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12.01.2011 WM 2011 / Presse

"Handballwoche"-Interview mit Stefan Lövgren zur WM in Schweden

"Kommt zur WM und entdeckt mein Land"

Ab sofort im Verkauf: Das 68 Seiten starke Sonderheft der "Handballwoche" zur WM 2011.
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Das Sonderheft der "Handballwoche" zur WM 2011 liefert gewohnt fachkompetent und ausführlich alles Wissenswerte zu den Titelkämpfen in Schweden. Eines der Highlights: Ein exklusives Interview mit Stefan Lövgren zur WM, das wir mit freundlicher Genehmigung der "Handballwoche" übernehmen.
Göteborg/Köln - Stefan Lövgren ist ein Weltstar - sein Bekanntheitsgrad geht weit über die Grenzen seiner Heimat Schweden hinaus. Auch in Deutschland hat der sympathische 40-Jährige längst Kultstatus erlangt. Lövgren kennt sich aus im Handball, in Schweden und in Deutschland. Wer könnte also ein besserer Gesprächspartner im Vorfeld dieser 22. Männer-Weltmeisterschaft sein, als Stefan Lövgren. Im Interview mit "Handballwoche"-Chefredakteur Olaf Bruchmann spricht der ehemalige Kieler über sein Land, die Leute und seine persönlichen WM-Favoriten.
"Handballwoche":
Stefan, Schweden ist in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt - aber nicht wie gewollt durch den Sport.
Stefan Lövgren:
Stimmt, der Bombenanschlag in Stockholm im Dezember war dramatisch. Es ist ein sehr unangenehmes Gefühl, wenn Attentate und Terror plötzlich vor der Haustür sind und du nicht nur in den Nachrichten davon erfährst.
"Handballwoche":
Wie sicher ist Schweden denn für WM-Touristen im Januar?
Stefan Lövgren:
Ich glaube, Schweden ist sehr sicher. Unser Land ist kein Ziel geplanter Attacken. Das in Stockholm war ein Einzelfall. Ich weiß aber auch, dass ein gutes Sicherheitskonzept zu jeder Organisation einer Weltmeisterschaft gehört. Ich bin davon überzeugt, dass die Verantwortlichen nun noch mehr ihren Fokus auf die Sicherheit der Spieler, der Fans und aller WM-Teilnehmer legen werden.
"Handballwoche":
Gibt es ein besonderes Sicherheitskonzept? Kennen Sie Einzelheiten?
Stefan Lövgren:
Nein, Einzelheiten kenne ich nicht. Aber der Chef der Organisation, Arne Elovsson, hat ein hervorragendes Konzept zusammengestellt. Er ist ein erfahrener Mann.
"Handballwoche":
Sie selber haben gesagt, Schweden hätte die große Chance, die beste WM aller Zeiten auszurichten. Warum ist das so und wie meinen Sie das?
Stefan Lövgren:
Ich sehe sehr große Ähnlichkeiten und Parallelen zur Weltmeisterschaft 2007 in Deutschland. Die Schweden können sehr gut organisieren - wie die Deutschen auch. Die Schweden sind sehr sportbegeistert. Die Arenen und Hallen wurden - wie damals in Deutschland auch - fast alle neu gebaut und die Infrastruktur ist hervorragend. Die Tradition des Handballs ist tief verwurzelt und Schweden hat große Erfahrungen im Ausrichten von Groß-Events wie Europameisterschaften und Weltmeisterschaften. Das sind meiner Meinung nach die größten Pluspunkte für mein Land. Und darum glaube ich, wir haben eine berechtigte Chance, die beste WM aller Zeiten auszurichten. Zudem sind die Aussagen der Aktiven, der Spieler ja auch bezeichnend. Nach der Vergabe an Schweden gab es viel Lob und Hoffnung der Profis, die sich auf diese WM in Schweden freuen. Das ist erstens ein schönes Kompliment und zweitens ein Beweis für die Akzeptanz unseres Landes im Ausland.
"Handballwoche":
Was zeichnet Schweden, das Land, die Menschen besonders aus?
Stefan Lövgren:
Ich glaube, am auffälligsten ist dieses unglaubliche Sportinteresse. Wir saugen Sport quasi mit der Muttermilch auf. In den Schulen und in den Kindergärten ist der Sport allgemein tief verwurzelt. Später entwickelt sich das dann zu einem Automatismus. Egal, ob wir nun mitmachen, also aktiv sind, oder passiv, einfach nur beim Sport zuschauen. Das Interesse bleibt bestehen.
