Aus den Kieler Nachrichten vom 12.10.2010:
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Für THW-Fans ein noch ungewohntes Bild:
Viktor Szilagyi im Flensburg-Trikot.
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SG |
Kiel. Eingeklemmt in die Spiele der Champions League
kommt es morgen (20.45 Uhr, Sport1) in Flensburg zwischen
der SG und dem THW Kiel zur 65. Auflage des
Klassikers Nordderby. Unsere Zeitung sprach mit Ex-"Zebra"
Viktor Szilagyi, der seit
Saisonbeginn auf der Flensburger Gehaltsliste steht.
- Kieler Nachrichten:
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Herr Szilagyi, nach drei Jahren
Kiel wechselten sie 2008 nach Gummersbach, seit Juli 2010
spielen Sie für Flensburg. Hatten Sie Heimweh nach Norddeutschland?
- Viktor Szilagyi:
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Wir, meine Familie und ich, fühlen uns einfach sehr, sehr
wohl im Norden. Ich mag die Mentalität. Sehnsucht ist allerdings
übertrieben, aber wir haben uns sehr gefreut, wieder hier oben zu sein.
- Kieler Nachrichten:
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Wie läuft es sportlich, sind Sie mit Ihrer Entwicklung bei Ihrem
neuen Club zufrieden?
- Viktor Szilagyi:
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Die Eingewöhnungszeit dauert immer länger als man es
sich erhofft, man ist immer ein wenig ungeduldig. Aber das ist
ein ganz normaler Prozess, und für die Art, wie ich spiele,
muss ich akzeptieren, dass es nicht sofort klappen kann. Der
Trainer arbeitet und spricht viel mit mir, langsam geht es in
die richtige Richtung. Zuletzt, gegen Sarajevo, habe ich gut
45 Minuten gespielt.
- Kieler Nachrichten:
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Stichwort Derbygefühl. Kribbelt es genau so wie zu Kieler Zeiten?
- Viktor Szilagyi:
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Nein, es hat sich ein wenig verändert gegenüber der Zeit, als
ich in Kiel war. Da waren beide Vereine, wirtschaftlich fast,
sportlich bestimmt, auf Augenhöhe. Da ging es um den ersten
oder zweiten Platz in allen nationalen Wettbewerben.
Das hat sich gewandelt. Der THW hat einen relativ großen
Vorsprung, vor allem von der finanziellen Seite, deswegen
auch von den Titeln her. Jetzt ist es eher ein Außenseiterduell
für uns. Das war früher nicht der Fall, wir sind mit Kiel nicht
als Favorit nach Flensburg gefahren. Am Mittwoch kommt der große
THW nach Flensburg, und wir haben schon zwei Heimspiele verloren.
Dennoch werden wir alles dafür tun, dass kein drittes hinzukommt.
- Kieler Nachrichten:
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In der Vergangenheit haben Sie für Kiel gekämpft, jetzt wird von
Ihnen erwartet, dass Sie Tore gegen Kiel werfen. Wie ist die Gefühlslage?
- Viktor Szilagyi:
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Grundsätzlich mag ich keine Spiele gegen meine früheren
Vereine. Das war schon mit Gummersbach gegen den
THW so. Es ist ein komisches Gefühl, in der Ostseehalle als
Gegner aufzulaufen, oder gegen Spieler zu spielen, mit denen
man über Jahre trainiert, sehr viel Zeit verbracht hat
und immer noch sehr gut in Kontakt steht. Auch wenn man
die Spieler im Fernsehen sieht, hofft man natürlich, dass sie
gewinnen. Andererseits ist man auch Konkurrent, würde
sich wünschen, dass der THW doch einmal ein paar Minuspunkte
in der Tabelle hat. Das ist schon komisch. Dennoch habe ich es
natürlich geschafft, mich zu lösen, ich identifiziere mich zu
100 Prozent mit der SG und deren Zielen.
- Kieler Nachrichten:
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Mit welchen THW-Spielern haben Sie regelmäßigen Kontakt?
- Viktor Szilagyi:
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Mit Momir Ilic, mit dem habe
ich mich schon in Gummersbach immer gut verstanden,
außerdem mit Marcus Ahlm.
Alle anderen trifft man bei gewissen Gelegenheiten. Aber
leider ist es ja so, dass der Alltag unterschiedliche Pläne für
alle bereithält.
- Kieler Nachrichten:
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Was hat die SG in dieser Saison vor, wie lauten die Saisonziele?
- Viktor Szilagyi:
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Wir wollen uns wieder für die Champions League qualifizieren,
wissen aber auch, wie schwierig das wird. Es hat sich
ja schon gezeigt, dass die Bundesliga sehr ausgeglichen ist,
da wird jeder Fehler bestraft. Aber das werden auch noch
andere Mannschaften erleben und Punkte abgeben, mit denen
sie nicht rechnen. Die Bundesliga wird ihrem Ruf gerecht,
dass sie die ausgeglichenste und schwerste Liga der Welt ist.
- Kieler Nachrichten:
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Wie geht das Derby aus, wer wird gewinnen?
- Viktor Szilagyi:
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Ich will nicht Wahrsager spielen, aber ich gehe davon aus,
dass wir unsere Leistung bringen. Bei Derbys mit ihrer ganz
besonderen Stimmung muss keiner motiviert werden. Dass
die Mannschaft brennen wird, ist Grundvoraussetzung. Ich
habe ein gutes Gefühl, wir haben unsere Chancen, auch
wenn sie klein sind. Und wenn der THW uns 'ne Chance gibt,
wollen wir die nutzen. Vielleicht reicht es dann zu zwei Punkten.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 12.10.2010)