Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "ZEBRA", von living sports:
Henrik Lundström
hat unlängst seinen Vertrag beim THW Kiel um ein weiteres
Jahr verlängert. In dieser ZEBRA-Ausgabe erzählt
der Linksaußen, warum er und seine Familie sich
in Kiel so wohl fühlen.
Ein schwedisches Sprichwort besagt "Borta bra men hemma bäst - Anderswo
ist es gut, aber zu Hause ist es am Besten". Doch dass man
sich nicht nur an einem Ort zu Hause fühlen kann, weiß
Henrik Lundström seit geraumer Zeit
nur zu gut. Der Linksaußen des THW Kiel kam vor sechs
Jahren aus dem schwedischen Göteborg an die Kieler
Förde und hat sich hier ein zweites Zuhause aufgebaut,
das durch seine Frau und seine drei Kinder komplettiert
wird. "Göteborg und Kiel sind unser Zuhause", erzählt
der 30-Jährige, der vor ein paar Wochen seinen im
Sommer auslaufenden Vertrag um ein Jahr verlängerte,
mit der Unterschrift allerdings auch seinen Abschied
aus Kiel in naher Zukunft ankündigte. Er will in der
schwedischen Heimat beruflich Fuß fassen und mehr
Zeit für seine Familie haben. Wenn
"Henke",
wie die THW-Fans den Schweden nennen, von seiner
Familie erzählt, leuchten seine Augen. "Meine
Familie kommt an erster Stelle", bekräftigt der Schwede voller
Stolz. Wie wichtig ihm die gemeinsame Zeit mit den Liebsten
ist, zeigte auch seine Entscheidung, eine Pause in
der Nationalmannschaft einzulegen und nicht zur
diesjährigen
EM zu fahren. Die
EM-"Pause"
verbrachte der 90-fache schwedische Nationalspieler also
nicht spielend in Österreich, sondern trainierend in Kiel.
Lundström wollte die kontinentalen
Meisterschaften nicht nur von der Auswechselbank aus
verfolgen, zum anderen weiß er eben auch, was es
bedeutet, drei Wochen lang von der Familie
getrennt zu sein und die eigenen Kinder für eine
so lange Zeit nicht zu sehen. "Wenn mein Sohn
sagt, dass ich zu Hause bleiben und nicht für drei
Wochen mit der Nationalmannschaft zur EM fahren
soll, ist ihm dieser Wunsch schwer abzuschlagen." Die
dadurch gewonnene Zeit zum Jahresanfang - als sich
die Nationalmannschaftskollegen auf die EM
vorbereiteten - nutzte Lundström
mit seiner Familie für einen Besuch in ihrer schwedischen
Heimatstadt Göteborg.
Wie bereits viele schwedische
Spieler vor ihm profitiert auch er von der täglich
pendelnden Fähre Kiel - Göteborg. Allerdings werden die
Lundströms die "Stena" wohl erst
wieder im Sommer besteigen. "Jetzt kommen wieder ein paar
Monate, in denen viel Handball gespielt wird, deshalb
geht es erst im Sommer wieder nach Schweden."
Keine Frage, Familie Lundström hat
auch Gefallen an der "Zweitheimat" Kiel gefunden.
An spielfreien Tagen stehen häufig Unternehmungen
ins Umland auf dem Tagesplan. "Mit Kindern finde
ich Kiel eine schöne Stadt, das passt perfekt. Man
kann hier viele Ausflüge machen, beispielsweise
in den Tierpark, das finde ich schön." Auch wenn sich die
Lundströms in Kiel wohlfühlen, so gibt es doch etwas, das
"Henke" in Deutschland fehlt. "Ich vermisse es,
in schwedische Supermärkte zu gehen und dort schwedische
Lebensmittel zu kaufen". Mit einem Augenzwinkern fügt
der Linksaußen dann einschränkend hinzu, dass es für
schwedische Delikatessen ja immerhin IKEA gebe. "Das ist
also kein allzu großes Problem."
Ein anderes Problem
lässt sich allerdings in Kiel nicht so leicht lösen: Die
Lundströms vermissen ihre Verwandtschaft.
Es tue schon weh, dass man nicht beim Rest der Familie
wohne und dass die Kinder nicht häufiger in der Nähe der Großeltern sind, sagt
Lundström. "Aber wir wissen ja, dass wir in
absehbarer Zeit wieder zurück nach Schweden gehen werden." Diese
Gewissheit helfe, über einige wehmütige Momente hinwegzukommen. Denn
Lundströms Sprösslinge freuen sich jedes Mal,
in Schweden zu sein, auch wenn sie zumindest laut Geburtsurkunde
waschechte Schleswig-Holsteiner sind. "Meine Kinder
sind alle in Kiel geboren, für sie ist das natürlich
ihr Zuhause. Aber zumindest mein Ältester, der vier
Jahre alt ist, weiß, dass wir irgendwann nach Göteborg
ziehen werden." Auch wenn das Heimweh nach Schweden
manchmal sehr groß sei, so hat Lundström
es nie bereut, den Schritt von Göteborg nach Kiel gewagt zu haben
und sich hier ein zweites Zuhause aufzubauen. "Es macht
Spaß, hier Handball zu spielen. Denn für einen Handballer
gibt es keine bessere Adresse als den THW Kiel."
- ZEBRA:
-
Sie haben in diesem Jahr bewusst auf die EM
verzichtet, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Wie war es,
die Spiele am Fernseher zu verfolgen?
- Henrik Lundström:
-
Schweden war ja nicht so lange im Turnier dabei,
aber ich habe auch ein paar andere Spiele
der Vor- und Hauptrunde und auch das Finale
gesehen. Es war schon anders, die Spiele
im Fernsehen zu schauen. Das habe ich
lange nicht gemacht, aber ich fühlte
mich dabei ziemlich wohl. Das hat aber
vielleicht mehr mit Familie als mit Handball zu tun.
- ZEBRA:
-
Woran hat es ihrer Ansicht nach gelegen, dass die schwedische
Mannschaft bereits nach der Vorrunde ausgeschieden ist?
- Henrik Lundström:
-
Wir waren mit Deutschland, Polen und Slowenien in einer
sehr engen Gruppe. Wir haben alle drei Spiele nur
mit ein, zwei Toren verloren. Das größte Problem war
wohl, dass man es im ersten Spiel gegen Slowenien
nicht geschafft hat, den Vorsprung (Anm. Schweden
führte in der 45. Min. noch mit 21:17) bis zum Ende
zu halten und dadurch unsicher geworden ist.
Nach diesem ersten verlorenen Spiel merkte man dann
auch während der anderen Partien, dass die Mannschaft
in den Schlussphasen immer sehr unruhig wurde und
nicht so selbstbewusst gespielt hat.
- ZEBRA:
-
Ist ein Grund für diese Unsicherheit, dass im heutigen Team nicht
mehr so viele Spieler wie früher auch im Verein zusammen spielen?
- Henrik Lundström:
-
Ich glaube, so kann man das nicht sagen. Es war natürlich früher
so, dass viele Schweden zusammen gespielt haben, nicht
nur in Kiel, sondern auch in Nordhorn oder in Flensburg.
Da waren diese Blöcke aus den Vereinen auch in
der Nationalmannschaft aktiv. Das war vielleicht
eine Stärke, aber es gibt genügend Vorbereitungszeit
im Jahr. Es war nie ein Problem in Schweden, die
Mannschaft zusammen zu bekommen, das kann mal also
nicht als Ausrede gelten lassen.
- ZEBRA:
-
Was muss sich beim schwedischen Team im Hinblick auf die
WM in Schweden im kommenden Jahr tun?
- Henrik Lundström:
-
Die Mannschaft muss sich generell weiter entwickeln. Wir
hatten große Probleme im Angriff, während unsere Stärken
eher in der Abwehr und bei den Torhütern liegen.
Es wäre für die Zukunft wichtig, mehr Spiele zu machen,
um so vielleicht auch mal die Erfahrung zu machen,
ein enges Spiel zu gewinnen. Ich bin aber kein Trainer,
der sagt, man solle dieses oder jenes anders machen.
Wenn man auf die Qualität schaut, dann sind wir noch
nicht soweit, um um eine Medaille mitzuspielen. Aber
bei einer Heim-WM kann man auch mit der Euphorie der
Zuschauer für eine Überraschung sorgen.
- ZEBRA:
-
Sehen wir Sie im kommenden Jahr bei der Weltmeisterschaft
im Nationalmannschaftstrikot?
- Henrik Lundström:
-
Das weiß ich nicht. Natürlich würde ich gerne mitspielen,
vor allem zu Hause, aber es gibt ja auch andere Möglichkeiten.
In diesem Jahr war ich sehr froh , dass ich zu Hause bei
meiner Familie in Kiel geblieben bin. Ich habe gut
trainiert und das hat mir sehr gut getan. Nur bei
der Nationalmannschaft dabei zu sein und auf der Bank
oder der Tribüne zu sitzen bringt mich auch nicht weiter.
Eine Heim-WM, bei der sogar in meiner Heimatstadt
Göteborg gespielt wird, würde mich schon reizen, aber
es gibt natürlich noch andere Linksaußen im schwedischen
Team - mal schauen, was passiert.
(Von Rika Finck, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "ZEBRA", von living sports)