Lissabon in der Vorwoche siegten die Lipperländer in Portugal deutlich mit 31:18 (14:10).

Mit der SG Flensburg-Handewitt stehen damit alle drei gestarteten Bundesligisten im Viertelfinale des EHF-Pokals. Die Nordlichter spielten am Sonntagnachmittag bei Istres Ouest Provence HB 31:31 unentschieden. Das Weiterkommen geriet dank des 34:23-Hinspielerfolgs gegen die Franzosen niemals in Gefahr.

Und auch im Pokalsieger-Cup gab es einen deutschen Erfolg. Nachdem der VfL Gummersbach das Hinspiel gegen ABC Braga (POR) mit 30:26 gewann, konnte am Samstag auch die Auswärtspartie siegreich gestaltet werden: Viktor Szilagyi und Co. siegten in Portugal mit 28:27 (13:15) und können damit weiterhin vom zweiten Europapokaltriumph in Folge träumen.

Die Viertelfinal-Auslosungen in den europäischen Wettbewerben (außer Champions League) finden bereits am kommenden Dienstagvormittag statt.

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 22.02.2010:

Krisengerede mit famosem Gentzel vom Tisch gefegt

35:30-Triumph bei Ademar Leon - THW in der Champions League wieder aufgestanden
Leon - Mit einer beeindruckenden Leistung und einem famosen Peter Gentzel hat der THW Kiel gestern alles Krisengerede vom Tisch gefegt. Im Hexenkessel "Palacia Municipal" besiegten die "Zebras" im dritten Anlauf erstmals Gastgeber Ademar Leon und können nach dem 35:30 (18:17)-Erfolg den zweiten Platz in der Champions-League-Gruppe D nur noch auf sehr theoretische Weise verlieren.

Gefragt nach dem ungewöhnlichen Lärmpegel in ihrer Halle, antworten die Einheimischen mit einem geläufigen Sprichwort: Perro ladrador poro mordedor. Hunde, die bellen, beißen nicht. Umso länger die Partie dauerte, umso mehr wurde aus dem Gefühl Gewissheit, dass dieses Spiel die Ausnahme von der Regel sein könnte. Unfassbar, dass eine Stunde vor dem Anpfiff noch das Zwitschern der Vögel zu hören war, die der Winter unter das Hallendach getrieben hatte. Die spanischen Fans kamen spät und strahlten große Gelassenheit aus, als sie ihre Plätze einnahmen. Doch der Eindruck täuschte: Schon die Begrüßung für die litauischen Unparteiischen ging in einem gellenden Pfeifkonzert unter, ebenso wie die Vorstellung der Kieler Spieler, die alle einzeln in die "Hölle von Leon" einlaufen mussten.

Den THW schien der Krach der rund 5300 Heißblütigen aber nicht zu stören. Sie starteten eiskalt, führen nach dem 1:0 von Kim Andersson und drei Toren von Henrik Lundström schnell mit 4:0. Wurde es ruhiger? Nein, die Ademar-Fans tobten weiter. Auch Trainer Jordi Ribera wütete, als er nach sechs Minuten seine kopflose Schar zur Auszeit bat. Das kleine Energiebündel schimpfte im Kreise seiner Hünen, schubste sie mit beiden Händen, doch sie wachten nicht auf. Der THW blieb cool, hatte mit Filip Jicha zudem den überragenden Feldspieler in seinen Reihen. Der Tscheche warf bis zur Pause acht seiner neun Tore, und doch retteten die "Zebras", die lange mit fünf Toren geführt hatten, "nur" ein knappes 18:17 in die Kabine. Warum? Während Mirko Alilovic, kroatischer Nationaltorhüter in Diensten der Spanier, sich mit zunehmender Spieldauer steigerte, fand Kiels Thierry Omeyer nicht zu gewohnter Form. "Wir haben ihn im Stich gelassen", räumte Jicha eine Mitschuld der Kieler Deckung ein. Symptomatisch die Szene zum 11:14 für die Spanier, als Momir Ilic der Ball aus der Hand fiel und Leon-Kreisläufer Castresana im zweiten Anlauf verwandelte. Außer sich brüllte Omeyer da seinen bedauernswerten Kollegen an. Wohl auch, weil er mit sich nicht zufrieden war.

Sein Trainer Alfred Gislason reagierte in der 26. Minute, wechselte Peter Gentzel für den Welthandballer ein. Ein Glücksgriff. Der 41-Jährige vernagelte seinen Kasten, trieb mit 16 Paraden die Gegner zur Verzweiflung. Besonders Linksaußen Martin Stranovsky, bei der letzten THW-Niederlage noch zehnfacher Torschütze, scheiterte immer wieder. Aus seiner Zeit in Santander und Granollers bestens in Spanien bekannt, avancierte der 224-fache Nationalspieler Gentzel zum Matchwinner. "Ich spiele gerne in Spanien", meinte der Gefeierte anschließend gelassen. "Diese Atmosphäre liegt mir." Die Gegner offensichtlich auch. "Klar, einige hatten mich noch nicht vergessen und Respekt gehabt."

Mit Gentzel, einer starken Abwehrleistung in der zweiten Halbzeit und einem Ilic, bei dem der Knoten platzte, ließen die "Zebras" nach der Pause nur einmal einen Ausgleich (19:19/33.) zu, dann zogen sie davon. Und die Fans? Sie bissen tatsächlich nicht, verabschiedeten die Sieger gar artig mit Applaus. "Damit haben wir Barcelona unter Druck gesetzt", freute sich Gislason. Am Sonntag tritt der Tabellenerste der Gruppe D in Leon an. Bei Unentschieden wäre Kiel wieder Erster. Vorausgesetzt, der THW gewinnt tags zuvor sein Heimspiel gegen Kolding IF (15 Uhr). Aber die Dänen waren gestern im Kreise der Feiernden noch kein Thema.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.02.2010)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 22.02.2010:

Champions-League-Splitter

Charter - Knapp zwei Stunden nach dem Abpfiff saßen die Kieler schon wieder im Flugzeug. Der Handballmeister hatte eine eigene Maschine gechartert, mit der er gegen Mitternacht in Lübeck landete. Vielleicht würde diese Investition auch für die Reisen der Rhein-Neckar Löwen Sinn machen. Schließlich verpassten gleich vier Spieler vor der bitteren 26:37-Niederlage beim HSV ihren Linienflug von Frankfurt nach Hamburg.

Nummer eins - In Spanien sind Fußball und Basketball die Sportarten des Volkes, nur in Leon ist alles anders. Hier sind die Handballer das Aushängeschild, weil sie Dauergast in der Champions League sind. Die Fußballer, "La Cultural", haben sechs Millionen Euro Schulden und kicken nur in der dritten Liga (2B). Die Basketballer, "Baloncesto Leon", sind Sechster als Zweitliga-Aufsteiger (LEB/Liga Espanola de Baloncesto) und kassierten am Sonnabend gerade eine bittere 64:87-Heimpleite gegen den Spitzenreiter aus Saragossa.

Winter - Angeblich wird Leon gerade von dem kältesten Winter seit 30 Jahren heimgesucht. In Schneetagen umgerechnet bedeutet das in Kastilien die Zahl acht. Sieben Tage im Dezember und nun einer im Februar, der gestrige Sonntag. Tags zuvor hatten die Touristen rund um die beeindruckende Kathedrale den Kaffee noch im Freien trinken können. In der Sonne, bei zehn Grad plus.

Bundesliga - Ein einziger Gast, der kein Spanisch spricht, ein Wirt, dem Englisch fremd ist und eine Fernsehzeitung - was kann daraus entstehen? Glück. Sonnabend, 15.30 Uhr, schaltete der Wirt einer kleinen gemütlichen Tapas-Bar die Fußball-Bundesliga ein. Hamburg gegen Frankfurt, alternativ wäre Nürnberg/Bayern möglich gewesen. Zu vier Bier (0,3 Liter) werden unaufgefordert leckere Tapas gereicht. Am Ende Enttäuschung über ein 0:0 und Freude über die Rechnung: Acht Euro für alles.

Kloster - Die Mannschaft, begleitet von einigen Sponsoren, hatte es zumindest vor dem Anpfiff ruhig. In einem umgebauten Kloster, dem Fünf-Sterne-Hotel "Parador San Marcos", verlebten die "Zebras" eine ruhige Nacht und hatten eine lediglich fünfminütige Bustour zur Halle.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.02.2010)


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