"Handballwoche":
Egal, ob Handball, Fußball, Eishockey oder Leichtathletik - die Menschen stehen hinter ihren Sportlern.
Stefan Lövgren:
Ja, das stimmt. Sicher ist es eine große Portion Patriotismus, den jede Nation hat. Aber Sport gehört wie gesagt bei uns zum Leben dazu, er ist in unser Ausbildungskonzept der Kinder und Jugend integriert. So spielt Sport von jung bis alt eine große Rolle bei uns.
"Handballwoche":
Und wie beschreiben Sie die Schweden selber? Was sind das für Menschen?
Stefan Lövgren:
Wir sind weltoffen. Wir haben immer Lust auf etwas Neues. Ich denke, wir sind sehr kommunikativ und haben eigentlich immer ein Lächeln auf den Lippen. Die Schweden sind sehr freundlich - denke ich.
"Handballwoche":
Denkt man in Deutschland an Schweden, dann denken viele nur an Ikea. Nervt Sie das?
Stefan Lövgren:
Nein, das nervt gar nicht. Wir können doch stolz auf unsere Industrie sein - auf Ikea, auf H&M - auf Hennes und Mauritz. Diese Marken haben ein gutes Standing in Europa und der Welt. Das ist gut für Schweden. Jedes Land hat doch seine Besonderheiten. (lacht) Bei uns sind es eben Möbel, Hot Dogs und Klamotten. Damit müssen wir leben! Aber ich versichere: Schweden hat noch mehr zu bieten. Kommt zur WM und entdeckt mein Land.
"Handballwoche":
Es werden sicher viele Fans kommen. Was für eine Atmosphäre erwarten Sie in den acht WM-Standorten?
Stefan Lövgren:
Ich erwarte eine grandiose Atmosphäre. Unser Konzept bei dieser WM geht weiter als alle bisherigen. Wir werden Fanzonen in jeder Stadt einrichten. Das gab es bisher nur beim Fußball. Natürlich wird es nicht diese Dimensionen wie beim Fußball einnehmen, aber die Begeisterung in den acht WM-Spielorten ist riesig. Das zeigt übrigens auch die Ticketnachfrage. Wir erwarten sehr viele Fans aus Dänemark und aus Norwegen. Aber auch andere Länder haben ihr Interesse signalisiert und große Kontingente an Eintrittskarten gekauft. Es wird eine große, multikulturelle Party werden.
"Handballwoche":
Welche Gedanken stecken hinter der geografischen Auswahl der Spielorte?
Stefan Lövgren:
Der Anfang und der Ursprung unserer WM-Bewerbung war die neue und gigantische Arena in Malmö. Sie liegt mit dem Zug nur zwölf Minuten entfernt von Kopenhagen. Malmö wollte diese WM unbedingt ausrichten. Deshalb haben wir uns entschieden, diesmal einen anderen Schwerpunkt zu setzen. Wir verzichten auf unsere Hauptstadt Stockholm, die ja das Zentrum der EURO 2002 war - egal, ob man das nun als richtig oder falsch ansieht - aber so haben wir uns entschieden. Das Konzept 2011 ist auf jeden Fall etwas kompakter.
"Handballwoche":
Deutschland hat 2007 die Meßlatte bei den Arenen und Zuschauerzahlen sehr hoch gelegt. Kann Ihr das Land das 2011 toppen?
Stefan Lövgren:
Deutschland hat wirklich Maßstäbe gesetzt vor vier Jahren. An diesem Turnier muss man sich messen lassen. Doch ich bin davon überzeugt: Der Handball gehört genau hierhin! Die Stimmung 2007 war fantastisch. Wenn wir nur 80 Prozent davon erreichen, sind wir sehr zufrieden.
"Handballwoche":
Die Arenen in Deutschland sind jedoch deutlich größer als die meisten in Schweden.
Stefan Lövgren:
Richtig, aber ich bin der Meinung lieber in einer kleinen Halle ausverkauftes Haus und damit gute Stimmung, als eine große Arena, die vielleicht nur halb gefüllt ist. Die Ticketauslastung ist derzeit bei rund 90 Prozent. Das ist super und garantiert tolle Stimmung in den Hallen.
"Handballwoche":
Welche Rolle spielt der Heimvorteil für Ihre Nation bei dieser WM?
Stefan Lövgren:
Wenn das erste Spiel unserer Mannschaft gut läuft, spielt es eine positive Rolle. Wenn das erste Spiel nicht gut läuft, dann vielleicht eine negative Rolle. Dann wächst der Druck. Das ist nun mal so. Wir haben doch in Deutschland 2007 gesehen, was die Fans ausmachen können und wie sie ihre Mannschaft gepusht haben. Jeder Sportler muss sich aber im Klaren sein: Diese Möglichkeit, im eigenen Land eine WM zu spielen, hat man vielleicht nur einmal im Leben. Das muss man positiv für sich nutzen.
"Handballwoche":
Das haben Sie selber erlebt. 2002 bei der Europameisterschaft standen Sie im schwedischen Aufgebot, gewannen sogar die Goldmedaille. Jetzt haben Sie die Rollen gewechselt. Was beobachten Sie derzeit? Was ist für Sie anders geworden?
Stefan Lövgren:
(lacht) Ich bin älter geworden. Mir ist aufgefallen, dass ich Handballspiele heute ganz anders verfolge. Heute beobachte ich eine Partie ganzheitlicher. Gibt es taktische Neuerungen? Entwicklungen? Das ganze Drumherum ist mir wichtiger geworden als TV-Experte. Früher hatte ich nur das eine Ziel, als Spielmacher zu erkennen, wo die Schwächen der gegnerischen Deckung liegen.
"Handballwoche":
Wie werden Sie die WM erleben? Welche Aufgaben übernehmen Sie?
Stefan Lövgren:
Ich werde bei dieser WM voll dabei sein. Ich arbeite als Experte für den Fernsehsender TV4 und analysiere fast alle Spiele. Die erste Woche werde ich in Göteborg, die zweite Woche in Malmö verbringen. Ich werde vor allem die schwedische Gruppe aus und bin abends in ein Handball-TV-Magazin involviert. Wir haben eine Sendung zudem Frühstücksfernsehen - es wird Handball rund um die Uhr geben.
"Handballwoche":
Und Sie haben sich für die Zeit der WM von Ihrer Familie verabschiedet?
Stefan Lövgren:
(lacht) Ja, das habe ich. Wir werden uns leider wenig sehen.
"Handballwoche":
Die obligatorischen Vorschau-Fragen zum Abschluss: Wer ist Ihr Favorit? Wer Ihr Geheimtipp? Wo landet Schweden? Wo Deutschland?
Stefan Lövgren:
Mein Favorit? Frankreich ist da an erster Stelle zu nennen. Ich denke aber, ohne Daniel Narcisse ist es schwieriger für den Titelverteidiger. Die anderen Nationen nun wohl endlich einmal das Gefühl, dass diesmal überhaupt eine Chance besteht, Frankreich zu schlagen. Mein Geheimtipp, der aber eigentlich kein Geheimtipp ist, ist Spanien.
"Handballwoche":
Was ist mit dem Gastgeber?
Stefan Lövgren:
Der Gastgeber Schweden hat nichts mit den Medaillen zu tun, denke ich. Gerne lasse ich mich eines Besseren belehren. Aber ich glaube nicht, dass Schweden oder auch Deutschland in die Medaillenränge kommen. Ich sehe beide Teams übrigens auf einem Niveau - aber eben ein wenig weg von der absoluten Weltspitze.
(Das Gespräch führte Olaf Bruchmann, aus der "Handballwoche", Sonderheft 1/2011)

 

DHB-Vize Horst Bredemeier porträtiert die deutschen Nationalspieler für die "Handballwoche"

Für das WM-Sonderheft der "Handballwoche" hat DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier die deutschen Nationalspieler porträtiert.

Hier seine Vorstellung der beiden Zebras - Christian Sprenger und Dominik Klein. Den gesamten Artikel finden Sie im HW-Sonderheft 1/2011.

Christian Sprenger:
Ein Top-Mann im Gegenstoß. Er kann eine Mannschaft mitreißen und motivieren und hat ein großes Wurfrepertoire. Leider wurde er immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen. Sein Manko: Die Wurfausbeute.
Dominik Klein:
Ein unbekümmerter und starker Typ, ein echter Sunnyboy, der seine Vorteile in der Vielseitigkeit hat. Wenn Heiner auf eine offensive Deckung wie 5:1 umstellt, dann ist Klein der Mann für die schnellen Beine. Interessant wird für mich der interne Konkurrenzkampf sein. Setzt sich Klein gegen Gensheimer durch?


(12.01.2011) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite